Wenn in einem stabilen dynamischen System ein Teil entfernt wird, dann ordnen sich die verbliebenen Teile neu, aber das System wird dadurch nicht zum erliegen kommen, es bewegt sich weiter. Das gesellschaftliche Leben ist so ein System und Regisseur John Farrow spiegelt es in seinem Film „Spiel mit dem Tode“ als unaufhörlich laufendes Räderwerk wieder. Die zentrale Figur in dem gesellschaftlichen Ausschnitt der Handlung ist der übermächtige Zeitungsverleger Earl Janoth. Er behandelt nicht nur seine Angestellten mit größtmöglicher Herablassung, er ermordet auch seine Geliebte im Affekt. Da er sich für unersetzlich hält, schickt Janoth seine rechte Hand in das Appartement mit der Leiche, um die Beweislage zu Ungunsten eines Dritten zu verändern. Nachdem das geschehen ist, beauftragt er den Leiter seines Kriminalmagazins, den Ersatztäter zu suchen. Der merkt jedoch schnell, dass er selbst der Sündenbock sein soll, während Janoth keine Ahnung hat, wer vor der Tat zusammen mit der Toten gesehen wurde. Jetzt muss der Leiter des Kriminalmagazins schnell Beweise gegen den waren Täter finden, bevor er sich bei der Verbrecherjagd selbst als vermeintlicher Mörder enttarnt.
Neben seinem metaphorischen Kern lebt der Film von der perfekten Übersetzung der Thematik eines ineinandergreifenden Räderwerks in seine Dramaturgie. Sobald die Jagd auf den Sündenbock eröffnet ist, entwickelt sich ein kniffliges Duell der beiden Systemteilnehmer, die ihre entgegengesetzten Interessen durch geschicktes Drehen an den jeweils zur Verfügung stehenden Stellschrauben zu erreichen suchen. Während Janoth die Jagd anhand der scheinbaren Beweise forciert und seine Angestellten zu immer größerer Eile antreibt, versucht der Leiter des Kriminalmagazins den aus seiner Sicht immer fataler ineinandergreifenden Bausteinen eine andere Gestalt zu verleihen. Neben den sichtbaren Ermittlungen führt er parallele Nachforschungen, die dem Puzzle neue Teile hinzufügen sollen, so dass eine völlig neue Form entsteht. Dabei sieht er sich nicht nur der Dynamik ausgesetzt, welche durch die Aktionen seines scheinbar übermächtigen Gegners immer stärker wird, seine Gegenaktionen drohen unter dem massiven Zeitdruck unterzugehen.
Das Netz, welches er selbst knüpfen muss, zieht sich langsam aber sicher zu, weil alle Räder des unaufhörlich in Bewegung befindlichen Systems zusammen passen. Je länger der Film dauert desto stärker entwickelt er eine klaustrophobische Atmosphäre der Ausweglosigkeit. Das geschlossene Mikrosystem des Verlags spiegelt dabei das gesellschaftliche Grundprinzip eines auf wirtschaftlichen Prinzipien aufgebauten Gemeinwesens wieder. Die bittere Note der darin zum Ausdruck kommenden Kritik an der Macht des Geldes liegt jedoch weniger in der prinzipiellen Erkenntnis, dass ein solches System dazu neigt, dem wirtschaftlichen Erfolg jegliche Moral unterzuordnen, sondern vielmehr darin, dass buchstäblich jeder ersetzbar ist, ohne das das System schaden nimmt. Wenn eine Lücke entsteht, dann hakt es für kurze Zeit, aber das zerdrückte Element fügt sich als Schmierstoff ins Räderwerk ein und etwas anderes stößt in die Lücke. Der Dynamik tut das sogar gut.
Bildqualität
Das Bild kommt nicht ohne Verschmutzungen und leichte Verregnung sowie ein paar zarte Laufstreifen aus. Diese analogen Beeinträchtigungen treten aber nur selten in Erscheinung. Die Schärfe ist vor allem angesichts des Filmalters sehr ordentlich. Ein bisschen waschen die Konturen jedoch aus. Gegenüber dem ähnlich gelagerten Film „Die blaue Dahlie“ weist das Bild einen höheren Detailreichtum auf. Der Kontrast überzeugt mit einer ausdrucksstarken Schwarzweiß-Zeichnung. Das Bild fällt oftmals recht körnig aus, ohne dass sich das störend in den Vordergrund spielt. Sonstige Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.Tonqualität
Für den Ton gelten die üblichen Ausführungen zu älteren, aber ordentlichen Mono-Spuren. Die Dialoge sind in beiden Fassungen klar und verständlich. Während der englische Ton organischer in die Umgebung eingefügt ist und ein wenig dumpf klingt, wirkt die neuere der beiden deutschen Synchronisationen durch die Überbetonung der Dialoge künstlich. Die alte Synchronisation klingt noch ein bisschen dumpfer als der englische Originalton.Extras
Neben dem Trailer und einer Bildergalerie ist ein 11seitiges Booklet enthalten, das ein paar Informationen zur Produktionsgeschichte liefert und den Film inhaltlich ins Genre einordnet.Fazit
„Spiel mit dem Tode“ überzeugt auf metaphorischer Ebene, indem er die Gesellschaft als übermächtiges System darstellt, das in seiner Dynamik ohne Rücksicht über den Einzelnen hinweg geht. Durch die geschickte Inszenierung der Zeit entwickelt sich ein hochdramatisches Thriller-Duell, das Eleganz und Spannung ausstrahlt. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters sehr ordentlich.Stefan Dabrock
Originaltitel | The big Clock (USA 1948) |
Länge | 91 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | John Farrow |
Darsteller | Ray Milland, Charles Laughton, Maureen O’Sullivan, u.a. |
Format | 1:1,33 (4:3) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch |
Untertitel | Englisch |
Extras | Bildergalerie, Trailer, 11seitiges Booklet |
Preis | ca. 15 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch sehr ordentlich |