Lohn des Schweißes

Sweat

Es wäre sicherlich etwas übertrieben, das französische Kino als ein Kino der Lastwagen-Thriller zu beschreiben, aber mit Henri-George Clouzots "Lohn der Angst" gibt es ein ausgezeichnetes Vorbild. "Sweat" erweist ihm auf seiner actionreichen Reise durch die marokkanische Wüste seine Referenz. Dabei ist die Grundhandlung ähnlich minimalistisch wie bei Clouzots Werk. Vier Männer überfallen ein Flugzeug und erbeuten 10 Tonnen Gold. Jetzt müssen sie die wertvolle Fracht nur noch durch die Wüste bis ans Meer bringen, wo Abnehmer darauf warten. Nach erfolgter Transaktion wären die vier Spezialisten gemachte Leute. Mit einem Truck rasen der Fahrer, der Mechaniker, der Denker und der Waffenfetischist durch die brütende Hitze. Dabei drängt die Zeit, weil die Abnehmer mit ihrem Schiff nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt warten können. Anstrengung, Skrupellosigkeit und Gier entzweien jedoch schon nach kurzer Zeit die Gruppe, in der jeder das Gold für sich alleine haben will.
Die minimalistische Geschichte ist grundsätzlich bekannt, aber ihre Umsetzung durch Louis-Pascal Couvelaire ist es nicht. Der Werbefilmspezialist zieht in seinem Spielfilmdebüt alle Register stylischer Bilder. Extreme Filter färben die blauen Himmel nahezu schwarz, so dass sich nicht nur ein exzellenter Kontrast zu den sandigen Tönen der Wüste ergibt, sondern auch die Weite der öden Landschaft stilistisch wieder verengt wird. In einem Raum scheinbar grenzenloser Freiheit rasen die Helden mit ihrem Truck umher, während über ihnen eine buchstäblich düstere Zukunft dräut. Der visuell sichtbare Widerspruch zwischen Freiheit und Enge hat seinen Ursprung in den unterschiedlichen Charakteren der Gangstergruppe. Die vier Leute trauen sich einfach nicht über den Weg und die flirrende Hitze beruhigt die Lage in keiner Weise. Während der Fahrt bilden sich Allianzen zwischen einzelnen Mitgliedern, die wieder aufgekündigt werden. Gewalt bricht sich ihren Raum. Jeder einzelne könnte mit seinem Anteil am Coup als reicher Mann leben, aber das gegenseitige Misstrauen lässt diese Freiheit des Willens nicht zu. In den Bildern des Films liegt deswegen eine elegische Tragik, weil das andere, das dem Klischee nach menschliche Verhalten, aufgrund der grenzenlosen Weite der Wüste als Möglichkeit erscheint. Vor allem Jean-Hugues Anglade als unberechenbarer Fahrer, der mit dem Truck gleich zu Beginn aus reinem Vergnügen eine Straßensperre aus zwei Jeeps durchbricht, forciert mit wildem Spiel den tragischen Gegensatz. Seine Figur hat die geistige Enge am offensichtlich sichtbarsten aufgesogen, aber das kontrollierte Verhalten des Denkers, dem zentralen Gegenspieler Anglades, ist auch nur eine Fassade. Dank eines Drehbuchs, das immer wieder neue, teilweise surrealistisch anmutende Szenen, bereithält, erweist sich "Sweat" als filmisches Vergnügen, das immer wieder auch ein paar krachende Actionelemente besitzt.

Bildqualität

Das Bild ist der DVD ist schlicht ausgezeichnet. Keinerlei Verunreinigungen oder Bilddefekte stören die exzellent komponierte Ästhetik des Films. Alles erstrahlt in einer sehr guten Schärfe, so dass auch Details hervorragend zur Geltung kommen. Farbwiedergabe und Kontrast unterstützen den Look des Films auf effektive Weise. Rauschmuster sind bei diesem Transfer nicht zu sehen. Der einzige ganz kleine Wehrmutstropfen ist das leichte Konturenflimmern, das hier und da einmal zu sehen ist.

Tonqualität

Die deutsche Tonspur kann man getrost vergessen, da sie an Volumen nur ein billiger Abklatsch dessen ist, was der englische und französische Ton bietet. Der englische Ton läuft leider häufig deutlich asynchron, so dass man auch diesen nicht empfehlen kann. Seine räumliche Wirkung ist aber mit dem französischen Track identisch. Der französische 5.1.-Ton liefert eine räumliche Atmosphäre, wie man sie sich nur wünschen kann. In allen Actionszenen ertönen Effektgeräusche aus allen Boxen, so dass man sich manchmal selbst duckt, um nicht von einem Querschläger getroffen zu werden. Hubschrauber fliegen ebenso durch das heimische Wohnzimmer, wie die Musik die schöne räumliche Kulisse unterstützt. Anlass zur Kritik gibt es hier gar nicht.

Extras

Auf der ersten DVD ist es möglich, per Multi-Angle-Funktion die französische mit der englischen Fassung zu vergleichen. Das erweist sich jedoch als recht schwierig, da man überhaupt nicht weiß, wann Unterschiede auftreten. Der Test ergab in manchen Szenen eine leicht veränderte Kameraposition, so dass beispielsweise mehr oder weniger Himmel zu sehen ist. Besonders augenfällige Unterschiede konnten nicht festgestellt werden, so dass hier mehr Marketing als Nutzen der Leitgeber gewesen sein dürfte.
Zusätzlich enthält die DVD einen Audiokommentar von Louis-Pascal Couvelaire (Regie), Michel Abramowicz (Kamera), Samuel Hadida (Produktion) und Leslie Porter (Produktion). Hier geht es hauptsächlich um die Drehbedingungen in der Wüste, die durch viel Sand und Hitze erschwert wurden. Anhand der Actionszenen erläutern die Beteiligten auch, wie die technische Realisation des Films funktionierte. Im Grunde genommen ist der Audiokommentar über weite Teile ein anschauliches Making Of.

Das übrige Bonusmaterial ist auf einer zweiten DVD enthalten. Das 11minütige Making Of liefert lediglich PR-Material. Wer daran interessiert ist, wie der Film gedreht wurde, sollte sich den Audiokommentar anhören.
Hinter der 45minütigen Dokumentation "Abenteuer in der Wüste" verbirgt sich untertiteltes B-Roll-Material, das in einigen seltenen Fällen durch Interviewschnipsel der Beteiligten aufgelockert wird. Insgesamt bleibt das Material durch die weitgehende Nichtaufbereitung jedoch langweilig.
"Fahrt durch den Tunnel" beschäftigt sich in vier Minuten mit der Tunnelszene. Hier sieht man in den B-Roll-Szenen wenigstens ein wenig, wie der Tunnel künstlich aufgebaut wurde. Dennoch hätte man sich auch hier aufbereitetes Material gewünscht.
Deutlich besser ist der 6minütige Beitrag "Die Lastwagen". Hier erläutert der Pruduktionsdesigner Jimmy Vansteenkiste seine Arbeit an den LKWs. Gleichzeitig sieht man hier auch die auf einem Lastwagen montierte Bühne, auf der wiederum ein Karosseriemodell des Filmtrucks aufgebaut wurde, um die Szenen während der Fahrt filmen zu können.
"Geschnittene Szenen" enthält einzelne längere Versionen im Film enthaltener Szenen sowie alternative Versionen. Durch den Kommentar des Regisseurs erhält dieser Beitrag ebenso zusätzliche Qualitäten wie die kurze Outtakerolle mit Missgeschicken.
Das animierte Storyboard einer Actionszene sowie Trailer und Teaser runden die DVD ab.

Fazit

Mit faszinierenden Bildern komponiert Regisseur Louis-Pascal Couvelaire einen temporeichen Actionthriller, der seine elegische Tragik aus dem Gegensatz zwischen möglicher Freiheit und geistiger Enge bezieht. Technisch ist die DVD exzellent. Das Bonusmaterial bleibt jedoch durchwachsen, da vor allem die Zusatz-DVD kaum interessante Beiträge bietet.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Sueurs (Frankreich 2002)
Länge 99 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Louis-Pascal Couvelaire
Darsteller Jean-Hugues Anglade, Joaquim de Almeida, Cyrille, Thouvenin, Nozha Khouadra, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS Deutsch; DD 5.1 Deutsch, Französisch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Louis-Pascal Couvelaire (Regie), Michel Abramowicz (Kamera), Samuel Hadida (Produktion) und Leslie Porter (Produktion); Making Of, Trailer, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung gut, Bonusmaterial durchwachsen