Der verlorene Sohn

Skin

SkinDie Geschichte des Spielfilms „Skin“, welche laut DVD-Cover auf einer wahren Begebenheit beruhen soll, ist kaum fassbar. Frankie, der Sohn eines jüdische KZ-Überlebenden, gerät in den Niederlanden Ende 70er Jahre in den Einflussbereich einer Skinhead-Gang, die gegen Angehörige aus den ehemaligen niederländischen Kolonien und Punks agitiert. Ihrer rechten Gesinnung verleihen sie immer mehr auf gewalttätige Weise Ausdruck. Frankie fühlt sich von seinem Vater völlig unverstanden, so dass er nach eine emotionalen Zuhause sucht, das ihm die Skins bieten. Nachdem seine Mutter mit Krebs ins Krankenhaus eingeliefert wurde, ist auch der letzte ordnende Faktor im Familienleben weggebrochen. Vater und Sohn streiten sich nur noch, wenn sie sich sehen.

Bei allen Qualitäten, die „Skin“ aufgrund seines reduzierten Realismus besitzt, der sich großem Pathos verweigert, das Werk des niederländischen Regisseurs Hanro Smitsman scheitert an seiner kurzen Laufzeit. In 81 Minuten versucht Smitsman ein Familiendrama zu erzählen, das mit dem Holocaust-Bezug eine komplexe historische Dimension besitzt, Milieus wie Punks und Skinheads in das Geschehen zu integrieren und über die Schwierigkeiten Frankies, eine Identität zu finden, das tragische Auseinanderbrechen der Freundschaft zwischen Frankie und Jeffrey aufzufächern. Da Jeffrey von Bewohnern aus den ehemaligen niederländischen Kolonien abstammt, spielen Fragestellungen um Rassismus ebenfalls eine Rolle. Aus allen genannten Themenbereichen ergibt sich eine derart komplexe Geschichte, dass ihr Smitsman nicht einmal ansatzweise gerecht werden kann. Der reduzierte Realismus ist es nämlich, der als Grundansatz zwar zu einigen starken, weil authentisch wirkenden Szenen führt, angesichts der zahlreichen Dramen sowie unterschiedlichen Milieus in 81 Minuten Lauflänge aber völlig Skin überfordert ist. Nur eine symbolische mit kraftvoller Metaphorik angereicherte Bildsprache hätte über eine assoziative Wirkung die Welten lebendig werden lassen können, die im vorliegenden Film nur noch als stichwortartiges Echo sichtbar sind. Die Anziehungskraft der Skinhead-Gang, der sich Frankie schließlich mehr zufällig anschließt, bleibt ein völliges Rätsel, weil das Skinhead-Milieu selbst nicht über den immanenten Rassismus und gewalttätige Randale hinaus charakterisiert wird. Die Entwicklung Frankies, der sich nicht nur den Rechten anschließt, sondern damit auch seine Freunde wegstößt, ist ein absolutes Mysterium. Denn die Schwierigkeiten zwischen Vater und Sohn erklären zwar das Auseinanderdriften der Familie, aber nicht das Auseinanderdriften der Freunde. So bleibt am Ende das Schweigen zwischen Vater und Sohn in Erinnerung. Der traumatisierte KZ-Überlebende vermag nicht über sein erfahrenes Leid während des Holocaustes zu sprechen. Wenn das Thema angeschnitten wird, kommt es sofort zu kurzen Wortgefechten, die doch nur Ausdruck einer tiefen Sprachlosigkeit sind. Das hat etwas Bedrückendes an sich, das berührt.

Bildqualität

SkinDas halbwegs saubere Bild der DVD weist eine ansprechende Schärfe mit leicht weichen Konturen und einer durchschnittlichen Detailfreudigkeit auf. Die reduzierte Farbpalette kommt auf der DVD sehr gut zur Geltung. Der Kontrast könnte einen Tick prägnanter sein, ist aber in Ordnung. Die Körnigkeit der Vorlage wirkt wie ein bewusster Teil des visuellen Konzeptes, das sich einer rauen Bildsprache verschrieben hat. Sonstige Rauschmuster treten nicht nennenswert in Erscheinung.

Tonqualität

Der niederländische 2.0-Ton liefert eine ordentliche Vorstellung ohne besondere Höhen oder Tiefen ab. Die Dialoge sind klar verständlich und kommen ohne Verzerrungen aus. Die vorderen Lautsprecher werden auf solide Weise genutzt, wobei in manchen Szenen etwas mehr Druck gut gewesen wäre. Der deutsche 5.1-Upmix kann sich demgegenüber nicht besonders absetzen und bietet eine vergleichbare Qualität.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus dem Trailer.

Fazit

„Skin“ offeriert eine Vielzahl an Themen, Konflikten und Milieus, mit denen der Film in seinen 81 Minuten Laufzeit völlig überfordert ist. Seine größte Stärke besitzt „Skin“ in der Entwicklung der Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn. Technisch ist die DVD ansprechend.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Skin (Niederlande 2008)
Länge 81 Minuten (Pal)
Studio Ascot Elite
Regie Hanro Smitsman
Darsteller Robert de Hoog, John Buijsman, Juliann Ubbergen, Sylvia Poorta, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Niederländisch
Untertitel Deutsch
Extras Trailer
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gescheitert mit starken Momenten, technisch ansprechend