Verrat an den Verrätern

Der Todeskuss

Weihnachten in New York ist eine schöne Zeit, erläutert eine samtweiche Frauenstimme am Anfang von Henry Hathaways "Der Todeskuss". Zumindest für die, die etwas haben, folgt die dräuende Einschränkung und mit ihr schwenkt der Fokus über zu Nick Bianco, der gerade dabei ist, mit ein paar Komplizen einen Juwelier in einem Hochhaus zu überfallen. In bester ökonomischer Erzählweise führt Hathaway zugleich den sozialen Widerspruch in der kapitalistischen Gesellschaft sowie das Schicksal Biancos ein, das nach diesen Worten nur noch mit Steinen gepflastert sein kann. Tatsächlich wird Bianco gefasst, gegenüber einem Staatsdiener, der ihn zum Reden bringen möchte, schweigt er jedoch. Nach drei Jahren im Gefängnis erfährt er, dass seine Frau tot ist und sich die Kinder im Waisenhaus befinden. Seine Komplizen haben ebenso einen Anteil daran wie sein Anwalt, der sich nicht besonders bemüht, Bianco aus dem Knast zu holen. Jetzt redet Bianco, aber da beim Prozess etwas schief läuft, sieht er sich der Rache eines psychopathischen Komplizen von damals ausgesetzt.
"Der Todeskuss" ist ohne Zweifel eine latente gesellschaftliche Anklage Hathaways, dessen Bianco eine durch und durch sympathisch gezeichnete Gangsterfigur ist. Der Eingangsmonolog der Erzählerin, in dem auf die Schönheit des Weihnachtsfestes für die Habenden hingewiesen wird, schwebt düster über der gesamten Geschichte, in der ein Mensch portraitiert wird, welcher die Schönheit nicht erlebt. Nick Bianco versucht nichts anderes, als für seine Familie zu sorgen. Dass er dabei zu unerlaubten Mitteln greift, ist lediglich ein Zufall des Lebens. Der Film folgt den Entscheidungen Biancos mit nahezu dokumentarischer Nüchternheit. Innerhalb des gesellschaftlichen Überbaus entwickelt sich die Thrillergeschichte, welche selbst schwere Schicksalsschläge wie den Tod von Biancos Frau nur sehr reduziert erzählt. Kaum eine Regung verrät den inneren Seelenzustand Biancos, als ihm die Nachricht überbracht wird. In Hathaways Inszenierung ist es die Aufgabe des Zuschauers, aus dem Erzählungsdestillat die Emotionen selbst zu erzeugen. Auf diese Weise wirkt alles innerhalb des Films ein wenig kühler. Die warmen emotionalen Momente überwältigen weniger als möglich, die Darstellung Richard Widmarks als gespenstisch lachender Psychopath gefriert hingegen das Blut in den Adern. Dadurch gelingt es Hathaway, stets ein Gefühl der Unsicherheit zu erzeugen. Auch hinter dem Glück lauert stets das Böse. Für Nick Bianco wird es eine Lebensaufgabe bleiben, die Düsternis auf Abstand zu halten.

Bildqualität

Das Bild könnte besser sein, es könnte schlechter sein, wobei sich die Waagschale eher in Richtung es könnte besser sein neigt. Es tauchen immer wieder Bilddefekte und Verschmutzungen auf. Die Schärfe ist in Ordnung, aber nur angenehm. Am meisten fällt der steile Kontrast ins Auge, der das Schwarzweiß-Bild teilweise mit sehr dunklen und sehr hellen Flächen ausstattet. Natürlich kommt das Bild nicht ohne Rauschen aus.

Tonqualität

Der Ton besitzt ein ständiges Hintergrundrauschen, wie bei einem Mono-Ton aus dem Jahr 1947 auch kaum anders zu erwarten. Dennoch ist alles klar und verständlich, so dass man sich nicht beschweren kann.

Extras

Als Extras sind eine Fotogalerie und Biographien vorhanden.

Fazit

Henry Hathaways "Der Todeskuss" zeichnet mit dem nüchternen Stil eines Chronisten die bewegte Geschichte des Gangsters Nick Bianco nach, der die Verlogenheit des kriminellen Milieus erkennt und zum Verräter an seinen Komplizen wird. Soziale Not bildet den Überbau für eine hinterhältige Thrillergeschichte, in der Richard Widmark als finsterer Psychopath überzeugt.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Kiss of Death (USA 1947)
Länge 95 Minuten (Pal)
Studio mcone
Regie Henry Hathaway
Darsteller Victor Mature, Richard Widmark, Brian Donlevy, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono
Untertitel -
Extras Fotogalerie, Biographien
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gut, leichte Schwächen beim Bild