Ein neuer Winnetou

Winnetou und der Schatz der Marikopas

Kroatien, das Land in dem die legendären Karl-May-Verfilmungen der Rialto Film entstanden sind, wurde im Jahr 2004 erneut Drehort für ein Werk im Geiste der alten Klassiker. "Winnetou und der Schatz der Marikopas" heißt das Fanprojekt, deren Teilnehmer keinen professionellen Hintergrund im Filmgeschäft haben. Eugen Brähler inszenierte den 45minütigen Film nach einem Drehbuch von Gene Carpenter. Darin geht es um eine Geschichte, wie sie so auch einer der Filme aus den 60er Jahren hätte erzählen können. Als zwei Indianer und der Bärenjäger vom legendären Goldversteck der Marikopas kommen, lauern ihnen bleichgesichtige Banditen auf. Der Häuptling der Marikopas wird getötet, dessen Tochter entführt und der Bärenjäger kann entkommen. Mit der Geisel wollen die Banditen vom Sohn des getöteten Häuptlings Informationen über den genauen Standort des Goldverstecks erpressen. Doch Starker Büffel ist aus anderem Holz geschnitzt und gräbt das Kriegsbeil aus. Da die Banditen Hinweise hinterlassen haben, dass auch Winnetou in die Angelegenheit verwickelt ist, lehnen die Marikopas dessen Vermittlungsversuch ab. Der Häuptling der Apachen, sein Blutsbruder Old Shatterhand, Old Surehand und der Bärenjäger geraten dadurch ebenfalls ins Visier der Marikopas, die nach Rache dürsten.
Es hat wenig Sinn, bei diesem Fanprojekt auf die filmischen Schwächen einzugehen, die natürlich offensichtlich sind, wenn eine gänzlich unerfahrene Truppe einen Film dreht. Wenn man jedoch bereit ist, das zu ignorieren, besitzt "Winnetou und der Schatz der Marikopas" die Qualitäten, die man von einem Fanprojekt erwarten kann. Das Drehbuch ist ausgezeichnet beobachtet und atmet in seiner Handlungskonstruktion den Geist der legendären Rialto Filme. Es wird die klassische Konfliktlinie zwischen bösen Weißen und Indianern aufgegriffen. Dabei bilden auf Seiten der Bleichgesichter selbstverständlich Habgier und auf Seiten der Indianer Rache die Triebfeder der Auseinandersetzungen. Vermittlungsversuche scheitern zunächst, weil die integren Heldenfiguren Winnetou und Old Shatterhand in Verdacht geraten, gar nicht so integer zu sein. Erst ein Gottesurteil, das sich durch einen Kampf auf Leben und Tod ausdrückt, kann ihre neutrale Position wieder herstellen. Neben der hübschen, sehr gut nachempfundenen Geschichte, lebt der Film von der kroatischen Naturkulisse, die bereits in den 60er Jahren als Drehort fungierte. Auch die Originalmusik, welche Komponist Martin Böttcher zur Verfügung stellte, tut dem Projekt atmosphärisch gut. Man merkt, dass hier echte Fans am Werk sind, die das Objekt ihrer Huldigung gut kennen und schätzen. Ein sympathischer Film, den sich Karl-May-Fans nicht entgehen lassen sollten.

Wer sich nun fragt, ob die Marikopas nur ein Phantasiestamm sind, kann folgende Informationen lesen:

"Die Maricopa sind ein Yuma sprechender Indianerstamm und leben in Arizona im Südwesten der USA. Maricopa ist die spanische Version des Namens, mit dem sie von ihren Nachbarn, den Pima, bezeichnet wurden. Sie selbst nennen sich Pipa oder Pipaash, das Menschen oder Volk bedeutet.
Die Maricopa bewohnten ursprünglich ein Gebiet am unteren Colorado. Sie wurden aber durch ständige Kriege mit anderen Yuma-Stämmen in vorspanischer Zeit vertrieben und wanderten nach und nach ostwärts am Gila River entlang. Um 1774 bewohnten sie den mittleren Gila östlich der heutigen Stadt Gila Bend an der Mündung des Salt Rivers. Unter dem Druck ihrer traditionellen Feinde, den Mohave und Quechan, zogen sie noch weiter östlich in das Pima-Land. Heute bewohnen sie, gemeinsam mit den Pima, die beiden Reservationen Gila River (1.505 km²) und Salt River (188 km²)" (Wikipedia).

Bildqualität

Da der Film auf Video gedreht worden ist, siedelt sich die Bildqualität auf dem Niveau brauchbaren Durchschnitts an. Bilddefekte oder gar Verschmutzungen sind selbstverständlich nicht vorhanden. Die Farben wirken recht kräftig, die Schärfe ist nur angenehm. Das Bild ist in Bewegung, es gibt stehende Rauschmuster. Letztlich ist die Qualität angesichts der Produktionsumstände in Ordnung.

Tonqualität

Der 2.0-Ton ist klar und verständlich, die Musik Martin Böttchers ertönt voluminös aus den Boxen und untermal das Geschehen wirkungsvoll. Besondere Schwächen oder Stärken gibt es nicht.

Extras

Das Bonusmaterial besteht im wesentlichen aus einer etwa 30minütigen Outtake-Rolle, die wahrscheinlich für die Projektmitarbeiter interessanter ist als für den unbedarften Zuschauer. Ein paar Versprecher sowie ein paar Späße während der Dreharbeiten und ein wenig B-Roll-Material wechseln sich ab.
Zwei kurze Beiträge (jeweils etwa 3 Minuten) des NDR-Fernsehens sind deutlich interessanter. Der erste berichtet über die Arbeiten im Synchronstudio sowie die Dreharbeiten, der zweite von einem Karl-May-Fan-Treffen, bei dem der Film vorgestellt wurde.
Die beiden RTL-Beiträge sind demgegenüber nur wenig brauchbar, da es sich um Beiträge des kroatischen RTL Televizija handelt. Wer Kroatisch beherrscht, ist hier gut aufgehoben, alle andere mangels Untertitel nicht.
Ein Trailer sowie eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

"Winnetou und der Schatz der Marikopas" ist ein herzerfrischendes Fanprojekt, das Freunde des Kulturgutes Karl Mays erfreuen wird. Ohne die Zuneigung zu Winnetou und Old Shatterhand dürften die filmischen Schwächen stärker ins Blickfeld rücken, so dass ein Kauf weniger geeignet ist. Fans können bedenkenlos zugreifen. Technisch ist die DVD brauchbar, das Bonusmaterial zeigt Schwächen.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Winnetou und der Schatz der Marikopas (BRD 2005)
Länge 45 Minuten (Pal)
Studio Develop Vision Design
Regie Eugen Brähler
Darsteller Mike Dietrich, Thomas Vogt, Eugen Brähler, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch
Untertitel -
Extras Outtakes, Fernsehbeiträge, u.m.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung für Fans, technisch brauchbar