Vor etwa einem Jahr sorgte der Kinostart des türkischen Irak-Films „Tal der Wölfe“ für eine zum Teil hysterisch geführte Diskussion, in der nicht selten der starke Arm staatlicher Maßnahmen gefordert wurde. „Tal der Wölfe“, so ein Vorwurf, sei ein antiamerikanisches Machwerk, das die Jugend gefährde. Viele Meinungsäußerungen seitens der politischen Intelligenz liefen letztlich auf den Slogan hinaus „Lasst uns ein paar Bü…, äh, Filme verbrennen“. Jetzt, ein Jahr später, habe ich mir das Werk zum ersten Mal angesehen und kann zur damaligen Aufgeregtheit keinen Bezug herstellen. Es ist schlicht nicht verständlich, warum ein so läppischer Film ein derart großes Echo hervorrufen kann. Die Fragwürdigkeit mancher inhaltlicher Konstruktionen kann nicht alleine dafür verantwortlich sein, denn Filme, in denen seltsame bis höchst unangenehme Weltbilder präsentiert werden, gibt es dutzendweise. Der Booklet-Text meines Kollegen Sascha Westphal nennt mit „Rambo II“ und „True Lies“ nur zwei prominente Vertreter. Darüber hinaus fasst er in ausgezeichneter Weise die damalige Diskussion zusammen und bewertet sie.
„Tal der Wölfe“ selbst beginnt mit einem Überfall amerikanischer Soldaten auf einen türkischen Stützpunkt im Nordirak (!). Geleitet wird die Aktion durch Sam Marshall, der als Zivilist (!) dabei ist. Da sich die türkischen Soldaten aufgrund eines Befehls des eigenen Oberkommandos (!) nicht verteidigen dürfen, müssen sie die Schmach hinnehmen und sich mit Kapuzen über dem Kopf abführen lassen. Der türkische Agent Polat Alemdar fährt einige Zeit später in den Nordirak, um den Gesichtsverlust auszubügeln. Gemeinsam mit zwei Mitstreitern will er Sam Marshall töten. Soweit ist die Geschichte relativ klar. Alles andere aber bleibt völlig unklar. Was hatten die Türken im Nordirak verloren? Wer ist dieser Sam Marshall, welche Autorität besitzt er und was sind eigentlich seine Ziele? „Tal der Wölfe“ ist nichts weiter als eine merkwürdig wüste Aneinanderreihung diverser Szenen, deren Grundlage Medienberichte aus dem Irak sind. Den Überfall amerikanischer Soldaten auf den türkischen Stützpunkt hat es gegeben, wenn er auch nichts als Fragen aufwirft. Wenn der amerikanische Schlächter Dante Luftlöcher in einen Container mit gefangenen Irakern – sie stehen angeblich unter Terrorverdacht – schießt, ist das eine Anspielung an ähnliche gelagerte Vorwürfe aus den Nachrichten. Der Skandal von Abu Ghraib findet ebenfalls seinen Widerhall. Solche Versatzstücke reiht der Film, welcher auf einem ausgesprochen miesen Drehbuch basiert, aneinander. Mitten drin die türkische Variante eines „Rambo“, der die Geschichte mit kämpferischen Mitteln revidieren will. Sein Gegenspieler Sam Marshall gefällt sich als dekadenter Überbösewicht der besonders unrealistischen Sorte. Am absurdesten wirkt eine Szene, in der er auf einem Stuhl sitzt, unter dem eine Bombe angebracht ist. Während ein Spezialist der amerikanischen Armee den Sprengsatz entschärft, spielt Marshall am Flügel „Freude schöner Götterfunken“ und lässt einen irakischen Kinderchor dazu singen.
Bleibt noch der Vorwurf des Antisemitismus übrig, der nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, auf den ich jedoch nicht eingehen möchte, da es vor allem auf DVD den sehr aufmerksamen Zuschauer bedarf, um ihn überhaupt zu entdecken. Ich möchte nur ungern dem fragwürdigsten Teil des Films die Publicity geben, die er nicht verdient.
Bildqualität
Das Bild des aktuellen Films macht eine sehr gute Figur. Dreckspuren oder Defekte tauchen gar nicht auf, die Schärfe ist fast durchgehend auf sehr hohem Niveau. Das gilt sowohl für die Detailfreudigkeit des Bilds, als auch für die Konturenschärfe. Bei Bewegungen kommt es allerdings teilweise zu stehenden Rauschmustern. Die Farbwiedergabe ist sehr gut. Dank des gelungenen Kontrasts kommen die kräftigen Farben gut zur Geltung. Insgesamt ein sehr guter Transfer.Tonqualität
Die Tonspuren liefern eine gute Qualität. Die Dialoge sind klar und verständlich, die Abmischung in Bezug auf die übrigen Geräusche fällt ausgewogen aus. Für die räumliche Atmosphäre ist meistens die Musik verantwortlich, in den wenigen richtigen Actionszenen kommen aber auch Schuss- oder andere Geräusche aus den hinteren Boxen. Allein die Dynamik könnte besser sein.Extras
Auf der ersten DVD ist als Bonus ein Trailer enthalten, auf der Zusatz-DVD befindet sich das 42minütge Making Of. Dieses besteht aus Interviewsequenzen der Macher und Darsteller des Films sowie B-Roll-Aufnahmen vom Dreh. Es ist höchst erstaunlich, das bei den Beteiligten in keiner Weise ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, was für einen dramaturgisch schlechten Film sie gemacht haben, der letztlich nur noch als billiges Action-Kino für den Videomarkt funktioniert. Die Botschaft über den Irak und das leidende Volk mag man im Hinterkopf gehabt haben, als Film ist sie nicht mehr erkennbar. Viel zu bruchstückhaft bedient sich der Film bei allen Irak- und Terror-Assoziationen, die nicht niet- und nagelfest sind. Da das Werk auch nicht als assoziative Kollage, sondern als handfester B-Action-Erzählfilm der klassischen Sorte konzipiert ist, bleibt nur noch ein läppisches Filmchen übrig. Insofern hinterlassen die Interviewsequenzen im Making Of einen sehr bizarren Eindruck. Das B-Roll-Material ist angesichts der dort zu sehenden Spreng- und Schussszenen interessant.Fazit
Das entrüstete Medienecho zum Kinostart von „Tal der Wölfe“ hat einem schwachen B-Actionfilm eine Aufmerksamkeit verschafft, die das läppische Filmchen nicht verdient hat. Hinzu kommt, dass die karikaturhafte Zeichnung des amerikanischen Bösewichtes jeglichen Realitätsbezug und jeglichen Anspruch – wie auch immer der aussehen sollte – zunichte macht. Technisch ist die DVD sehr gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Kurtlar vadisi - Irak (Türkei 2006) |
Länge | 118 Minuten (Pal) |
Studio | Kochmedia |
Regie | Serdar Akar |
Darsteller | Billy Zane, Necati Sasmaz, Ghassan Massoud, u.a. |
Format | 1:1,85 (16:9) |
Ton | DTS Deutsch, DD 6.1 Deutsch, DD 5.1 Englisch/Türkisch/Kurdisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Making Of, Trailer |
Preis | ca. 20 EUR |
Bewertung | schwach, technisch sehr gut |