Die Farben der Liebe

Tears of the Black Tiger

Immer mehr hochinteressante Filme schwappen aus Thailand über das Medium DVD nach Deutschland. "Shutter" bewies zuletzt, dass das Genre der asiatischen Geisterhorrorfilme noch nicht am Ende ist, und "Sars War" entpuppte sich als Splatter-Komödie höchst amüsanter sowie absurder Art. Jetzt bringt Rapid Eye den bereits im Jahr 2000 von Wisit Sasanatieng gedrehten "Tears of the Black Tiger" heraus, dessen "Citizen Dog" (2004) zuletzt auf dem Kölner Cineasia Filmfestival zu sehen war. "Tears of the Black Tiger" bedient sich aus dem breiten Fundus des Genre-Films und vereint die einzelnen Bestandteile nicht zuletzt auch mit Hilfe des eigenwilligen visuellen Stils zu einem rauschartigen Gesamtwerk, das jegliche Genregrenzen sprengt. Erzählt wird die melodramatische Geschichte einer Liebe. Schon als Kinder haben sich "Black Tiger", der damals nur Dam hieß, und Rampoey kennen gelernt. Für kurze Zeit war Rampoey auf dem Lande zu Besuch, wo sich die beiden angenähert haben. Nach einem schweren Abschied vergingen viele Jahre, bis sie sich zufällig wieder getroffen haben. Doch die Verbindung darf nicht sein, weil es der Vater der begüterten Rampoey nicht duldet. Dennoch verabredet sich das Liebespaar für einen bestimmten Tag im Pavillon der Wartenden, der seinen melancholischen Namen einer Legende verdankt. Zuhause entdeckt Dam jedoch, das seine ganze Familie umgebracht wurde. Er schließt sich darauf einer Banditenbande an und wird Outlaw. Dennoch will er die Verabredung mit seiner großen Liebe wahrnehmen. Rampoey steht ihrerseits unter Druck, weil ihr Vater eine Liaison mit dem aufstrebenden Polizisten Kamjorn einfädeln will.
Regisseur Wisit Sasanatieng verwischt durch die Kombination der vielen Stilelemente jegliches Zeitgefühl. Die Outlawbande, der Black Tiger angehört, wirkt dank quietschbunter Bekleidung wie eine Karnevalsvariante vergleichbarer Charaktere aus dem Italowestern. Die Szenerien im Anwesen Rampoeys atmen Kolonialzeitatmosphäre, während die Stadt durch Autos der 50er Jahre geprägt ist. Einerseits schießen die Outlaws mit klassischen Revolvern durch die Gegend, andererseits greift man auch gerne zu Maschinengewehren oder Bazukas, wenn es zur Verteidigung notwendig ist. Hier erzählt einer keine Geschichte, die im realistischen Umfeld angesiedelt sein soll, hier möchte jemand die melodramatische Liebe als universelle Menschheitserfahrung in zeitlose Bilder gießen. Gleichzeitig reflektiert Wisit Sasanatieng über die filmgeschichtliche Verarbeitung dieser Idee, welche sich durch alle Genres zieht. Er vereint die verschiedenen Filmgattungen zu einem Werk komprimierter Emotionen, das einen Ort eigener Realität erschafft und sich im Rausch der Stile in schwindelnde Höhen emporschwingt. "Tears of the Black Tiger" erzählt nicht nur etwas über eine zuckersüße sowie tragische Liebesgeschichte, der Film wird selbst zu reiner Emotion. Nachkolorierte Szenerien tauchen das Geschehen in eine märchenhaft anmutende Welt, die auch dem Hirn eines Drogenkonsumenten entsprungen sein könnte. Entfesselt bedient der Film mit seinen Versatzstücken zwar Genrekonventionen, entfernt sich in der Montage aber vom reinen Genrewerk. Dennoch funktionieren die unterschiedlichen Szenen auch als Miniaturen der einzelnen Stile, so dass sich die rasante Action des Kriegsfilms mit spannenden Westernduellen und süßlichen Liebesszenen abwechselt.

Bildqualität

Die Vorlage erweist sich als blitzsauber, so dass keine Beeinträchtigungen wie Bilddefekte oder Dreckspuren zu sehen sind. In den Rückblenden wird das lediglich als Stilmittel eingesetzt, damit die Szenen älter wirken. Einziger Schwachpunkt der DVD ist die Schärfe, die zwischen gut und weich gezeichnet schwankt. Das kommt zwar teilweise der entrückten Atmosphäre zu gute, ist manchmal aber auch störend. Die Farbwiedergabe überzeugt demgegenüber. Kräftig erstrahlt die bunte Szenerie in all ihrer Pracht. Der Kontrast siedelt sich im ordentlichen Bereich an.

Tonqualität

Der thailändische 2.0-Ton überzeugt mit einer ausgezeichneten Ausnutzung der vorderen Boxen. Umgebungsgeräusche wie auch die Musikwiedergabe füllt die ganze zur Verfügung stehende Bandbreite aus, so dass der Film seine atmosphärischen Qualitäten ausspielen kann. Störendes Rauschen ist nicht vorhanden. Wer möchte, kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix anhören.

Extras

Hinter dem Making Of verbirgt sich ein 45minütige Sendung aus dem thailändischen Fernsehen die kurz vor dem Kinostart des Films ausgestrahlt wurde. Der Moderator spricht mit dem Regisseur, dem Produzenten sowie den Darstellern und weiteren am Dreh beteiligten Personen über die Hintergründe der Produktion. Dabei erfährt man Wissenswertes über die technische Herstellung des Films, die filmgeschichtlichen Vorbilder und weitere Aspekte zu "Tears of the Black Tiger". Ein paar Anekdoten haben in der launig moderierten Sendung auch ihren Platz. Auch wenn nicht alles spannend ist, bietet die Sendung viele interessante Informationen und ist ein lohnenswertes Extra.
Die Deleted Scenes sind in sehr guter Form auf der DVD enthalten. Jede Szene wird zwischen die Filmbilder eingebettet, die sie umrahmt hätten, wäre die Szene im Film enthalten. So ist man stets orientiert, wo die entfernte Szene im Film einzuordnen ist. Die Szenen selbst sind sehr interessant. Alberne Komödiendarbietungen wechseln sich mit Ereignissen ab, die den melodramatischen Aspekt des Films schärfen. Dabei ist es sicher gut, dass die amüsant gemeinten Szenen herausgeschnitten wurden, da sie ein Störfaktor gewesen wären. Der Trailer und vier TV-Spots runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

Wer quietschbunte Filme mag, die in wilder Weise verschiedene Genreversatzstücke zu einem Ganzen verarbeiten, sollte sich "Tears of the Black Tiger" nicht entgehen lassen. Melodramatische Emotionen treffen auf rasante Action, um ein einzigartiges Werk über die universelle Idee der Liebe zu erschaffen.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Fah talai jone (Thailand 2000)
Länge 97 Minuten (Pal)
Studio Rapid Eye
Regie Wisit Sasanatieng
Darsteller Chartchai Ngamsan, Stella Malucchi, Arawat Ruangvuth, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch; DD 2.0 Thailändisch
Untertitel Deutsch
Extras Making, Of, Deleted Scenes, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung Film sehr gut, technisch weitgehend gelungen, Bonusmaterial gut