Der Zeitgeist sah Anfang der 70er Jahre Western vor, die vom Ende des Mythos berichteten. Gebrochene Helden kämpften einen letzten Kampf, der nichts daran änderte, dass sie sich überlebt hatten. Der klassische Westerner, welcher im Frontier-Mythos ein freies Leben führte, um sich eine Existenz aufzubauen, war endgültig sesshaft geworden. Wer sich gegen die gesellschaftliche Vereinnahmung wehrte, gehörte nicht mehr in die Zeit und musste beispielsweise wie die Outlaw-Gruppe in Sam Peckinpahs „The Wild Bunch“ in einem letzten Kampf untergehen. Peter Fonda nimmt in seinem Regiedebüt „Der weite Ritt“ die Idee des Spätwesterns Anfang der 70er Jahre auf, dass die Zeit der freien Westerner zu Ende geht. Dabei macht er sich die gebrochene Struktur aber nicht zu eigen, da ihm der Mythos wichtig ist. Die drei Cowboys, mit dessen Lager am Rio Grande der Film beginnt, wollen nach Kalifornien reisen. Ihr Ziel ist folglich der Ort, an dem die Frontier der Eroberung des Westens auf natürliche Weise endet. Ihr Leben als umherziehende Cowboys erfährt jedoch schon vorher eine Wendung. Peter Fondas Figur entscheidet sich in einem trostlosen Kaff, den Weg nicht fortzusetzen und stattdessen zu seiner Frau zurückzukehren. Vor sechs Jahren hatte er sie verlassen. Nachdem der jüngste der drei Cowboys in dem Kaff wegen seines Pferdes erschossen wird, rächen sich die beiden anderen, um danach zur Farm zu reiten, die Peter Fondas Figur einst verließ. Dort arbeiten sie als Hilfskräfte, weil die Frau der Peter-Fonda-Figur sehr reserviert auf die Rückkehr ihres Ehemanns reagiert. Langsam nähern sich die beiden aber wieder an, so dass eine gemeinsame, glückliche Zukunft möglich scheint.
Auch in Peter Fondas Film hat das freie Cowboyleben von Anfang an keine Chance mehr. Es endet entweder in Kalifornien, weil es dort keine Frontier mehr gibt, welche das Westerner-Leben möglich macht, oder aber durch die Rückkehr zur Ehefrau, mit der ein sesshaftes Leben verbunden wäre. Davon ausgehend zieht Fonda aber nicht die Konsequenz, dass seine Charaktere als überlebte Figuren, als Symbol für den klassischen Western zerstört werden müssten, sondern sie dürfen sich grundsätzlich am weiteren gesellschaftlichen Aufbau beteiligen. Das Drama entwickelt sich stattdessen vor dem Hintergrund einer rein menschlichen Tragödie um Begriffe wie Loyalität, Freundschaft und Liebe, welche dem klassischen Western nahe sind. Die zwei Cowboys auf der Farm sind durch eine tiefe Freundschaft verbunden. Zusammen mit der Ehefrau des einen Cowboys bilden sie ein Dreicksverhältnis, das zu Spannungen führt. Fonda inszeniert das auf subtile Weise, indem Blicke, Gesten und Bewegungen ihr Zeugnis davon ablegen. Hier liegt das emotionale Zentrum des Films, der mit elegischen Bildern der Langsamkeit den Mythos von der Eroberung des Westens weiter entwickelt, ohne ihn zu zerstören. Im Gegensatz zum revisionistischen Ansatz der meisten anderen Western aus dieser Zeit agieren Fondas Figuren im Zentrum und nicht am Rand der herrschenden Verhältnisse. Seine Figuren sind durchaus bereit, sich zu verändern. Dadurch bekommen die tragischen Ereignisse eine zusätzliche Dimension der Trauer, welche das Geschehen mythologisch überhöht. Passend dazu hat Kameramann Vilmos Zsigmond mit einer der besten Leistungen seiner Karriere Bilder gefilmt, deren teilweise an Gemälde erinnernde kompositorische Schönheit stets auf eine allgemeingültige emotionale Dramatik zu verweisen scheinen.
Bildqualität
„Der weite Ritt“ gehört zu den Filmen, welche das produzierende Studio Universal schlecht behandelt hat. Die Kinoauswertung dauerte seinerzeit nur eine Woche, das Negativ wurde entsprechend wenig sorgfältig aufbewahrt. Das sieht man dem Bild der DVD aber nicht an, da bei der Restaurierung ganze Arbeit geleistet wurde. Bilddefekte oder Dreckspuren gibt es fast gar nicht mehr, die Schärfe fällt in den Nahaufnahmen und Halbtotalen sehr gut aus. Bei Totalen wird sie etwas schwächer, ist aber immer noch sehr ordentlich. Die Farben sehen blendend aus und werden der ausgezeichneten Kameraarbeit von Vilmos Zsigmond gerecht. Bei einigen wenigen Szenen mit viel Himmel oder anderen hellen Bildinhalten wird das Bild deutlich körnig, sie bilden aber eine seltene Ausnahme. Sonstige Rauschmuster treten nicht auf.Tonqualität
Die 2.0-Tonspuren liefern eine solide Vorstellung mit den üblichen leichten Verzerrungen, welche bei Filmen dieses Alters häufig auftreten, leisten sich sonst aber keine Schwächen. Die Dialoge sind klar und verständlich, nennenswertes Rauschen tritt nicht auf. Die atmosphärische Musik kann ihre Wirkung adäquat entfalten.Extras
Auf der ersten DVD befindet sich ein Audiokommentar von Peter Fonda (Regie, Darsteller), der mehrere Schwächen aufweist. Zum einen ergeht sich Fonda immer wieder in den gleichen schwelgerischen Lobeshymnen auf die Darsteller, den Komponisten der Musik, den Kameramann und seinen Vater – irgendwann kann man dem wirklich nicht mehr zuhören – zum anderen sind seine Ausführungen durch einige Pausen gekennzeichnet. Nimmt man hinzu, dass fast alle Informationen, die Fonda über seine künstlerische Intention sowie die Entstehung des Projektes mitteilt, auch in der knapp 60minütigen Dokumentation „The return of the hired hand“ enthalten sind, dann verliert der Audiokommentar seinen Wert fast endgültig.
Die Dokumentation – das zentrale Bonusmaterial auf der zweiten DVD – versammelt unter anderem Regisseur und Hauptdarsteller Peter Fonda, die Darstellerin Verna Bloom sowie Kameramann Vilmos Zsigmond und Komponist Bruce Langhorn, welche die Entstehung des Films sowie die Produktionsbedingungen detailliert beleuchten. Bedauerlich ist nur, das weder der Audiokommentar noch die Dokumentation deutsche Untertitel besitzen. Wer des englischen nicht mächtig ist, hat von dem Material keinen Nutzen.
Die Deleted Scenes (etwa 23 Minuten) sind für sich genommen teilweise auch schauspielerisch sehr schöne Szenen, beweisen aber einmal mehr, wie wichtig es für die künstlerische Intention ist, sich von ihnen zu trennen.
Anmerkungen von Martin Scorsese (etwa zwei Minuten), eine Fotogalerie, TV- und Radiospots sowie der Trailer runden das Bonusmaterial ab.
Fazit
„Der weite Ritt“ sucht seinen eigenen Weg zwischen revisionistischem Ansatz und Neuinterpretation des Westernmythos, indem er mit elegischen Bildern eine Liebesgeschichte mit den Konsequenzen des Lebens als Westerner konfrontiert. Ein Meisterwerk, das nun endlich in einer sehr schönen DVD-Edition vorliegt. Technisch ist die DVD gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | The hired hand (USA 1971) |
Länge | 87 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | Peter Fonda |
Darsteller | Peter Fonda, Warren Oates, Verna Bloom, Robert Pratt, u.a. |
Format | 1:1,85 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Deutsch, Englisch |
Untertitel | - |
Extras | Audiokommentar von Peter Fonda (Regie, Darsteller), Dokumentation “The return of the hired hand”, u.m. |
Preis | ca. 15 EUR |
Bewertung | meisterlich, technisch gut |