Der kommerziell erfolgreiche Film „Blair Witch Project“ (1999) hat für die DVD-Industrie den Vorteil, dass sich gleich zwei Regisseure (Daniel Myrick, Eduardo Sánchez) für das Werk verantwortlich zeichnen. Damit erhöht sich natürlich auch die Zahl der Filme, die mit dem Spruch „Vom Regisseur von 'Blair Witch Project'“ oder „Der neue Horrorschocker vom Regisseur von...“ beworben werden können. „Solstice“, das amerikanische Remake der schwedisch-dänischen Koproduktion „Midsummer“, ist ein solcher Film. Auf dem Regiestuhl saß Daniel Myrick. Die Geschichte dreht sich um die Teenagerin Megan, deren Zwillingsschwester Sophie vor kurzem Selbstmord begangen hat. Davon lässt sich Megan aber nicht abhalten, mit Ihren Freunden zusammen das großzügige Landhaus Ihrer Eltern zu besuchen, das an einem nahe gelegenen See der Südstaaten-Sumpflandschaft liegt. Dort wollen sie die Sommersonnenwende feiern. Schon auf dem Weg dorthin stolpert Megan über einen Zeitschriftenartikel, in dem es um die Nähe zwischen dem Reich der Toten und den Lebenden geht, die gerade in der Sommersonnenwendnacht am größten ist. Natürlich widerfahren Megan schon kurz nach dem Eintreffen am Landhaus seltsame Dinge. Ein Schlüssel ihrer Zwillingsschwester, den sie zusammen mit den anderen Sache Sophies verpackt hat, taucht immer wieder auf. Ganz offensichtlich möchte ihr jemand ein Zeichen geben. Nach weiteren mysteriösen Ereignissen geht sie schließlich der „Aufforderung“ nach und kommt einem düsteren Geheimnis immer näher.
Wenn die Werbestrategen, die für den obigen Spruch verantwortlich sind, „Solstice“ tatsächlich für einen Horrorschocker halten, dann fürchten sich diese Leute vermutlich bereits vor dem Aufwachen, dem nächsten Tag oder dem Klingeln des Postboten. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die DVD das Etikett „Keine Jugendfreigabe“ trägt, weil einer oder mehrere der enthaltenen Trailer und nicht etwa der Hauptfilm (FSK 16) diese Freigabe bekommen hat, dann wird die Angelegenheit ärgerlich. Denn der Verlierer der unwissendlichen oder wissendlichen (was zutrifft kann hier nicht abschließend beurteilt werden) Täuschung ist der Film. Das Publikum, das „Solstice“ etwas abgewinnen könnte, wird zu einem gewissen Teil vergrault, und diejenigen, die aus der FSK-Freigabe und dem Werbespruch etwas schließen, können nur enttäuscht werden. Dabei ist „Solstice“ durchaus ein solider Film, der Dramaelemente mit einem gut funktionierenden Gruselfaktor verbindet. Für Megan ist der Ausflug in das Landhaus Teil ihrer Trauerarbeit, deren aufwühlenden Charakter der Film mit Hilfe der Spannungselemente spiegelt. Insofern legt Daniel Myrick ein sehr ruhiges Tempo an, das sich von kleinen Irritationen bis zum schnellen Gruselfinale steigert.
Je näher Megan der Lösung kommt, desto angespannter ist sie. Das liegt vor allem auch am interessantesten Aspekt der Geschichte. Schon früh zeigt der Film Megan vor dem Spiegel. Die Dopplung ihres Abbildes verdeutlicht die Einheit zwischen Megan und Sophie, die Teil der selben Persönlichkeit sind. Insofern verschmelzen in ihr Diesseits und Jenseits zu einer spirituellen Note, die eng mit der Schuldfrage verknüpft ist, die sich aus dem Geheimnis der Vergangenheit ergibt. Die Verführte trägt die Last der Schuld, während die Verführbare um Wiedergutmachung kämpfen muss. Sowohl Sophie als auch Megan erliegen demselben Jungen, der eine wichtige Rolle in der Angelegenheit spielt. Während ihm Sophie erlegen ist, hat Megan noch die Chance, zu widerstehen. Innerhalb des spirituellen Konzeptes muss der verführte Teil seine Existenz im Diesseits aufgeben, um im Geisterreich zu büßen. „Solstice“ erzählt folglich eine Geschichte über einen spirituellen Reinigungsvorgang. Dabei leistet er sich die Schwäche, das innere Geschehen der Hauptfigur fast nur mit Hilfe der Spannungsszenen zu inszenieren. Auf der klassischen Dramaebene spielt sich zu wenig ab. Das liegt zum einen an fehlenden Szenen dieser Art und zum anderen an der Darstellerin Elisabeth Harnois, die zwar ganz solide spielt, aber nicht die Klasse hat, um auch in ganz gewöhnlichen Szenen mit nuancierter Darstellung entsprechende Facetten zu verdeutlichen.
Bildqualität
Das blitzsaubere Bild der aktuellen Produktion präsentiert sich mit sehr guter Schärfe, die keine Schwächen offenbart. Die kräftigen Farben überzeugen genauso wie der sehr gute Kontrast für ein plastisches Bild sorgt. Nennenswerte Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.Tonqualität
Die 5.1.-Spuren können sich aufgrund der ruhigen Machart des Films nur selten mit räumlichen Effekten auszeichnen und wenn sie, wie im Finale auftreten, dann bleiben sie zusätzlich ein wenig verhalten. Die Dialoge aber sind klar und verständlich, störende Rauschen existiert nicht.Extras
Bei den Interviews mit den Darstellern (zusammen etwa 22 Minuten) handelt es sich zumeist um übliche Werbeaussagen, in denen Regisseur, Drehbuch und wahlweise auch die anderen Darsteller oder der Kameramann gelobt werden. Daneben dürfen die Interviewten auch zum Besten geben, ob sie an Übernatürliches glauben. Das unkommentierte B-Roll-Material (etwa 23 Minuten), einer Bildergalerie und der Ttrailer runden das Bonusmaterial ab. Deutsche Untertitel existieren nicht, so dass man englisch können muss, um mit dem Bonusmaterial etwas anfangen zu können.Fazit
„Solstice“ erzählt eine spirituelle Geschichte um Schuld und Reinigung, die mit solidem Gruselfaktor aufwarten kann. Das innewohnende Drama bleibt auf der darstellerischen Ebene leider unterbelichtet. Technisch ist die DVD gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Solstice (USA 2008) |
Länge | 87 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | Daniel Myrick |
Darsteller | Elisabeth Harnois, Shawn Ashmore, Tyler Hoechlin, R. Lee Ermey, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Interviews, Trailer, u.m. |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | solide, technich gut |