Während
der erste Sasori-Film mit einer Flucht beginnt und nach der schnellen
Ergreifung die Unterdrückung in Gefangenschaft thematisiert,
geht der zweite Beitrag zur Serie den umgekehrten Weg. Nami Matsushima,
genannt Sasori und die gefährlichste Gefangene Japans, schmort
in einer Kellerzelle, die sich unter dem normalen Zellentrakt befindet.
Da eine Inspektion von höherer Stelle ansteht, wird Sasori aus
dem Einzelverlies herausgeholt. Im Zuge des Aufsichtsbesuchs gelingt
ihr mit einer Gruppe Mitgefangener die Flucht. Gemeinsam ziehen die
Frauen durch die menschenleere Landschaft, welche das Gefängnis
umgibt. Ihr Ziel ist die Zivilisation, wo sie glauben, untertauchen
zu können. Mit gnadenloser Härte verfolgen der Gefängnisdirektor
sowie seine Einheiten die Flüchtlinge.
Ganze zwei Sätze spricht Sasori im gesamten Film. Erst klagt
sie einen Mitflüchtling an ("Du hast mich verraten"),
um wenige Sekunden später der verfolgenden Polizei eine Falschinformation
zu geben ("Sie sind alle tot" - gemeint sind Geiseln, welche
die entflohenen Frauen genommen haben). Die Sprache wird an dieser
Stelle zu einer tödlichen Waffe, da die Fehlinformation nicht
ohne Konsequenzen bleibt. Die Anklage an ihren Mitflüchtling
zuvor besitzt die Wucht eines Donnerhalls. Das Wort ist bei Sasori
nur noch Ausdruck der Härte, als Mittel des Leidens oder Wehklagens angesichts
der endlosen Demütigungen sowie Gewalttaten der Männer,
denen sie ausgesetzt ist, kommt es nicht mehr vor. Das Leiden der
Sasori findet nur noch in körperlichen Dimensionen statt. Ihre
Weigerung, die erlittenen Qualen durch jammerndes Geschrei nach außen
zu tragen, ist ihr Machtpotential und ihre Stärke gegenüber
dem Sadismus der Männer, die wie mickrige Schwächlinge erscheinen.
Diese Fähigkeit hebt Sasori von allen anderen Mitgefangenen ab,
die ihre Gefühlswelt lautstark nach außen tragen und die
eigene Position schwächen. Sasori ist nicht mehr Teil des dargestellten
ritualisierten Machtspiels, in dem die Männer stets die Oberhand
haben, sie führt eine entrückte Existenz jenseits solcher
Kräfte. Die dadurch erarbeitete Machtposition lässt sie
unmenschlich erscheinen, wodurch sie sich den Hass der Männer
sowie einiger Mitgefangener erwirbt. Sasori nimmt auf diese Weise
unangefochten die zentrale Position innerhalb des grellen Universums
ein, dessen bildgewaltige Elemente deswegen als surreale Anklage des
Patriarchats funktionieren. Das Gefängnis selbst, dem die Frauen
entfliehen, befindet sich in einer unwirtlichen, menschenleeren Ödnis,
in der keinerlei Mitgefühl zu Hause ist. Die Melancholie des
Herbstwaldes und verlassene Dörfer auf dem Fluchtweg künden
von der Abwesenheit des Guten. Trauer und Gewalt prägen die Szenerie.
Als eine der Mitgefangenen von sexgeilen Touristen vergewaltigt sowie
tot ins Wasser geworfen wird, verfärbt sich ein Wasserfall blutrot,
um ein niemals enden wollendes Requiem auf den menschlichen Umgang
der Geschlechter untereinander zu singen. Angefüllt mit solchen
visuell-gespenstischen Klagebildern zeichnet Shunya Ito ein tieftrauriges
Bild der Geschlechterbeziehungen, das zwischen greller Übersteigerung
und bittersüßer Melancholie changiert.
Bildqualität
Die Bildqualität entspricht der des ersten Teils: Sauber aufgeräumt präsentiert sich der Film in schönem Glanz auf der DVD. Wenn man etwas an der Veröffentlichung bemängeln möchte, dann ist es die Schärfe, die lediglich angenehm ist, vor allem die Konturen verwaschen. Angesichts des Filmalters sieht das Werk aber höchst respektabel aus. Die Farbwiedergabe ist gut. Ganz ohne Rauschen kommt die DVD nicht aus, das hält sich aber Grenzen. Der Kontrast hat leichte Schwierigkeiten, ähnlich farbige Bereiche voneinander abzugrenzen.Tonqualität
Beide 2.0-Spuren liefern eine gelungene Vorstellung. Rauschen ist fast gar nicht zu hören, Verzerrungen gibt es nicht. Die Dialoge sind klar und verständlich, die Musik ertönt ohne Schwächen.Extras
Das Bonusmaterial besteht aus einem Trailer und der Bildergalerie.Fazit
Mit geradezu elegischem Atem zaubert Shunya Ito eine bildgewaltige Anklage des Patriarchats auf den Bildschirm, die durch tieftraurige Klagebilder sowie grelle Überzeichnung geprägt ist. Technisch ist die DVD gelungen.Stefan Dabrock
Originaltitel | Joshuu sasori: Dai-41 zakkyo-bô (Japan 1972) |
Länge | 89 Minuten (Pal) |
Studio | Rapideye |
Regie | Shunya Ito |
Darsteller | Meiko Kaji, Fumio Watanabe, Kayoko Shiraishi, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Deutsch, Japanisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Bildergalerie, Trailer |
Preis | ca. 20 EUR |
Bewertung | gut, technisch gelungen |