Entfesselter Bilderbogen

Die Tragödie der Belladonna

Die Tragödie der BelladonnaDas Recht der ersten Nacht, das der Fürst dann in Anspruch nimmt, wenn die Aussteuer nicht bezahlt werden kann, bringt die Geschehnisse in Eiichi Yamamotos im 18. Jahrhundert spielenden Animationsfilm ins Rollen. Das frisch verliebte Paar Jeanne und Jean ist nahezu mittellos, so dass der Fürst mit seiner Macht die keusche Jeanne vergewaltigt. Das Leben danach ist geprägt durch gewöhnlichen Alltag, in den immer wieder Erniedrigungen und Gewalt hereinbrechen, denen sich Jeanne ausgesetzt sieht. Irgendwann erscheint ihr schließlich der Teufel in Phallus-Form, der ihre Lage für einen Pakt zu seinem Vorteil ausnutzen will. Mit Beharrlichkeit gelingt es ihm innerhalb einer geraumen Zeit schließlich, Jeanne zu betören, die aufgrund der historischen Kriegsereignisse und persönlicher Geschicklichkeit Macht und Wohlstand erlangt hat. Für den Fürst, dessen Geldmittel durch den Feldzug aufgebraucht sind, ist Jeanne zur Gefahr geworden. Er plant ihre Beseitigung.

Standbilder, welche die Kamera abfährt oder durch Zooms zu Ausschnitten verengt, Teilanimationen innerhalb einzelner Standbilder sowie komplett animierte Szenen prägen zusammen mit einem oftmals blassen Aquarellstil den symbolisch angelegten Bilderbogen des Films. Tiefrotes Blut wirkt darin umso eindringlicher, je reduzierter das übrige Farbgeschehen aussieht. Die Geschichte selbst lebt hauptsächlich von der visuellen Gestaltung, welche die grobe Handlung als Stichwortgeber für absurde graphische Ideen nutzt. Phallischen Symbolen, die immer wieder einen großen Raum einnehmen, spiegeln dabei gleichermaßen sexuelle Begierde und sexuelle Unterdrückungsmechanismen wieder, denen sich Jeanne ausgesetzt sieht. Die Surrealität vieler Szenerien, in denen die Bodenhaftung zugunsten immer neuer durch das Bild fliegender Elemente aufgegeben wird, verleiht den optischen Metaphern eine Die Tragödie der Belladonna Offenheit, welche die Deutung fast vollständig auf den Betrachter überträgt. Seine Vorbildung sowie innere Einstellung nimmt einen viel größeren Raum an der Rezeption des Films ein, als das bei weniger verschlüsselt arbeitenden Werken der Fall ist. Vielleicht sah man sich damals deshalb dazu gezwungen, einen überdeutlichen Epilog anzuhängen, der die führende Rolle der Frauen beim Sturm auf die Bastille anpreist. Ungeachtet der Frage nach der historischen Genauigkeit dieser Feststellung, zeigt das jedoch nur die Angst der Macher, ihr Werk könne anders als frauenfreundlich verstanden werden. Das ist angesichts der triebhaften, die Psychologie des Betrachters ansprechenden surrealen Bildsprache in „Die Tragödie der Belladonna“ zwar verständlich, wirkt aber auch ein bisschen grobschlächtig. Hier hätten die Macher etwas mehr auf ihren experimentellen Stil sowie die zumeist reduzierte Farbpalette vertrauen können. Aus der blassen, an verwelkende Blumen erinnernden Optik resultiert eine melancholische Grundhaltung und die Flucht in die Realitätsferne der absurden Symbolik korrespondiert mit einem Selbstschutzmechanismus angesichts des Leids. Beides ist stark genug.

Bildqualität

Die Tragödie der BelladonnaDas Bild der DVD weist altersbedingte, leichte Verregnung und Verschmutzungen auf, die oft sichtbar sind, aber nicht störend wirken. Die Schärfe schwankt zwischen den Standbildern, die klare Konturen besitzern, und den animierten Szenerien, die teilweise etwas weich wirken. Die Farbpalette des Films, die zumeist einen reduzierten Aquarellstil pflegt wird gut wiedergegeben. Störende Rauschmuster treten nicht in Erscheinung. Die leichte Körnigkeit des Bildes geht in Ordnung.

Tonqualität

Der Ton liefert eine solide Vorstellung mit recht klaren Dialogen und einer gelungenen Musikwiedergabe ohne große Verzerrungen ab. Störendes Rauschen tritt nicht in Erscheinung.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einer Deleted Scene sowie dem Trailer.

Fazit

„Die Tragödie der Belladonna“ überzeugt als entfesselter Bilderbogen, der eine oftmals psychedelisch unterfütterte Geschichte über den Leidensweg einer Frau im 18. Jahrhundert in triebhafte Bilder über Unterdrückung, Sexualität und Macht übersetzt. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters sehr ordentlich.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Kanashimi no Beradona (Japan 1973)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio Rapid Eye Movies
Regie Eiichi Yamamoto
Darsteller -
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras Deleted Scene, Trailer
Preis ca. 20 EUR
Bewertung gut, technisch sehr ordentlich