Der italienische Regisseur Mario Bava ist vor allem für seine gotischen Horrorfilme sowie die Beiträge zum Giallo-Genre bekannt, seine Italo-Western fristen ein Nischendasein. Sein erster Ausflug in die Weiten des amerikanischen Westens „Der Ritt nach Alamo“ zeigt, warum das so ist, denn Bava orientiert sich viel stärker an den Genretraditionen der Filme aus den USA, als die bekannten Italo-Western seiner Regiekollegen Sergio Leone, Sergio Sollima oder Sergio Corbucci. Ihnen fehlen folglich, ohne dass das eine Wertung bedeutet, die ungewöhnlichen Elemente, die den anderen Werken ihre Beachtung eingebracht haben.
„Der Ritt nach Alamo“ spielt nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, in dem Bud seine Farm verloren hat. Als er auf eine Gruppe getöteter Soldaten trifft, übergibt ihm der letzte Überlebende kurz vor dem Hinscheiden eine Geldanweisung über 150.000 Dollar. Gemeinsam mit ein paar Banditen, die ihm nur wenig später über den Weg laufen, will er sich das Geld als Entschädigung für seinen Kriegsverlust holen. Sie verkleiden sich als Soldaten und lassen sich in einer Bank das Geld übergeben. Bud hat jedoch die Rechnung ohne seine neuen Kumpane gemacht. Auf der Flucht werden er sowie ein weiteres Bandenmitglied von den Übrigen niedergeschlagen. Die beiden wachen erst wieder auf, als sie durch eine Abteilung der US-Armee gefunden werden, welche auf dem Weg durch das Indianergebiet zum Fort Alamo ist. Dort droht den falschen Soldaten der Tod, wenn ihre Maskerade auffliegen würde. Sie brauchen angesichts der indianischen Gefahr aber eine Zeit lang den Schutz der echten Soldaten.
Mario Bava hat seinen ersten Italo-Western mit viel Sinn für eine temporeiche Dramaturgie in Szene gesetzt. Der Film ist das ideale Beispiel für einen Showdown der Ereignisse, die in schneller Folge das Geschehen in Form von immer neuen Konflikten vorantreiben. Dabei erinnert der Suspensereichtum oftmals an einen Thriller. In der Bank treffen die falschen Soldaten auf einen Direktor, der viel Wert auf eine letzte formale Hürde legt, welche die falschen Soldaten nicht erfüllen können. Die ruhige Handlungsweise Buds, der mit gespielter Autorität, den Direktor zu überzeugen sucht, überdeckt die angespannte Ruhe kaum. Das Geschehen könnte sich jederzeit in einer wüsten Schießerei entladen. Ähnlich starke Suspensemomente hat Bava später eingeflochten, als die zwei falschen Soldaten mit der Armee-Gruppe mitreisen müssen. Einer der echten Soldaten hat die beiden durchschaut, verrät sie aber nicht, weil er Buds Indianererfahrung für ein wertvolles Pfund hält. Bud steht während des Ritts ununterbrochen zwischen möglicher Gefangenschaft, dem drohenden tödlichen Ende in Alamo sowie der Gefahr durch die Indianer. Die Wertschätzung, die ihm aufgrund seiner offensichtlichen Fähigkeiten entgegengebracht wird, kann jederzeit kippen, wenn sein Schwindel auf breiter Ebene auffliegt.
Daraus zieht Bava nicht nur Spannungsmomente, er erzählt auch eine Geschichte über Respekt und Pflichtbewusstsein im Angesicht der Gefahr, die mehr zählt als militärische Ränge. Der leitende Offizier des Armeetrupps wird als starrer Paragraphenreiter charakterisiert, der keinerlei Gespür für die notwendige Flexibilität angesichts der speziellen Verhältnisse vor Ort besitzt. Darin kommt ein Misstrauen Bavas gegenüber Autoritäten zum Ausdruck, das den gesamten Film durchzieht. Wie der Offizier, ist auch der Bankdirektor eine Autoritätsfigur, die schwach erscheint, wenn sie auch eine größere Flexibilität an den Tag legt. Ironischerweise sind es die falschen Autoritäten, welche sowohl das bessere Gespür für die jeweilige Situation haben, als auch mehr Durchsetzungskraft ausstrahlen. Dank Bavas sicherem Gespür für die Bildgestaltung, überzeugt der Film mit einem sehr schönen visuellen Stil, der in den Höhlenszenen sogar mit ein paar Farbtupfern aufwarten kann. Die sorgfältig ausgeleuchteten Teile der Nachtaufnahmen besitzen einen wunderschönen Schimmer, der die atmosphärischen Qualitäten der Szenerien betont. Das kann auch nicht dadurch entwertet werden, dass viele Aufnahmen offensichtlich im Studio gedreht wurden.
Bildqualität
Der Film wartet mit einer guten Bildqualität auf, da sich Dreckspuren und Defekte in Grenzen halten. Die Schärfe überzeugt mit einer ordentlichen Konturendarstellung, während der Detailreichtum an seine Grenzen stößt. An manchen Stellen zeugen leichte Doppelkonturen jedoch von der Bearbeitung des Bildes. Die Farben sind kräftig. Hier hat sich die digitale Bearbeitung gelohnt. Der tiefe Schwarzwert sorgt in Verbindung mit dem steilen Kontrast dafür, dass in dunklen Szenen Details verschluckt werden. Nennenswerte Rauschmuster treten nicht in Erscheinung, das analoge Rauschen ist relativ schwach ausgeprägt.Tonqualität
Die Mono-Tonspuren liefern verständliche Dialoge, die ein wenig verzerrt klingen, aber keine auffälligen Störungen aufweisen. Die Szenen, für die keine deutschen Synchronisation existiert sind mit deutschen Untertiteln versehen.Extras
Die Featurette „The Long Road To The West“ besteht aus einer Einordnung der Italo-Western Bavas durch den Filmhistoriker Antonio Tentori und Lamberto Bava, Mario Bavas Sohn. Während sich Lamberto Bava an die Dreharbeiten erinnert, charakterisiert Tentori den Stil der Italo-Western Bavas, so dass sich ein interessanter Beitrag ergibt. Eine Bildergalerie sowie ein Text über Bava und seine Italo-Western, der sich auf den Innenseiten der Papphülle befindet, rundet das Bonusmaterial ab.Fazit
„Der Ritt nach Alamo“ erzählt eine Geschichte über Respekt und Pflichtbewusstsein, die Mario Bava auf optisch ansprechende Weise sowie mit Hilfe zahlreicher Spannungsmomente effektiv in Szene gesetzt hat. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | La Strada per Fort Alamo (Italien 1964) |
Länge | 76 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | Mario Bava |
Darsteller | Ken Clark, Michel Lemoine, Jany Clair, Adreina Paul, Alberto Cevenini, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch |
Untertitel | Deutsch, Englisch |
Extras | Featurette „The Long Road To The West”, Bildergalerie, Digipack-Text |
Preis | ca. 10 EUR |
Bewertung | guter Durchschnitt, technisch angesichts des Filmalters gut |