Schmuckloser Raub

Tödliche Diamanten

Das Stichwort Diamantenraub weckt Assoziationen an elegant geplante Beutezüge vor luxuriöser Kulisse, bei denen ein perfekter Plan mit seinen einzelnen Elementen bruchlos ineinander greift. Solche Elemente sind in dem französischen Thriller „Tödliche Diamanten“ nur als entferntes Echo enthalten, ohne dass er einen echten Gegenentwurf zum klassischen Heist-Genre entwirft. Die Gangsterfiguren heben sich zunächst vom Typus des weltgewandten, Coolness getränkten Diebs ab, der gerne in ähnlich gelagerten Filmen auftritt. Georges wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen und atmet die Bodenständigkeit eines Industriearbeiters. Sein alter Komplize taucht morgens um sieben Uhr bei ihm auf, um ihn für einen neuen Beutezug zu gewinnen. Da die Welt außer ein bisschen Sex gerade nichts besseres auf Lager hat, lässt sich Georges auf das Unternehmen ein. Der Tipp eines Versicherungsagenten führt die beiden Gangster zu einer Villa, wo sie der attraktiven, elegant gekleideten Besitzerin die Augen verbinden, sie fesseln und in Ruhe den Tresor knacken, um ein Diamantencollier zu stehlen. Nach getaner Arbeit informiert Georges' Komplize die Polizei, damit sie die gefesselte Frau befreien können. Er trägt Züge eines Gentlemans, der sich mit Anzug auch in gehobeneren Kreisen bewegen kann. Georges reaktiviert alte Hehlerkontakte, um die Diamanten lukrativ zu verkaufen. Aber plötzlich scheint der Versicherungsagent kalte Füße zu bekommen, so dass der Plan in Gefahr gerät. Er könnte die Gangster an die Polizei verraten. Als eine erste Leiche auftaucht, läuft das Vorhaben langsam aus dem Ruder.

Diamanten lassen sich nur in luxuriösen Milieus entwenden, so dass „Tödliche Diamanten“ an dieser Stelle Berührungspunkte zum eleganten Heist-Film besitzt. Die Villa mit ihrer wohlhabenden Besitzerin reflektiert ein Genremuster, dem sich der Film ansonsten kaum verpflichtet fühlt. Georges' Komplize scheint zwar ebenfalls daraus zu stammen, seine kaltschnäuzige Art, die Menschen zu töten, welche ihn verraten könnten, offenbart jedoch eine schmierige Persönlichkeit, die durch sein gelacktes Auftreten zusätzlich gesteigert wird. Jenseits der kurz aufblitzenden Niedertracht, wenn er sein gewalttätiges Handwerk präzise verrichtet, atmet „Tödliche Diamanten“ aber den biederen Charme einer harmlosen Beamtenmentalität. Georges knüpft Kontakte zu zwei verschiedenen Hehlern, ohne dass irgendwelche Störungen auftreten. Die Polizei ist als Gegner ebenso wenig präsent wie auch sonst keine Gefahren für das Unternehmen greifbar werden. Exemplarisch dafür steht die Figur des Versicherungsagenten, der eine so erbärmliche Unsicherheit an den Tag legt, dass man ihm nicht einmal den Verrat zutraut. Seine Persönlichkeit schlägt weder in Richtung Kaltschnäuzigkeit noch panischer Angst aus, die in einer Kurzschlusshandlung enden könnte. Er symbolisiert die reine Unentschlossenheit, welche auch „Tödliche Diamanten“ kennzeichnet. Zwischen Anflügen eleganter Szenerien und spannungsarmer Planroutine bleibt die einzige Konstante das undurchsichtige Verhalten von Georges' Komplizen. Für sein Misstrauen, das in tödlichen Aktionen endet, gibt es innerhalb der sichtbaren Handlung keinen Anlass. Da ihm auch jegliche Form eines irrationalen Auftretens abgeht, ist die Handlung des Films entweder schwachsinnig, oder er zieht mit analytischer Präzision einen hinterhältigen Plan durch, der ihm allein zum Vorteil gereicht. Bei diesem Ansatzpunkt rettet sich der Film zwar vor dem inhaltlichen Kollaps, scheitert aber an seiner eigenen Unentschlossenheit, die Grimmigkeit zu inszenieren. Zu viel Filmzeit verwendet Regisseur Jacques Bral für die Planroutine, als dass er seinen Gegenpol effektiv präsentieren könnte. So verschwindet nicht nur die Eleganz der Genrevorbilder in zarten Echos, auch der Gegenentwurf lässt sich nur erahnen.

Bildqualität

Die saubere Vorlage besitzt eine recht ordentliche Bildqualität. Die Schärfe schwankt zwischen gut und angenehm, die Farbwiedergabe präsentiert die leicht kühle, etwas zurückgenommene Optik adäquat. Der Kontrast sorgt für ein plastisches Bild, ohne das Details verloren gehen. Ein sichtbares Hintergrundrauschen ist stets präsent, nimmt aber nicht Überhand. Störender sind die stehenden Rauschmuster.

Tonqualität

Die rauschfreien Tonspuren geben die Dialoge klar und verständlich wieder. Da „Tödliche Diamanten“ eine ruhige, sachliche Erzählweise pflegt, spielt sich das akustische geschehen zumeist auf den vorderen Boxen ab. Insofern ist der Ton völlig in Ordnung.

Extras

Das etwa 17minütige Making Of besteht aus Interviews mit den Hauptdarstellern, dem Regisseur und weiteren Filmteammitgliedern, die hauptsächlich Inhaltsangaben mit zarten Charakterisierungen zum Besten geben. Darüber hinausgehende Informationen sind rar gesät. Die etwa 17minütige Deleted-scenes-Rolle beinhaltet sehr viele Szenen, die zu Recht aus dem fertigen Werk entfernt wurden. Manche bieten aber auch Ansätze einer stärkeren Charakterisierung einzelner Figuren oder Konflikte – die Angst des Versicherungsagenten wird beispielsweise deutlicher. Um dem Film ein inhaltlich besser ausformuliertes Gesicht zu verpassen, genügen die wenigen Szenen jedoch auch nicht. Sie zeigen nur auf, wo Regisseur Jacques Bral hätte ansetzen können, um einen guten Film zu machen. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Tödliche Diamanten“ scheitert daran, dass er weder die Tradition des eleganten Heist-Films bedient noch eine konsistente eigene Linie präsentiert. Über weite Strecken herrscht eine konfliktfreie Erzählung vor, die nur selten durch dramatische Szenen unterbrochen wird. Technisch ist die DVD brauchbar, das Bonusmaterial ist schwach.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Un printemps à Paris (Frankreich 2006)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio Sunfilm
Regie Jacques Bral
Darsteller Eddy Mmitchell, Sagamore Stévenin, Pascale Arbillot, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Französisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Deleted scenes, Trailer
Preis ca. 14 EUR
Bewertung niedriger Durchschnitt, technisch brauchbar