Als am 6. Dezember 1969 der Afroamerikaner Meredith Hunter durch ein Mitglied der Hells Angels, die als Ordner fungierten, vor der Konzertbühne der Rolling Stones auf dem Altamont Speedway erstochen wurde, endete der unbeschwerte Freiheitstraum der 60er Jahre. Der unter Drogen stehende Hunter hatte vor den tödlichen Messerstichen eine Schusswaffe gezogen.
Drei Jahre zuvor entstand Roger Cormans Biker-Film „The Wild Angels“, der in loser Folge Szenerien aus einer kalifornischen Hells Angels Gruppe zu einem Langfilm zusammen bindet. Bereits hier ist der Traum eines Lebens ohne Zwänge nur noch eine leere Hülle, die von seinem Ende kündet. Auf mächtigen Motorrädern brausen die Biker durch Wüstenlandschaften, treiben mit den Frauen in der Gruppe ihre Machospielchen, lieben den Alkohol und die grelle Inszenierung mittels Nazi-Symbolen. Als einer von ihnen nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei im Krankenhaus landet, droht ihm der Knast. Die restlichen Hells Angels planen seine Befreiung, die zwar gelingt, den frisch operierten Mann aber soweit schwächt, dass er stirbt. Mit einer angemessenen Beerdigung soll ihm die letzte Ehre erwiesen werden.
In einer exemplarische Szene fragt ein Pfarrer den Anführer der Hells Angels Gruppe mit dem sprechenden Namen Blues – gespielt von Peter Fonda – was er denn mit der Freiheit anfangen wolle, die er reklamiere. Nach einer Pause gelingen Blues nur eine Reihe inhaltsloser Stammeleien, die offenbaren, dass die Freiheitsidee der Biker am Ende ist. Mehr als die leere Forderung nach der symbolischen Freiheit haben sie mit ihrem Lebenskonzept nicht zu bieten. Corman gießt das in eine szenische Abfolge der Ziellosigkeit, die bedrückend wirkt. Inhalt wird im Leben der Hells Angels durch eine grelle Selbstdarstellung ersetzt, die sich einerseits um Potenz dreht, wenn es um die Maschinen sowie die Frauen geht, die sich andererseits um Provokation dreht, wenn es um die Verwendung diverser Nazi-Symbole geht. Der Huldigung des großen Nichts im Verhalten der Biker wohnt eine Dekadenz inne, die sich an der Selbstdarstellung berauscht. Blues und seine Mitstreiter fahren mit dem Gestus eitler Gecken durch das Land, die noch nicht gemerkt haben, dass sie zu leblosen Schaufensterpuppen ihrer selbst geworden sind. Der Selbstzweck der eigenen Handlungen, der die Freiheit nur als Ziel proklamiert, um niemandes Diener zu sein, aber keine eigenen gestalterischen Qualitäten entwickelt, hat sie zu Karikaturen werden lassen. Das spiegelt sich auch im exploitativen Charakter der Prügel- und Pöbelszenen wieder.
Die Beerdigung entwickelt sich schließlich zu einer chaotischen Orgie, in deren Verlauf eine Vergewaltigung innerhalb der Bikergruppe beredtes Zeugnis von der Freiheit der Frauen innerhalb der Hells Angels ablegt. Einzig Blues entwickelt seinem Namen entsprechend ein Gespür für den langsamen Tod des Freiheitstraumes, dem er beiwohnt. Gemeinsam mit einem großartigen Peter Fonda wird der Zuschauer Zeuge eines Siechtums, das Zweifel aufkommen lässt, ob die Unschuld jemals da gewesen ist.
Bildqualität
Vor dem Hintergrund der Produktionsumstände des Werkes aus der Schmiede Roger Cormans sowie des Filmalters ist die Bildqualität gut geworden. Verschmutzungen und Defekte sind zwar sichtbar, tauchen aber in angenehm geringer Zahl auf. Die Schärfe liegt auf einem ordentlichen Niveau mit einer Mischung aus klaren und leicht weichen Konturen. Dem grellen Charakter des Films entsprechen die intensiven Farben, die sowohl die dunklen Töne der Innenräume als auch die aus sich selbst heraus reduzierte Palette der Wüstenszenarien gut wiedergibt. Der Schwarzwert könnte aber besser sein, da entsprechende Szenerien recht milchig ausfallen. Das analoge Rauschen stört nicht. Sonstige Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.Tonqualität
Der englische Ton fällt leiser als sein deutsches Pendant aus, so dass sich das Hintergrundrauschen stärker bemerkbar macht, wenn die Lautstärke angehoben wird. Die Dialoge sind in beiden Versionen gut verständlich, denen es jeweils an Volumen im Klangkörper fehlt.Extras
Das Bonusmaterial besteht aus dem Trailer.Fazit
„The Wild Angels“ zeigt in grellen Bildern den langsamen Tod eines Freiheitstraumes, dessen behauptete Unschuld nur eine Illusion gewesen ist. Die Mischung aus Dekadenz und Inhaltslosigkeit erzeugt eine gespenstische Atmosphäre. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.Stefan Dabrock
Originaltitel | The Wild Angels (USA 1966) |
Länge | 83 Minuten (Pal) |
Studio | Pierrot Le Fou |
Regie | Roger Corman |
Darsteller | Peter Fonda, Nancy Sinatra, Bruce Dern, Diane Ladd, Buck Taylor, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Trailer |
Preis | ca. 19 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch gut |