Nach einigen Hollywood-Filmen drehte Jackie Chan seine letzten Werke „New Police Story“ (2004), „Der Mythos“ (2005) und eben „Rob-B-Hood“ (2006) wieder in Hongkong, um stärker auf den asiatischen Markt zugeschnittene Produktionen zu realisieren. Das gilt im besonderen Maße für „Rob-B-Hood“, mit dem Chan wieder zu seinem bekanntesten Genre zurück gekehrt ist, der Action-Komödie. Im Zentrum stehen drei durch Jackie Chan, Louis Koo und Hongkong-Film-Legende Michael Hui verkörperte Gauner, die alle ihr Kreuz zu tragen haben. Chans Figur liebt das Glücksspiel, so dass die Beute aus den Einbrüchen nicht lange in seiner Tasche bleibt. Aufgrund der Spielschulden wird auch seine Familie bedroht, die ihn deswegen in Person des Vaters verstößt. Koos Figur leistet sich Frauen mit teurem Geschmack, so dass auch er ständig auf neues Geld angewiesen ist. Huis Figur wird ironischerweise das Opfer eines Einbruchs, bei dem die Täter seinen gesamten Safe leer räumen. Seine Frau leidet unter zunehmender psychischer Instabilität. Als ein sehr lukratives Angebot für eine neue Diebstahltour auf den Tisch flattert, zögern die drei nicht, sich ans Werk zu machen. Als Chans und Koos Figur vor Ort feststellen, dass sie ein Baby rauben sollen, bekommen sie jedoch moralische Zweifel. Ihr Kollege, der ihnen in der Eile die Natur des Auftrags verschwiegen hatte, überzeugt die zwei, das Geld anzunehmen und zu verschwinden. Doch dann scheinen ihre Auftraggeber mit dem Baby dubiose Pläne zu verfolgen, so dass sich Chans und Koos Figur ein Herz fassen. Sie schnappen sich das Baby und müssen es fortan vor ihren Auftraggebern beschützen, die nichts unversucht lassen, um es wieder in die Hände zu bekommen.
Wahrscheinlich könnte man zu jedem neuen Jackie-Chan-Film schreiben, dass er nicht mehr ganz so spektakulär ist wie zu seiner Glanzzeit zwischen Mitte der 80er und Ende der 90er Jahre. Es wäre aber auch albern zu glauben, dass Chan als ewiger Jungbrunnen umherwandernd die Grenzen gefährlicher Stunts immer wieder aufs neue verschieben könnte oder müsste. Denn neben Aktionen mit einer „Das hat er wirklich gemacht“-Garantie gab es mit dem Humor stets ein zweites Standbein. Die typische Chan-Figur hat das Herz auf dem rechten Fleck und muss sich auch im größten Chaos mit Pfiffigkeit und Glück behaupten. Chan beherrscht das Mittel der Slapstick-Action ebenso gut wie das Spiel mit der Gefahr. Das gilt auch für „Rob-B-Hood“, in dem seine Figur als Dieb mit Glücksspielneigung zwar nicht eindeutig das Gute repräsentiert, aber im entscheidenden Augenblick das Richtige tut, als sie sich entscheidet, mit ihren Kollegen das Baby gegen die dubiosen Auftraggeber zu beschützen. Chans Wendigkeit und sein Einfallsreichtum im Kampf gegen die Gegner macht seine Figur sympathisch, da sie das überraschend humorvolle Element auf ihrer Seite hat. Zu den besten Szenen zählt eine Versammlung von Freund und Feind in einer Wohnung, die nur kurzzeitig durch die Anwesenheit eines Polizisten ruhig bleibt. Im folgenden Chaos gleitet Chan durch Kleiderschränke, schmale Holzrahmen, teilt ein paar Martial-Arts-Tritte sowie -Schläge aus und verändert den Raum mit Hilfe einiger Schiebewände so zu seinen Gunsten, dass die Gegner nur schwer hinterher kommen. In einer anderen Szene führt ihn der Fluchtweg an eine Häuserfassade, wo er von einer Außenklimaanlage zur nächsten springt, bis er aus luftiger Höhe den Boden erreicht hat. Das Spiel mit der Gefahr, wenn auch in leicht reduzierter Form mit Drahtseilsicherung, beherrscht Chan auch noch, die Akzente verschieben sich nur. Natürlich sind ein paar derbere Späße mit prall gefüllten Windeln nicht jedermanns Sache, aber der eigentliche Schwachpunkt liegt in der Überbetonung der Männer, die nicht wissen, wie ein Baby behandelt werden muss. Regisseur Benny Chan räumt diesem Handlungsstrang letztlich mehr Raum ein, als sich um die tragischen Familienthemen zu kümmern, die sowohl auf Seiten der Guten als auch auf Seiten des finsteren Auftraggebers zentrale Rollen spielen. Während die Guten ihre Entfremdung von Frau oder Familie überwinden müssen, versucht der Auftraggeber mit seinen gewalttätigen Methoden das Zerfallene wieder neu zu erschaffen. Für die darin steckende Verzweiflung sowie den fehlgeleiteten Umgang der Guten mit Frau oder Familie findet Bennny Chan nur selten Bilder. Deswegen ist „Rob-B-Hoood“ nur eine hübsche Komödie geworden.
Bildqualität
Die aktuelle Hongkong-Produktion weist eine etwas durchwachsene Bildqualität auf. Die Schärfe bietet ein ansprechendes Niveau sowohl hinsichtlich der dargestellten Details als auch der Konturenzeichnung, ohne Spitzenwerte zu erreichen. Die gelungene Farbwiedergabe wird durch einen guten Kontrast unterstützt, der für ein plastisches Bild sorgt. Teilweise tritt nur leichtes Hintergrundrauschen auf, das in manchen Szenen aber sehr viel stärker wird, so dass das Bild eine deutlich körnige Note bekommt. Bisweilen tritt eine sichtbare Blockbildung auf.Tonqualität
Erstaunlich genug sorgt auch bei den Action-Szenen vor allem die Musik für die räumliche Kulisse. Nur selten werden die hinteren Boxen auch für ein paar atmosphärische Geräusche genutzt. Auch wenn die Möglichkeiten des 5.1-Tons nicht voll genutzt werden, kann man mit dem Ergebnis aufgrund der Musik zufrieden sein. Die Dialoge sind klar und verständlich, störendes Rauschen gibt es nicht.Extras
Auf der ersten von zwei Bonus-DVDs befinden sich 17 Deleted Scenes, ein Making Of und Behind the Scenes Material. Die nicht anamorphen Deleted Scenes besitzen zwar noch einen nicht sehr hübschen Timecode, wissen aber durch zusätzliche inhaltliche Teile zu gefallen, welche dem fertigen Filmschnitt auch gut zu Gesicht gestanden hätten. Das betrifft unter anderem die Frau des Michael-Hui-Charakters, deren psychisch labiler Zustand begründet wird. Die gemeinsame Vergangenheit zwischen Jackie Chans Figur und einem immer wieder in Erscheinung tretenden, durch Yuen Biao verkörperten Polizisten wird ebenso klarer wie noch weitere Handlungsteile feiner ausgearbeitet sind. Insofern sind die Deleted Scenes ausgesprochen wertvoll, obwohl die Dialoge leider nur selektiv untertitelt wurden. Das Making Of (etwa 55 Minuten) besteht aus unkommentierten B-Roll-Aufnahmen, die beim Dreh der Action-Szenen entstanden sind. Kleine Interviewpassagen, die jedoch nur den längeren Interviews auf der zweiten Bonus-DVD entnommen wurden, lockern das Material ein wenig auf. Da bei den Action-Szenen auch ohne Kommentar zu sehen ist, wie sie entstanden sind – so wurde sehr viel mit Drahtseilunterstützung gedreht -, ist das Material durchaus brauchbar. Es ist nur leider viel zu lang, da zu jeder Szene so viele Takes zu sehen sind, dass es auf Dauer ausgesprochen ermüdend wird, sich durch die gesamte Lauflänge zu kämpfen. Völlerei ist eben nicht immer der richtige Weg zum Genuss. Das Behind the Scenes Material gliedert sich noch einmal in ein „Baby Special“ (etwa 16 Minuten) und einen erneut „Behind the Scenes“ (etwa 23 Minuten) benannten Beitrag auf. Das „Baby Special“ zeigt lediglich einen Zusammenschnitt diverser am Set entstandenen Aufnahmen des kleinen Rackers, die eben genau so interessant sind, wie die Home-Video-Aufnahmen eines Babys irgendwelcher wildfremder Eltern. Der Beitrag „Behind the Scenes“ unterscheidet sich in seiner Machart in keiner Weise vom „Making Of“.
Auf der zweiten Bonus-DVD sind neun Interviews mit der wichtigsten Darstellern (u.a. Jackie Chan, Michael Hui, Loius Koo) und dem Regisseur Benny Chan enthalten, die zusammmen eine Lauflänge von etwa 60 Minuten besitzen. In den Interviews geht es hauptsächlich um eine Beschreibung der jeweiligen Rollen und um Lob über die Dreharbeiten sowie die Kollegen, so dass der Werbeaspekt stark im Vordergrund steht. Jackie Chan geht ein wenig darüber hinaus, indem er nicht nur eine Inhaltsangabe liefert, sondern auch kurz erläutert, warum er einen Dieb spielt und was die Intention des Films ist. Dabei bleibt er aber recht banal. Am zentralsten ist vielleicht die Aussage, dass man auf keinen Fall einen Film mit Kindern, Tieren oder einem Kung-Fu-Meister drehen sollte. Kinder sind schwer zu steuern, Tiere gehorchen noch weniger und ein Kung-Fu-Meister lässt sich nichts sagen, weil er ja ein Meister ist. Insgesamt bieten die Interviews trotz ihrer ansprechenden Länge nur Magerkost. Ein Musikvideo mit dem singenden Jackie Chan rundet das Bonusmaterial ab.
Fazit
„Rob-B-Hood“ ist eine nette Actionkomödie geworden, die inhaltlich zu sehr auf die altbackene Karte „Männer und ihr trotteliger Umgang mit einem Baby“ setzt, aber einige schwungvolle und sehr amüsante Action-Einlagen bereit hält, die das Unterhaltungspotential auf guten Durchschnitt heben. Technisch ist die DVD ein wenig durchwachsen. Das Bonusmaterial ist zwar reichhaltig, aber jenseits der Deleted Scenes nur wenig informativ.Stefan Dabrock
Originaltitel | Bo bui gai wak (Hongkong 2006) |
Länge | 121 Minuten (Pal) |
Studio | Splendid |
Regie | Benny Chan |
Darsteller | Jacky Chan, Louis Koo, Michael Hui, Yuen Biao, Bey Logan, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 5.1 Deutsch, Kantonesisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Making Of, Deleted Scenes, u.m. |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | nett, technisch durchwachsen |