Häppchen-Pathos

Speer der Rache

Speer der RacheIndianer spielen im Western-Genre nur selten eine Hauptrolle und wenn sie doch einmal im Zentrum der Handlung stehen, dann sorgt von ein paar Ausnahmen („Der gebrochene Pfeil“, Regie: Delmar Daves, 1950; „Der große Apache“, Regie: Robert Aldrich, 1954) abgesehen das niedrige Budget oftmals für eine entsprechend harmlose Umsetzung. George Shermans „Speer der Rache“ stellt den legendären Häuptling Crazy Horse in den Mittelpunkt seines Indianer-Dramas. Als kleiner Junge wohnt Crazy Horse der Prophezeiung Brave Bears bei, der auf dem Sterbebett einen großen Krieger ankündigt. Dieser werde die Sioux von Sieg zu Sieg führen, um schließlich durch einen indianischen Verräter zu sterben. Da Brave Bear auch die Zeichen offenbart, welche mit dem zukünftigen Sioux-Häuptling einhergehen, kommt Crazy Horse nach vielen Jahren und einer immer untrüglicheren Übereinstimmung mit Brave Bears Worten zu dem Schluss, dass er der große Häuptling ist. Als die Weißen in das Gebiet der Sioux ziehen, weil die Kunde dortiger Goldlagerstätten die Runde macht, beginnt Crazy Horse einen Feldzug gegen die amerikanische Armee sowie in das Indianergebiet eindringende Siedler. Ihm gegenüber steht aber nicht nur die Feuerkraft der Blauröcke. Denn in der Armee dienen auch indianische Scouts, unter denen sich ein ehemaliger Sioux befindet, der aufgrund einer Auseinandersetzung mit Crazy Horse aus dem Stamm verbannt worden war.

„Speer der Rache“ gehört zu den wenig sehenswerten Western, da es ihm an keiner Stelle gelingt, der Crazy-Horse-Interpretation eine konzeptionelle Dichte zu verleihen. Ausgehend von der Prophezeiung Brave Bears quält Sherman den Zuschauer immer wieder mit kleinen pathetischen Häppchen, welche Crazy Horse' Bestimmung verdeutlichen soll. In mehreren Szenen reitet eine Indianererscheinung zu elysischen Klängen über den Himmel. Diese Visualisierung ist nicht nur Ausdruck des unerträglichen Kitsches, welche die Indianerfigur ihrer Realität und damit ihrer Würde beraubt, sie passt auch in keiner Weise zur restlichen Speer der Rache Inszenierung, die ein vergleichsweise nüchternes Bild der amerikanischen Ureinwohner zeichnet. Die Darstellung des dörflichen Leben ist zwar weit von der harten Realität der Verhältnisse im 19. Jahrhundert entfernt, aber Sherman vermeidet Bilder, welche eine allzu große Idylle heraufbeschwören. Im Ergebnis präsentiert der Film immer wieder kleine Überhöhungs-Miniaturen, denen jedoch keine erzählerische Substanz gegenüber steht, da neben dem nüchternen Alltagsleben auch nüchterne Kampfszenen das Bild des Filmes prägen.

Die Auseinandersetzungen mit dem weißen Gegner erschöpfen sich in ein paar harmlosen Reit- und Schussszenen, die in keinem Verhältnis zur großkotzigen Ankündigung des überragenden Indianer-Häuptlings stehen. Seinen Offenbarungseid leistet „Speer der Rache“ schließlich beim Sieg der Sioux über General Custer. Da offensichtlich überhaupt kein Budget für eine Schlachtszene vorhanden war, handelt der Film dieses zentrale Ereignis der Crazy-Horse-Biographie mit ein paar Standbilderüberblendungen und einer einstelligen Anzahl an dekorativ drapierten Soldatenleichen ab. Dieses Missverhältnis ist symptomatisch für die inkonsistente Zusammenstellung der verschiedenen Inszenierungselemente. Die Figur des Crazy Horse geistert deswegen mit flatterhafter Lächerlichkeit durch einen Film, der doch eigentlich durch die Konzentration auf eine Indianerfigur um mehr Würde bemüht sein sollte.

Bildqualität

Speer der RacheDas Bild weist kaum Defekte oder Verschmutzungen auf, so dass man angesichts des Filmalters ein Kompliment aussprechen muss. Die Schärfe ist trotz des deutlich sichtbaren analogen Rauschens gut. Die kräftigen Farben sorgen für eine gelungene Westernoptik. Der ausgewogene Kontrast erzeugt ein plastisches Bild, die leichten Helligkeitsschwankungen lassen sich verschmerzen.

Tonqualität

Der englische Originalton klingt dumpfer und damit weniger künstlich als die deutsche Synchronisation. Dafür besitzt er ein leiches Rauschen, das beim deutschen Ton weniger ausgeprägt ist. Die Dialoge lassen sich in beiden Fassungen gut verstehen, die deutsche Synchronisation weist leichte Verzerrungen in den Höhen auf.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus dem Trailer, einer Bildergalerie und einem im launigen Plauderton geschriebenen Booklettext, der dem Film nicht gerade gewogen ist.

Fazit

Die krude Mischung aus Miniaturpathos und ansonsten schlichter Inszenierung verhindert, dass der Film ein irgendwie geartetes Bild des Indianerhäuptlings Crazy Horse entwickelt. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Chief Crazy Horse (USA 1955)
Länge 84 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie George Sherman
Darsteller Victor Mature, Suzan Ball, John Lund, Ray Danton, u.a.
Format 1:2,55 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Bildergalerie, Trailer, Booklet
Preis ca. 15 EUR
Bewertung schlecht, technisch angesichts des Filmalters gut