Der politische Filmemacher Damiano Damiani nutzte das Genre des Italo-Western, um mit „Töte Amigo“ seine Kritik an modernen imperialistischen Gepflogenheiten der USA zu formulieren. Den idealen Boden für sein Ansinnen fand Damiani in einer Geschichte, die zur Zeit der mexikanischen Revolution der Jahre 1914 bis 1920 spielt. Der Amerikaner Bill Tate befindet sich in einem Zug, den die Bande der mexikanischen Halbbrüder El Cuncho und Santo überfällt. Mit Hilfe einer List entgeht er der drohenden Erschießung und schließt sich den revolutionären Banditen an, die mit ihren Raubzügen Geld und Waffen erbeuten wollen, um den Revolutionsgeneral Elias zu unterstützen. Nach der Befreiung des Dorfes San Miguel kommt es zu einem Konflikt zwischen El Cuncho und seinen Leuten, die das Dorf wieder verlassen wollen, obwohl eine Racheaktion der mexikanischen Armee droht. El Cuncho bleibt mit Santo ohne seine Anhänger zur Verteidigung des Dorfes zurück, Bill Tate schließt sich den abziehenden Bandenmitgliedern an. Als der mexikanische Revolutionär jedoch feststellt, dass das versprochene Maschinengewehr nicht zurück gelassen wurde, macht er sich an die Verfolgung seiner Leute.
Die politische Dimension hinter der Geschichte ist mehr als offensichtlich. Der Amerikaner Bill Tate mischt sich tatkräftig in die revolutionären Geschehnisse innerhalb des lateinamerikanischen Landes ein. Mit manipulativer Kraft versucht er, die Ereignisse in seinem Sinne zu lenken. Damit ist er ein wenig verschlüsseltes Symbol für damals wie heute moderne imperialistische Einflussnahmen Seitens der USA, die mit Hilfe eigener Leute politische Ereignisse zu steuern suchen. Dabei besitzt die Imperialismuskritik aber auch einen allgemeingültigen Charakter, denn „Töte Amigo“ analysiert die eingesetzten Machtmechanismen, für die das Wirken der USA nur beispielhaft eingesetzt wird. Sie gelten in gleicher Weise auch für Aktivitäten des Neoimperialismus anderer Staaten. In deutlicher Weise legt Damiani die Auswirkungen offen, indem er die Stilmittel des Italo-Western für seine Zwecke nutzt. Gewalt und Chaos beherrschen das Mexiko dieser Zeit, in der imperialistische Einflussnahme und revolutionäre Absichten ein explosives Gemisch ergeben. Gian Maria Volonté überzeugt in der Rolle des El Cuncho, der seinen Kampf gegen Großgrundbesitz und die Macht des Kapitals mit aller Entschlossenheit führt. Ihm zur Seite steht Santo, den Klaus Kinski auf bewährt dämonische Weise verkörpert. Nach allen Auseinandersetzungen innerhalb des Films bleibt schließlich die Frage übrig, ob das Geld besser in Dynamit oder in Brot investiert werden sollte.
Am Ende möchte ich nicht die amüsante, damalige Interpretation des Filmdienstes vorenthalten, die eine ganz eigene Betrachtung anstellt: „...Dass hier Terror im Namen der Freiheit ausgeübt, Mord, Raub und Diebstahl im Namen der sozialen Gerechtigkeit begangen werden, ist eine ernste Warnung in einer Zeit, in der jugendliche Hitzköpfe die Idee von der permanenten Revolution propagieren und erste Früchte ernten“ (Christoph Wrembek).
Bildqualität
Die Bildqualität dieser Neuveröffentlichung wurde gegenüber der DVD aus dem Jahr 2004 verbessert. Der jetzt anamorphe Transfer macht sich natürlich vor allem bei der Schärfe bemerkbar, die nicht mehr so verwaschen aussieht wie bei der alten Veröffentlichung. Sie siedelt sich in einem ordentlichen Bereich an, wobei es klare Unterschiede zwischen mittelprächtigen Totalen und schärferen Nahaufnahmen gibt. Das Bildrauschen wurde zwar etwas reduziert, dennoch ist das Bild über die gesamte Lauflänge hinweg mal mehr mal weniger körnig. Die Farben machen mit einer ausdifferenzierten Wiedergabe der verschiedenen Brauntöne eine gute Figur, der Kontrast ist ein wenig zu flach, so dass das Bild in manchen Szenen flau wirkt. Bilddefekte in Form von leichter Verregnung und Dreckspuren treten immer wieder auf, halten sich aber soweit zurück, dass man mit dem Ergebnis leben kann. In homogenen Flächen kommt es zur leichten Blockbildung. Die Nachzieheffekte der 2004er-Veröffentlichung treten erfreulicherweise nicht mehr auf.
Tonqualität
Der deutsche Mono Ton wirkt wesentlich klarer gegenüber den beiden englischen Fassungen (alte und neue Synchronisation), die relativ dumpf wirken. Hinzu kommen Verzerrungen bei den Höhen der englischen Fassungen. Insgesamt sind die Dialoge aber noch verständlich, so dass man angesichts des Filmalters mit dem Ergebnis leben kann. Da der Film in Deutschland seinerzeit geschnitten war, liegen diese Szenen auf englisch mit deutschen Untertiteln vor.Extras
Das Bonusmaterial wurde gegenüber der 2004er DVD um zwei Interviews aufgestockt, die Texttafelbiographien zu Gian Maria Volonté und Klaus Kinski wurden dafür weggelassen. Im 12minütigen Interview mit Regisseur Damiano Damiani geht es vor allem um Damianis Definition des Genres „Western“, aus der er schließlich seine Meinung ableitet, dass „Töte Amigo“ kein Western, auch kein italienischer Western sei. Danach plaudert er noch kurz über „Töte Amigo“ und legt seine Sympathien für den Kampf der Armen gegen die Reichen dar. Darsteller Lou Castel erinnert sich in seinem Interview (etwa 22 Minuten) an die Dreharbeiten von „Töte Amigo“, den Regisseur Damiano Damiani und geht auf die politische Dimension der Italo-Western ein. Daneben behandelt das Gespräch im lockeren Plauderton auch die beiden Italo-Western „Mögen sie in Frieden ruhen“ („Requiescant“, 1967) und „Willkommen in der Hölle“ („¡Mátalo!“, 1970). Zwei hübsche Interviews. Drei Trailer und eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial ab.Fazit
„Töte Amigo“ nutzt den Italo-Western für eine offensive Kritik an neoimperialistischen Tendenzen sowie die Formulierung seiner sozialkritischen Haltung zur ungleichen Verteilung des Wohlstandes. Regisseur Damiano Damiani gelingt auf diese Weise ein eindrucksvoller politischer Film, der das intellektuelle Konzept Dank einer stimmigen Ausarbeitung persönlicher Dramen um Freundschaft und Verrat mit Leben füllt. Technisch ist die DVD besser geraten, als die Erstveröffentlichung aus dem Jahr 2004, so dass man angesichts des Filmalters sowie des begrenzten Vermarktungspotentials von einer ordentlichen Qualität sprechen kann.Stefan Dabrock
Originaltitel | Quien Sabe? (Italien 1967) |
Länge | 118 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | Damiano Damiani |
Darsteller | Gian Maria Volonté, Lou Castel, Klaus Kinski, Martine Beswick, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch |
Untertitel | - |
Extras | Interviews mit Damiano Damiani (Regie) und Lou Castel (Darsteller), u.m. |
Preis | ca. 10 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch ordentlich |