Frankreichs vergessene Kolonial-Soldaten

Tage des Ruhms (2 DVDs)

Für eine herausragende DVD-Edition (sehr gute Bildqualität und überzeugendes Bonusmaterial) wird dieser DVD der Gipfel verliehen.

 

Tage des Ruhms„Tage des Ruhms“ passt perfekt zu Florent Emilio Siris „Intimate Enemies“ (2007), in dem es um den Algerienkrieg geht. Rachid Bouchareb beleuchtet in seinem Film quasi die „Vorgeschichte“ zu den Ereignissen des Algerienkriegs, denn zahlreiche Figuren aus „Intimate Enemies“ haben wie die Protagonisten in „Tage des Ruhms“ während des Zweiten Weltkriegs auf französischer Seite gegen Nazideutschland gekämpft. In der offiziellen Geschichtsschreibung tauchen die vielen Kolonial-Soldaten jedoch nahezu nicht auf. Diese Lücke wollte Bouchareb mit seinem Film schließen.

Im Zentrum der Handlung stehen vier Kolonial-Soldaten, die mit ihren ebenfalls afrikanischen Kameraden zunächst in Italien gegen die faschistischen Truppen kämpfen, um schließlich über die Provence und die Vogesen bis ins Elsass vorzudringen. Dabei müssen sie jedoch erleben, dass sie keinesfalls den gleichen Staus haben wie die aus Frankreich stammenden Soldaten. Das fängt bei der Essensverteilung an, setzt sich bei den Kampfeinsätzen fort und reicht bis zu den stark eingeschränkten Aufstiegschancen innerhalb der Armee. So fechten sie neben den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den deutschen Truppen auch noch einen Kampf um die eigene Integrität als gleichwertige Franzosen aus, denn sie fühlen sich als Teil der französischen Gemeinschaft.

Große Schlachtszenen sind die Ausnahme in „Tage des Ruhms“, dessen Kamera nur selten das epische Panorama sucht. Nahaufnahmen, kleine Gruppen oder beschränkte Blickwinkel dominieren die Tage des Ruhmsfilmische Erzählung, die dadurch eine im Kriegsfilm nicht oft zu findende Intimität zu den Hauptfiguren herstellt. Bouchareb macht auf diese Weise deutlich, dass er ihre Geschichte, also die der Generation seines Vaters erzählen will. Die fehlende Würdigung in der offiziellen Geschichtsschreibung bringt es mit sich, dass Bouchareb vor allem die positive Leistung der Kolonial-Soldaten im Kampf gegen Hitler in den Vordergrund stellt. Sie werfen sich todesmutig in die Schlacht bei Monte Cassino und machen weiter, obwohl man es ihnen nicht so dankt wie den französischstämmigen Soldaten. Die Diskriminierung der Afrikaner steht im Gegensatz zu ihrem Einsatz des eigenen Lebens für Frankreich. Daraus schöpft der Film seine innere Dramatik, die sich immer wieder in Konflikten entlädt.

Die Stärke Boucharebs ist es, dabei die unterschiedlichsten Lebensbereiche in das Geschehen einzuflechten. Weder auf privatem Feld – die Liebesbriefe eines der Soldaten an eine Französin werden von der Militärzensur beschlagnahmt – noch im professionellen Bereich können sie sich gleichberechtigt entfalten. Dass sie dennoch immer weiter machen, zeugt von einer tiefen Liebe zu Frankreich sowie einer daraus resultierenden Opferbereitschaft, die Boucharebs Werk ein intimes Pathos verleiht, weil es nicht aus Massenszenen und überdimensionaler Musik, sondern einzig aus den Handlungen der Figuren heraus entsteht. Im Verbund mit dem stets lauernden Tod entsteht eine verdichtete Tragik, die ihren optischen Wiederhall in der kargen Winterlandschaft der Vogesen oder dem halb zerstörten Dorf am Ende des Films findet. So ist „Tage des Ruhms“ eine Heldengeschichte aus dem „gerechten“ Krieg gegen Hitler geworden, die neben der übergeordneten Ebene des Kampfes gegen Deutschland eine innerhalb der französischen Truppen gelagerte kritische Komponente besitzt. Die Frage nach Gerechtigkeit im Umgang miteinander steht in großen Lettern im Raum.

Bildqualität

Das blitzsaubere Bild der DVD weist eine sehr gute Schärfe mit klaren Konturen und vielen Details auf. Die reduzierte, erdige Farbpalette des Films wurde ausgezeichnet auf die DVD übertragen. Der ausgewogene Kontrast sorgt für eine exzellente Präsenz der verschiedenen Bildelemente. Das Bild besitzt eine leichte Körnigkeit und kommt ohne Rauschmuster aus.

Tonqualität

Die 5.1-Spuren wurden ausgezeichnet abgemischt. Die Dialoge sind klar unverständlich. Immer wieder werden die hinteren Lautsprecher in das akustische Geschehen einbezogen. Das gilt sowohl für die Kriegsszenen als auch für andere Teile des Films. Beim Chor der Soldaten, die die Marseillaise singen, hat man beispielsweise das Gefühl mitten unter Ihnen zu stehen. Die dynamische Bandbreite der Tonspuren machen sie zu ausgezeichneten Vertretern ihrer Art.

Extras

Das Bonusmaterial wurde auf einer zweiten DVD untergebracht. Darunter befindet sich ein etwa 25minütiges Making Of, das aus Setaufnahmen, Filmausschnitten sowie Interviews mit Stabmitgliedern besteht. Darin äußern sich die Macher sowie einige Schauspieler zu ihrer Motivation, diese Geschichte zu erzählen. Dabei kommt vor allem die persönliche Verbundenheit zu den historischen Ereignissen zum Ausdruck. Daneben erfährt man ein paar Details über die Umsetzung des Werkes.

Die Dokumentation „Jamel, Rachid, Roschdy, Samy...Die Enkel der 'Tirailleur'“ (etwa Tage des Ruhms1 Sunde und 3 Minuten) zeichnet ausführlich die geschichtlichen Fakten um das französische Kolonial-Heer nach. Neben ein paar historischen Aufnahmen tauchen noch lebende Mitglieder des Kolonial-Heers auf, die ihre Erlebnisse berichten. Darüber hinaus kommen einige am Film „Tage des Ruhms“ Beteiligte zu Wort. Insgesamt eine gute Dokumentation, die als gelungene Ergänzung zur fiktionalen Geschichte des Films funktioniert.

Sehr lobenswert ist das eigens produzierte Interview mit dem Militärhistoriker Dr. Martin Rink (ca. 45 Minuten), der die strategische Ausrichtung der damaligen Feldzüge beleuchtet und die Bewertung der historischen Kriegsereignisse immer wieder in Bezug zu dem Film setzt. Ein sehr gutes Interview, das perfektes Hintergrundmaterial liefert. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Tage des Ruhms“ verleiht der Leistung des französischen Kolonial-Heeres während des Zweiten Weltkriegs eine Stimme. Dabei beleuchtet er die Tragik der afrikanischen Soldaten, die sich als Franzosen fühlten, aber nicht als solche behandelt wurden. Sie waren hauptsächlich für den Kampf, aber nicht für die Anerkennung geeignet. Technisch ist die DVD sehr gut, das Bonusmaterial ist absolut überzeugend.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Indigènes (Algerien/Frankreich/Marokko/Belgien 2006)
Länge 119 Minuten (Pal)
Studio Ascot-Elite q
Regie Rachid Bouchareb
Darsteller Jamel Debbouze, Samy Naceri, Roschdy Zem, Sami Bouajila, Bernard Blancan, Assaad Bouab, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Französisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Interview mit Militärhistoriker Dr. Martin Rink, u.m.
Preis ca. 22 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut