„Einer der besten Horrorfilme des Jahres“ (Slasherpool) steht prominent platziert auf dem Cover der DVD. Abgesehen davon, dass das englischsprachige Originalzitat von einem „Independent horror flick“ spricht und folglich eine Menge Horrorfilme des fraglichen Jahres in der Bewertung ausgeklammert bleiben, scheint mir folgender Absatz aus der gleichen Rezension ganz interessant zu sein:
„Dieser Film ist möglicherweise nicht für jeden geeignet und viele werden dieser Bewertung vielleicht nicht zustimmen. Das könnte vor allem für Teenies gelten, die Horrorfilme mit mehr Action und Gore mögen. Ich weiß nicht, warum ich den Film so sehr schätze. Er ist einfach sehr altmodisch und das mag doch jeder, oder? Fans von „Last House on the left“ und „House at the Edge of the Park“ sollten ihn nicht verpassen“.
Aber nun zum Film selbst, um den die vermarktungstechnische Legende gestrickt wurde, es handele sich um ein verschollenes Werk aus den 70ern. Die Hauptfigur Jennifer rastet aufgrund ihres Kindheitstraumas bei einem Pornodreh aus. Ihr Partner in der Szene trägt einen gequetschten Hoden sowie ein zerkratztes Gesicht davon, sie muss in die Psychiatrie. Nachdem sie unter der Bedingung entlassen wird, eine Zeit bei ihren Eltern zu wohnen, gerät sie auf einer Wüstenstraße in Konflikt mit ein paar lüsternen Kerlen. Doch im richtigen Moment tauchen ein paar wie Hippies aussehende junge Leute auf, welche die sexbesessenen Männer erledigen. Am abendlichen Lagerfeuer berichtet eine ältere Frau über das berüchtigte Slaughterhouse of the Rising Sun, in dem die Landbevölkerung ein paar Prostituierte brutal ermordet haben sollen. Da Jennifers Wagen erst in ein paar Tagen repariert werden kann, macht sie sich mit den neuen Bekannten auf den Weg zum düsteren Haus.
„Isebel ... im Englischen oft Jezebel geschrieben ist der Name zweier Frauen in der Bibel. Bekannteste Namensvertreterin ist Isebel, eine phönizische Prinzessin, die im 9. Jh. v. Chr. lebte... . Sie heiratete König Ahab von Israel,... . Im Alten Testament wird Isebel die Verantwortliche für Ahabs Missetaten, ihr wird vorgeworfen, für die Ermordung zahlreicher Jahwe-Propheten verantwortlich zu sein, ... . Der biblische Bericht hat dazu beigetragen, dass der Name Isebel zum Synonym für eine hinterhältige, boshafte Frau geworden ist“ (Wickipedia).
Der Name Jezebel bekommt im Verlaufe des Films eine Bedeutung für die Handlung, welche nicht näher ausgeführt werden soll, da sonst zu viel vorweggenommen werden würde. Wichtig ist im Zusammenhang mit einer Bewertung des Films zunächst nur die starke religiöse Konnotation, welche sich über einige der anderen Namen aus der Hippietruppe fortsetzt. Damon (stets wie „Demon“ - Dämon – ausgesprochen) Grey, Sabbath Jones, Guilty Karma, oder Doc Warlock (Doktor Hexenmeister) sind sprechende Namen wie sie im Buche stehen. Der Film erhält auf diese Weise eine okkulte Note, die ihn vollständig von den angeblichen, erdigen Vorbildern „Texas Chainsaw Massacre“, „The Hills have Eyes“ oder „Last House on the left“ entfernt. Ihre grimmige Dreckigkeit, die in der absichtlich verwaschenen Optik des Films „Slaughterhouse of the Rising Sun“ noch anklingt, wird durch einen spirituellen, abgehobenen Schrecken ersetzt.
Das Ergebnis ist ein Film wie „Texas Chainsaw Massacre“, den ein böser Geist in Besitz genommen hat. Sein Eindringen in den Genrekontext des Terrorkinos entfernt das Werk aus seiner gesellschaftlichen Verankerung und verortet es in einem irrealen Raum religiösen Wahns, der aufgrund der stark okkulten Note wenig mit realem religiösen Fanatismus zu tun hat. Auf der visuellen Ebene spiegelt sich das in den psychotischen Traumsequenzen wieder, die Jennifer des öfteren heimsuchen. Realität, Kindheitstrauma und Drogenerfahrungen fließen so stark ineinander, dass sie nicht mehr zu trennen sind. Deswegen lässt sich „Slaughterhouse of the Rising Sun“ letztlich nur noch als Grenzerfahrung der Hauptfigur lesen, die jedoch ihrerseits so wenig griffig bleibt, dass auch sie nur als irreales Phantasieprodukt erkennbar ist. Das resultierende Geflecht ineinander verwobener Traum- und Wahnebenen läuft folglich ins Leere, so dass auch die vermeintlichen Spannungsszenen keine Wirkung entfalten können.
Bildqualität
Der Film sieht letztlich so aus wie das die Macher mit ihrer Legende um das angeblich verschollene Werk aus den 70er Jahren beabsichtigt haben, wobei er dafür im Prinzip noch viel zu gut aussieht. Das Bild ist etwas matschig, hier und da sind absichtliche Laufstreifen zu sehen. Die Farben wirken leicht ausgewaschen. Ein leichtes Grundrauschen ist stets präsent. Der Kontrast lässt manche Flächen überstrahlen. All das ist aber kein Fehler der DVD, sondern Teil des visuellen Konzepts. Das leichte Blockrauschen hingegen geht auf das Konto der DVD. Insgesamt ein guter Transfer.Tonqualität
Der englische Original-Ton im 2.0-Format besitzt keinerlei künstliche Alterungen, so dass die Dialoge rauschfrei aus den Boxen erklingen. Hinzu kommt eine sehr gelungene Musikuntermalung, welche mit der notwendigen Dynamik ertönt. Wer es unbedingt möchte, kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix anhören.Extras
Die etwa sechsminütige Deleted scenes-Rolle zeigt neben den eher unerheblichen entfernten Szenen in Zwischenschnitten immer wieder die am Lagerfeuer versammelten Schauspieler in ihren Hippiekostümen, welche gemeinsam musizieren und Alkohol trinken.
Die beiden Making Of-Teile „Losing the Light“ (etwa 15 Minuten) und „Aftermath“ (etwa 10 Minuten) bauen auf sehr amüsante Weise den erfundenen Hintergrund, es handele sich um einen echten 70er-Jahre-Film, aus. Am Dreh Beteiligte berichten über die sozialpsychologischen Verwerfungen während der Produktion sowie die tragischen Umstände, mit denen das Projekt schließlich abgeschlossen wurde. Sehr liebevoll gemacht.
Fazit
„Slaughterhouse of the Rising Sun“ verirrt sich in den selbst angelegten Tunneln seines dramaturgischen Geflechts. Keine Figur besitzt eine erfassbare Charakterisierung, sei es auf handfester oder metaphorischer Ebene, so dass der Film ins Leere läuft. Technisch ist die DVD gut, das Bonusmaterial übertrifft den Film an Qualität.Stefan Dabrock
Originaltitel | Slaughterhouse of the Riising Sun (USA 2003) |
Länge | 78 Minuten (Pal) |
Studio | Atomik-Films |
Regie | Vin Crease |
Darsteller | Cheryl Dent, Vin Crease, Michele Morrow, u.a. |
Format | 1:1,78 (16:9) |
Ton | DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Entfallene Szenen, u.m. |
Preis | ca. 20 EUR |
Bewertung | schwach, technisch gut |