Mord als Abenteuer

Die Sonntagsfrau

Die Sonntagsfrau„Die Sonntagsfrau“ sollte man sich nach Möglichkeit nicht mit der Erwartung an einen italienischen Thriller ansehen, vor allem dann nicht, wenn dabei zusätzlich die Liebe zum Giallo mitschwingt. Denn Luigi Comencinis Film nutzt die Krimihandlung in erster Linie dazu, bissige Seitenhiebe auf die höhere Turiner Gesellschaft zu landen. Der Ausgangspunkt für das bunte Treiben ist der Mord an einem Architekten, dessen Beliebtheit sich in engen Grenzen gehalten hat. Da die Spur in höhere Kreise zu führen scheint, erhält der erfahrene Commissario Santamaria den Auftrag, behutsame Ermittlungen zu führen. Dabei trifft er unter anderem auf die gelangweilte Industriellenehefrau Anna Carla Dosio, die nicht nur davon begeistert ist, plötzlich eine Mordverdächtige zu sein, sondern auch stets mit geheimnisvoller Ausstrahlung auftritt. Sie bringt sich aktiv in die Aufklärungsarbeit ein, um den Mordverdacht auszuräumen. Im Zuge der Ermittlungen hat es Commissario Santamaria aber nicht nur mit Anna Carla Dosios reizendem Charme zu tun, er muss auch das Puzzle aus Phallusskulpturen, Kunsthändlern, Turiner Brunnen und Prostituierten in Weinbergen zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen.

Die Krimihandlung des Films dient im Wesentlichen dazu, das Geschehen am Laufen zu halten. Natürlich bedient Regisseur Luigi Comencini an ein paar Stellen auch die Genre-Anforderung nach Spannungsszenen, hält sich aber über weite Strecken damit zurück. Vor allem die Sequenz auf dem Trödelmarkt „Balon“ ist als elegantes Aufeinandertreffen der verschiedenen Charaktere inszeniert, so dass Comencini durch die unerwarteten Begegnungen der einzelnen Figuren eine perfekte Mischung aus Komik und Spannung erzeugt. Die trubelige Unübersichtlichkeit des Marktes sowie die unklaren Motive der zentralen Charaktere sorgt für eine stetig ansteigende Stimmung des Unbehagens, bis sich das Geschehen in einem tragischen Akt entlädt. Die amüsanten Dialoge und Seitenhiebe haben folglich eine bittere Dimension, die fest in das satirische Gerüst eingebettet ist. Anna Carla Dosio, die Ehefrau Die Sonntagsfrau eines Industriellen, ist in ihrem Leben derart gelangweilt, dass sie die Vorstellung, des Mordes verdächtig zu sein, mit amüsanter Freude vernimmt. Das ist ihre Chance, einmal etwas „aufregendes“ zu erleben. Sie degradiert den Mord zu einem reinen Abenteuer, ohne seine grausame Natur im Ansatz zu würdigen. Entsprechend engagiert begleitet sie die Ermittlungen Santamarias. Der Commissario, der nicht aus Turin stammt und somit ein gesellschaftlicher Außenseiter ist, fungiert als eine Art Entdecker im zunehmend bizarrer wirkenden Geflecht der höheren Turiner Schichten. Sexuelle Neigungen, verfilzte Strukturen und Animositäten malen im Verlaufe des Films ein anderes Bild, als sich die handelnden Akteure gerne selbst geben. Comencini kann sich bei der gesellschaftlichen Demaskierung auf die locker formulierten, treffsicheren Dialoge verlassen, welche dem ganzen Geschehen die vordergründig heitere Note verleihen. Gerade die Verknüpfung geistreichen Witzes mit der dahinter zum Vorschein kommenden Bitterkeit, welche sich aus dem absurden Maskenball der eitlen Selbstdarstellung speist, verleiht dem Film eine brillante Atmosphäre widerstreitender Stimmungen.

Bildqualität

Die SonntagsfrauDas weitgehend saubere Bild der DVD besitzt eine zumeist angenehme Schärfe, die hier und da leichte Schwächen bei den Konturen sowie der Detaildarstellung aufweist. Insgesamt aber kann man mit der Schärfe angesichts des Filmalters zufrieden sein. Die Farben sind hier und da ein bisschen ausgebleicht, machen ansonsten aber einen frischen Eindruck. Der gute Kontrast sorgt für ein plastisches Bild. Nennenswerte Rauschmuster liegen nicht vor. Inwieweit das Bildformat korrekt ist, lässt sich nicht ohne Weiteres zweifelsfrei feststellen. Es fallen aber keine abgeschnittenen Bildinhalte auf, so dass der Film im Normalformat gedreht worden sein könnte.

Tonqualität

Die beiden Mono-Tonspuren bieten klare und verständliche Dialoge ohne nennenswerte Verzerrungen oder störendes Hintergrundrauschen, so dass der Ton eine gute Figur macht. Die italienische Tonspur wirkt ein wenig natürlicher als die deutsche Synchronisation.

Extras

Die Featurette „Sunday Lights“ (etwa 20 Minuten) enthält ein Interview mit Kameramann Luciano Tovoli, der die Bedingungen sowie die Setatmosphäre beim Dreh des Films „De Sonntagsfrau“ Revue passieren lässt. Darüber hinaus äußert er sich über Schauspieler Marcello Mastroianni und vergleicht die Filmarbeit damals mit heute. Der Trailer, eine Bildergalerie sowie ein 8seitiges Booklet (etwa drei Seiten Text), in dem Guiskard Oberparleiter ein paar Hintergründe zu „Die Sonntagsfrau“ zum Besten gibt, runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Die Sonntagsfrau“ spießt das gesellschaftliche Leben höherer Turiner Kreise mit satirischer Finesse und bitteren Untertönen auf. Die Krimihandlung hält das Geschehen dabei eher am Laufen, als intensive Spannung zu produzieren. Technisch ist die DVD recht gut geraten.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel La Donna della domenica (Italien 1975)
Länge 105 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Luigi Comencini
Darsteller Marcello Mastroianni, Jacqueline Bisset, Jean-Louis Trintignant, Aldo Reggiani, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch
Untertitel Deutsch
Extras „Sunday Lights”, Bildergalerie, Trailer, 8seitiges Booklet
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gut, technisch recht gut