1978, als der Italowestern bereits die letzten Todeszuckungen durchlebte, drehte Lucio Fulci einen Genrebeitrag mit zutiefst humanen Zügen, auch wenn die Schießeisen nach wie vor ein gewichtiges Wort mitreden. Giuliano Gemma spielt darin den Pistolenschützen Roy Blood (!), der als kleiner Junge schon den Mörder seines Vaters ins Jenseits befördert hat. Blood ist seitdem mit dem Silbersattel des getöteten Mitgliedes des Barret-Klans unterwegs. Als er den Auftrag erhält, auf einem Friedhof Thomas Barret zu töten, glaubt Blood seine Rache vollenden zu können, da Barret als damaliger Drahtzieher für den Tod seines Vaters verantwortlich war. Auf dem Friedhof taucht aber nur Thomas Barret Jr., ein kleiner Junge auf. Roy Blood erkennt, dass er zum Handlanger einer üblen Schweinerei gemacht und obendrein auch noch selbst umgebracht werde sollte. Statt den Jungen zu töten, rettet er ihn, um fortan als Leibwächter wider Willen die Geschicke seines Schützlings zu leiten, obwohl es sich um einen Barrett handelt. Gleichzeitig sieht er die Chance, seine Rache zu zu vollenden.
Ein paar grimmige Momente, die über gängige Schießereien hinaus gehen, leistet sich Fulci in seinem schwungvoll inszenierten Italowestern. Innerhalb von etwa zehn Minuten wird man als Zuschauer Zeuge wie einer kleiner Junge mit einer Schrotflinte den Mörder seines Vaters in den Rücken schießt und eine der zentralen Nebenfiguren die Leichen eines Postkutschenüberfalls fleddert, für die vermutlich aber jemand anderes verantwortlich ist. Beides passiert aber mit einer für Fulcis späteren Stil gänzlich untypischen Beiläufigkeit, indem die Kamera nicht am grausamen Detail kleben bleibt, so dass erst die Reflexion des Gesehenen die darin steckende Härte offenbart. Später wird die Kamera noch ein bizarres Stillleben dahin gemeuchelter Mönche einfangen, das als Poesie der Grausamkeit sowohl Ehrfurcht angesichts des ewigen Friedens verbreitet, den die Gottesdiener nun gefunden haben, als auch die Niedertracht und Brutalität der Bösen innerhalb des Films dokumentiert.
In Gestalt des Hauptverantwortlichen schrecken sie nicht einmal vor dem Plan zurück, ein Kind ermorden zu lassen. Das aber geht gegen die moralischen Grundsätze Roy Bloods, der kein Problem damit hat, seine Waffe zum Töten einzusetzen, wohl aber damit, einen Jungen zu erschießen, der für die Taten seiner restlichen Familie nicht verantwortlich sein kann. Obwohl es sich dabei um einen Barrett handelt, sorgt Blood für dessen Schutz. Er beweist dadurch nicht nur eine Grundhaltung mit humanen Zügen, er schafft es auch, den Kreislauf der Gewalt einzuschränken, indem er sich auf die Schuldigen konzentriert und nicht eine Art Sippenrache im Stil einer Vendetta vollzieht. Das ist vor allem vor dem Hintergrund der oben erwähnten grimmigen Szenen bemerkenswert, welche die Welt, in der sich Roy Blood aufhält, als Ort mit roher Verwahrlosung charakterisieren. Umso stärker sticht seine Fürsorge heraus, mit der er Thomas Barrett Jr. begegnet. Sie steht als Akt der Nächstenliebe im klaren Gegensatz zur Gewalt, die zumeist profitorientiert ist. Dank einer ausgezeichneten Ausstattung, die selbst Scheunen wie kleine, lichtdurchflutete Kunstwerke erscheinen lässt, einer fließenden Kameraarbeit voller Eleganz sowie gelungener Optik besitzt „Silbersattel“ einen visuellen Reichtum zwischen Opulenz bei den Innenaufnahmen und karger Schönheit bei den Landschaftsszenerien. Beides lädt die emotionalen Pole der Grausamkeit sowie der Friedlichkeit mit größerer Kraft auf, da sich die Ausdrucksstärke der Bilder auch auf die Figuren und ihre Motivationen überträgt.
Bildqualität
Das Bild der DVD weist kaum Verschmutzungen oder Defekte auf, besitzt aber nur eine oftmals durchschnittliche Schärfe, da vor allem bei den Totalen wenig Details zu erkennen sind und die Konturen etwa matschig wirken. Innenaufnahmen sowie Nahaufnahmen fallen besser aus. Die Farben sind kräftig und geben den visuellen Stil sehr gut wieder. Der gelungene Kontrast sorgt für ein plastisches Bild. Nennenswerte Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.Tonqualität
Die Tonspuren besitzen eine unterschiedliche Qualität, da der englische sowie der italienische Ton etwas verzerrt klingt, so dass die Höhen leicht schrebbelig wirken. Der deutsche Ton hat mehr Volumen. Verständliche Dialoge liefern alle drei Tonspuren. Das Hintergrundrauschen fällt sehr schwach aus.Extras
Der Beitrag „Back in the Saddle“ (etwa 23 Minuten) besteht aus einem Interview mit dem Komponisten der Filmmusik Fabio Frizzi, der sich sehr lebhaft an die damaligen Anfänge seines Musikerlebens erinnert. Teilweise etwas konfus, aber stets informativ spricht er über die Zusammenarbeit mit seinen Kollegen, Fulci und seine Arbeit als Musiker. Der zweite Beitrag „A Lifetime in Editing“ (etwa 18 Minuten) mit dem Cutter Bruno Micheli, der bei einigen Filmen mit Fulci zusammengearbeitet hat, schließt sich der Qualität der Frizzi-Interviews an. Micheli erinnert sich interessanterweise vor allem an seine Ideen, bestimmte Filmgeräusche zu erzeugen, seine Schnittarbeit spielt nur eine untergeordnete Rolle. Zu Schluss erzählt er, wie die Zusammenarbeit mit Fulci auf wenig kommunikative Weise endete, ein spannendes Interview. Der deutsche Vorspann, der Trailer sowie einer Bildergalerie runden das Bonusmaterial ab.Fazit
„Silbersattel“ überzeugt mit einem gradlinig agierenden Giuliano Gemma als Roy Blood, dem es gelingt, die Rachegeschichte mit menschlichen Zügen ohne falsche Sentimentalität auf Seiten seiner Figur zu verkörpern. Die gute Kameraarbeit sorgt in Verbindung mit dem Inszenierungstempo für eine intensive Atmosphäre. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Sella d'argento (Italien 1978) |
Länge | 94 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | Lucio Fulci |
Darsteller | Giuliano Gemma, Sven Valsecchi, Ettore Manni, Gianni De Luigi, Cinzia Monreale, Geoffrey Lewis, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Featurette „Back in the Saddle”, Featurette „A Lifetime in Editing”, Deutscher Vorspann, Bildergalerie, Trailer |
Preis | ca. 13 EUR |
Bewertung | gut, technisch angesichts des Filmalters gut |