Cool ist die Selbstzerstörung?

Der Typ

Der TypDer nachlässige Umgang mit dem eigenen Körper, dem eigenen Wohlbefinden ist eine der Möglichkeiten, eine Punklebenshaltung an den Tag zu legen. Denn Selbstzerstörung ist immer auch eine Rebellion gegen den gesellschaftlichen Mainstream, in dem Erfolg die erstrebenswerte Leitmaxime ist. „Der Typ“ besitzt deswegen Tendenzen eines Punkfilms. Die Hauptfigur, ein junger Mann unbekannter Herkunft sowie sozialer Verhältnisse, begibt sich auf eine episodische Tour durch die Nacht. Sein Erlebnishorizont streift während der Wanderung durch das Ungewisse Alkohol, Sex und körperliche Verletzungen, die der seelischen folgen. In einer Bar baggert er mit einer Mischung aus direkten und poetischen Worten die Barfrau an, die nach dem Schliessen der Kneipe tatsächlich Lust auf einen Quickie in der Toilette hat. Danach wird er von einem Krankenwagen angefahren, legt sich mit Fremden an, bedient sich im Arzneischrank des Krankenhauses und macht die Bekanntschaft mit Schrotkugeln.

Skurriles und Handfestes wechselt sich im Laufe der pointierten Inszenierung ab, welche die Begegnungen der Hauptfigur mit den übrigen Charakteren stets als Aufeinanderprall eines Gefallenen mit der scheinbar geordneten Welt gestaltet. So seltsam manche Neigungen einzelner Figuren auch sein mögen, das Maß seelischer Unausgeglichenheit des selbstzerstörerischen Wanderers durch die Nacht besitzt keine von Ihnen. Sein innerer Zustand spiegelt sich auch in überraschenden Schwankungen wieder, wenn er während einer einzigen Unterhaltung im volltrunkenen Zustand sowohl derbe Sexsprüche als auch lyrische Verse parat hat. Das wirkt schon fast wieder lässig, wenn es auch ein wenig kalkuliert erscheint. Aber genau diese Lässigkeit stellt dem filmischen Konzept schließlich ein Bein, weil das selbstzerstörerische Moment nur noch als weichgespülte Variante erkennbar ist. Alles in „Der Der Typ Typ“ ist ein bisschen zu schön, um Tragik ausstrahlen zu können. Die Lichter der Nacht wirken ein bisschen zu hell, die Ideen sind ein bisschen zu skurril und die Hauptfigur ist zu cool. Während ihn die Insassen eines Autos dumm anquatschen, trifft er den Hauptwortführer erst mit intellektueller Überlegenheit an dessen wundem Punkt, um den Dreien sogar noch das Auto wegzunehmen, als sie aussteigen, um ihn zu verprügeln. Er ist intelligenter und geschickter als seine „Gegner“ oder aber er hat in anderen Aufeinandertreffen ohne Streitigkeiten das berühmte letzte Wort, welches er mit breitem Grinsen vorträgt. Trotz der körperlichen sowie seelischen Schäden der Hauptfigur besitzt das Geschehen einen zu lockeren Charakter, um seine Wirkung entfalten zu können. Denn irgendwie ist der Held seiner Umgebung ja doch überlegen. Das Verhältnis aus Tragödie und Komödie stimmt einfach nicht, weil sie die coole Attitüde in den Vordergrund drängt. So entsteht eine Romantisierung des nächtlichen Loosers, die eine absurde, künstliche Konstruktion ist. Angesichts des inhaltlichen Potentials, das in der selbstzerstörerischen Reise eines Gefallenen, in der eigenen Seele zerstörten Charakters steckt, ist das schade.

Bildqualität

Das Bild der DVD weist eine ordentliche Schärfe auf, die angesichts des angerauten visuellen Stils des Films keine nennenswerten Schwächen besitzt. Die reduzierte, leicht bräunliche Farbpalette des Films wurde gut auf die DVD übertragen. Der Kontrast macht eine weitgehend gute Figur, in manchen Szenen werden allerdings Details verschluckt. Die deutlich Körnigkeit ist produktionsbedingt, sonstige Rauschmuster treten nicht nennenswert in Erscheinung.

Tonqualität

Der 2.0-Ton macht dank solider Abmischung eine ordentliche Figur. Die Dialoge sind trotz der rauen Klangnote verständlich, die vorderen Lautsprecher werden in ihrer Bandbreite gut genutzt. Nennenswerte Störungen fallen nicht auf.

Extras

Der TypDas Interview (etwa 49 Minuten) mit Patrick Tauss (Regie), Stipe Erceg und Lars Liebold (Kamera) geht ausführlich auf die Entstehung des Projektes ein, beschäftigt sich mit Alkohol am Set und entwickelt sich zu einer Auseinandersetzung mit dem Film, die auf Motive, Charakterisierung der Hauptfigur, Kamera sowie grundsätzliche Überlegungen zum Schauspielen eingeht. Ein sehr lohnenswerter Beitrag. Der Audiokomentar mit Patrick Tauss (Regie), Stipe Erceg und Lars Liebold (Kamera) ist so schlecht geworden, dass es reine Zeitverschwendung ist, ihn anzuhören. Zum einen kommentieren die drei mit vielen, langen Pausen, zum anderen sind Sätze, in denen erklärt wird, dass an einem Drehtag nichts schief ging oder dass man sich nicht mehr erinnere, in welchem Klub eine Szene gedreht wurde, belanglos. Dieses Manko können die drei nicht abschütteln. Das „Making Of Horst“ (etwa 1 Minute und 50 Sekunden) zeigt in einer Fotoabfolge die Verwandlung des Horst-Darstellers in seine Rolle.

Fazit

„Der Typ“ stellt sich ein wenig ein Bein, weil im Bemühen, der Hauptfigur Identifikationspotential zu verleihen, die tragische Note der Selbstzerstörungsreise durch die Nacht verloren geht. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Der Typ (BRD 2003)
Länge 50 Minuten (Pal)
Studio epiX
Regie Patrick Tauss
Darsteller Stipe Erceg, Karen Böhne, Bernadette Heerwagen, Wolfgang Packhäuser, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch
Untertitel Deutsch, Englisch
Extras Audiokommentar mit Patrick Tauss (Regie), Lars Liebeold (Kamera) und Stipe Erceg (Darsteller), Making Of „Horst”, u.m.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung schade, technisch gut