Das Geisha-Aquarium

Sakuran – Wilde Kirschblüte

Yoshiwara war in der Edo-Zeit (1603 bis 1868) das große Vergnügungsviertel der Shogunatsstadt Edo, dem früheren Tokio. Hierhin wird auch die achtjährige Tomeki verkauft, die fortan den Namen Kiyoha tragen soll. Das bockige Mädchen beginnt dort ihre Geisha-Ausbildung und wird schon recht bald Zögling der Kurtisane Takao, die als Oiran den höchsten Rang in der Geisha-Gesellschaft bekleidet. Als junge Frau verdreht Kiyoha mit ihrem arroganten Charme den Männern den Kopf, die Yoshiwara besuchen. Ihre „Star“-Qualitäten lassen sie nach dem plötzlichen Tod Takaos schließlich zur Oiran aufsteigen, die sich letztlich zwischen der Liebe und dem abgehobenen Kurtisanendasein entscheiden muss.

Die aufstrebende Geisha Kiyoha wird folgerichtig von dem japanischen Popstar Anna Tsuchiya verkörpert, denn das entspricht mit all den Stärken und Schwächen der Kurtisaneninterpretation, die Regisseurin Mika Ninagawa in rauschhafte Bilder gegossen hat. Kiyoha ist der unbestrittene Star, deren Selbstinszenierungsqualitäten die Männer und ihre Konkurrentinnen herausfordert. Das Drama der Figur, die im Rang immer weiter aufsteigt, Liebesprobleme bekommt, schwanger wird und sich schließlich zwischen Liebe und Rang entscheiden muss, bleibt angesichts der gnadenlosen Stilisierung bloße Staffage und muss sich Sakuran – Wilde Kirschblüte mit der Funktion des Steigbügelhalters für die bedingungslose Starinszenierung begnügen. Diese steigert sich in eine visuelle Raserei hinein, in der Kostüme, Farben und Harmonie der Bildgestaltung zu einem bombastischen Korsett geraten, das alles andere in seine Welt einzwängt. Insofern reflektiert der überbordende Stil durchaus die oftmals innerhalb des Films gebrauchte Metapher, dass eine Geisha wie Goldfisch in einem Aquarium ist. Nur in der Gefangenschaft des Vergnügungsviertels kann sie ihre Schönheit im Sinne der rituellen Ausbildung – eine hochrangige Kurtisane beherrscht Tanz, Musik, Schach, Go, Ikebana (Blumensteckkunst) und die Kunst der Teezeremonie – behalten. Die Hinwendung Kiyohas zur Liebe bedeutet folglich eine Abwendung vom Dasein als Popikone hin zu einem gewöhnlichen Leben. Mika Ninagawa stellt diese Alternative dem ausgefeilten, überwältigendem visuellen Stil als kritische Reflexion an die Seite. Hinterfragt die Bilder, scheint sie dem Zuschauer entgegenzurufen.

Bildqualität

Die Bildqualität der DVD fällt absolut überzeugend aus. Ohne Defekte besitzt das Bild eine gute Schärfe, die kaum Schwächen besitzt. Die bunten Farben werden auf intensive Weise wiedergegeben, so dass sich die Atmosphäre des Films voll entfalten kann. Der sehr gute Kontrast unterstützt die visuellen Qualitäten auf effektive Weise. Das leichte Blockrauschen stört ebenso kaum wie das geringe Normwandlungsruckeln bei Bewegungen zu verschmerzen ist.

Tonqualität

Der japanische 5.1-Ton besitzt stärkere räumliche Qualitäten als sein deutsches Pendant. Im Übermaß sind sie genrebedingt aber auch da nicht vorhanden. Im Wesentlichen sorgt die Musik für Surroundaspekte. Die Dialoge sind in beiden Fassungen gut verständlich.

Extras

Das etwa 60minütige Making Of verfolgt in bewährter Manier die Dreharbeiten von der ersten bis zur letzten Klappe. Der Oberkommentar der Sakuran – Wilde KirschblüteRegisseurin des Making Of ordnet das B-Roll-Material ein und stellt Zusammenhänge zwischen Drehszenen und den psychischen Verfassungen der Hauptdarstellerin sowie der Regisseurin Mika Ninagawa her. Dadurch entsteht eine emotionale Dramaturgie, die dem Making Of die Qualität einer eigenen Erzählung verleiht. Interviewschnipsel mit verschiedenen Leuten des Filmteams ergänzen die B-Roll-Aufnahmen. Ein würdiges Making Of. Die Deleted Scenes zeugen teilweise von der visuellen Schaffenskraft der Produktion und ergänzen den fertigen Film als eine Art Fußnote. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

In rauschhaften Bildern lässt Regisseurin Mika Ninagawa das Geisha-Dasein während der Edo-Zeit im visuellen Gewand einer Popstarbiographie wieder auferstehen. Gleichzeitig setzt der Film der eleganten, optischen Wirklichkeit mit der Liebe einen Gegenentwurf zur Seite, welcher den Wert der schönen Bilder hinterfragt. Technisch ist die DVD gut, das Bonusmaterial auch.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Sakuran (Japan 2006)
Länge 111 Minuten (Pal)
Studio Rapid Eye Movies
Regie Mika Ninagawa
Darsteller Anna Tsuchiya, Kippei Shiina, Yoshino Kimura, Masanobu Ando, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras Deleted Scenes, Making Of, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung gut, technisch gut