Die
Waffe in der Hand mit einem Lied auf den Lippen
Tokyo
Drifter
Seijun
Suzukis "Tokyo Drifter" erzählt an sich eine Geschichte,
die innerhalb des Yakuza-Film-Genres nicht besonders ungewöhnlich
ist. Rivalisierende Banden treffen aufeinander, einzelne Figuren müssen
für die Chefs die Konflikte mit Waffengewalt austragen und ein
Held steht im Mittelpunkt der Ereignisse. Dennoch zählt Suzukis
elegisch-melancholischer Film zu den 30 besten Werken der bisherigen
Filmgeschichte, weil ihn eine stilistische Gestaltung auszeichnet,
deren Mischung aus Bildern und Musik pure Kunst ist.
Im Mittelpunkt der Ereignisse steht Tetsuya, der Phoenix, welcher
in loyaler Treue zu seinem Boss Kurata steht. Kurata hat das Syndikat
aufgelöst, weil er mit seinen Leuten auf ehrliche Weise leben
will. Diesen Ausdruck der Schwäche will eine verfeindete Bande
nutzen, um sich Kuratas Vermögen anzueignen. Für die Eröffnung
eines Clubs, der als zukünftige Einnahmequelle dienen soll, hat
Kurata einen Kredit aufgenommen. Ein wertvolles Bürogebäude
dient als Sicherheit. Mit kriminellen Methoden eignet sich die feindliche
Bande den Schuldschein an und hat so Kurata in der Hand. In der Folge
der daraus resultierenden Auseinandersetzungen verlässt Tetsuya
die Stadt, weil sich der Konflikt zunehmend um seine
Person
rankt. Aber auch auf dem Lande lauert man ihm auf, so dass er sich
verschiedenster Angriffe erwehren muss. Hilfe bekommt er nur von Kenji,
der sich von seiner Bande losgesagt hat und ein Leben als umherziehender
Einzelgänger führt.
Suzukis Inszenierung brilliert durch stilisierte Studiosets, deren
Ausgestaltung mit kräftigen Farbtönen künstlerische
Glanzpunkte setzt. Innenräume sind ganz in gelbes Licht getaucht,
einzelne Flächen heben sich mit intensivem Rot von der Umgebung
ab und Schießereien werden häufig nicht mit realistischer
Schnelligkeit, sondern als ritualisierte Handlungen inszeniert. Alles
in "Tokyo Drifter" besitzt eine künstliche Atmosphäre,
die bis ins letzte Detail ausgestaltet ist. Das überhöht
die zugrunde liegende Geschichte und ihre emotionalen Konflikte soweit,
bis nur noch die Emotionen als eigenständige Handlung übrig
sind. Nach einer Schießerei stapft Tetsuya durch den ländlichen
Schnee und singt das Lied über den Vagabunden, der ohne Heimat
umherziehen muss. Schöner lässt sich Melancholie nicht mehr
in Szene setzen. Atmosphärische Bilder mit den Zutaten Schnee
und kräftigen Farben verbinden sich mit süßlichen
Melodien zu einer traurigen Ballade über die Werte der Yakusa-Gesellschaft,
die keinen Pfifferling mehr wert sind, wenn es um das Geschäft
geht.
Bildqualität
Das
Bild ist angesichts des Filmalters wirklich ausgezeichnet geraten.
Verschmutzungen oder Bilddefekte tauchen fast gar nicht auf. Die Schärfe
erreicht angenehme bis gute Werte, die Detailzeichnung könnte
besser sein. Die Farben sehen aus, als sei der Film erst vor wenigen
Tagen fertig gestellt worden. Rauschen sucht man vergeblich, leichte
Nachzieheffekte muss man allerdings hinnehmen.
Tonqualität
Der
japanische Originalton besitzt ein ständiges Grundrauschen, das
mal stärker mal schwächer auftritt. Dennoch lassen sich
die Dialoge gut verstehen. In den Höhen schrebbelt es etwas.
Der deutsche Ton rauscht weniger und weist auch keine Verzerrungen
auf.
Extras
Als
Bonus ist ein etwa 8minütiges Interview mit Regisseur Seijun
Suzuki enthalten, in dem sich der Japaner auf interessante Weise über
seine Sicht auf "Tokyo Drifter" äußert.
Eine Bildergalerie und der Trailer runden das Bonusmaterial ab.
Fazit
"Tokyo
Drifter" besticht durch seine formale Gestaltung, welche die
an sich simple Geschichte als Manifestation purer Emotionen inszeniert,
um auf diese Weise eine künstlerische sowie melancholische Ballade
über die Einsamkeit und den Zusammenbruch der Werte innerhalb
der Yakusa zu erschaffen. Technisch ist die DVD gut, vor allem das
Bild überzeugt.
Stefan Dabrock
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Originaltitel |
Tôkyô
nagaremono (Japan 1966) |
Länge |
82
Minuten (Pal) |
Studio |
Rapid
Eye |
Regie |
Seijun
Suzuki |
Darsteller |
Tetsuya
Watari, Chieko Matsubara, Hideaki Nitani, u.a. |
Format |
1:2,35
(16:9) |
Ton |
DD
2.0 Mono Deutsch, Japanisch |
Untertitel |
Deutsch |
Extras |
Interview
mit Seijun Suzuki, Bildergalerie, Trailer |
Preis |
ca.
18 EUR |
Bewertung |
sehr
gut, technisch gut |
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