Ein Wahnsinnsheld

Reptile Man

Als Normalsterblicher kann man es sich natürlich nur schwer vorstellen, wie es sein muss, das Leben eines in die Jahre gekommenen Superheldendarstellers zu führen. Es ist sicherlich nicht schön, wenn die Fanpost langsam abebbt, bis sie gar nicht mehr eintrifft. Noch weniger schön aber muss es sein, zu der Rolle des Sidekicks eben dieses gealterten Superheldendarstellers verdammt zu sein, wenn man berücksichtigt, dass bereits mehrere Vorgänger verschlissen wurden. Für Lewis Rosen ist genau das die Realität. Gerne würde er als aufstrebender Jungdarsteller Beachtung finden, stattdessen begleitet er den legendären Reptile Man zu erfolglosen Showveranstaltungen in Möbelhäusern. Nachdem die beiden Männer in ihren absurden Kostümen während einer solchen Show, bei der gerade drei Fans das Publikum stellen, aneinander geraten, will Rosen die Brocken hinschmeißen. Die jämmerliche Rolle in Verbindung mit den unerträglichen Starallüren des Reptile Man haben schon lange für großen Frust gesorgt. Doch als Rosen zu Hause bei seiner Frau per Telefon erfährt, dass der Reptile Man angeschossen im Krankenhaus liegt, weil er eine Großtat vollbringen wollte, wird ihm klar, dass er den Abschied langsamer gestalten muss.
Tony Curtis stürzt sich mit großer Spielfreude in die Rolle des Reptile Man, der inzwischen nur noch ein absurdes Abziehbild eines Stars ist, dies aber nicht wahrhaben will. Die Leinwandpräsenz Curtis' lässt den Film in seiner Mischung aus Absurdität und großer Tragik funktionieren. Selbst in den lächerlichsten Momenten, wenn der Reptile Man in seinem albernen Reptilienhautkostüm vor leeren Stuhlreihen den Star gibt, wirkt er niemals würdelos. Curtis' Ausstrahlung verleiht der die Figur die notwendige Aura, welche erkennen lässt, dass hier ein ganz Großer zu sehen ist, wenn die Tage des Ruhmes auch Vergangenheit sind. Komik und Tragik liegen hier so dicht beieinander oder verweben sich in den besten Momenten sogar zu einem Gefühlsteppich, dass Szenen mit widerstreitenden Emotionen entstehen. Die große Stärke des Regisseurs Stewart Schill besteht darin, den Reptile Man trotz seiner offensichtlichen unangenehmen Eigenschaften - er sabotiert sogar aktiv die Karriere seines Sidekicks - immer auch ein Stück weit liebenswürdig zu halten. So entsteht das Psychogramm eines Menschen, der es als Star stets gewöhnt war, eine geborgte Identität zu leben. Doch die Identität des Reptile Man lebt nur dann, wenn das Publikum durch seine Anwesenheit bestätigt, dass es ihn gibt. Insofern ist Stewart Schills Tragikomödie auch die absurde Schilderung eines Entzugs.

Bildqualität

Da das Originalformat des Films unklar ist, bleibt nur die Möglichkeit der Spekulation angesichts des auf der DVD enthaltenen Seitenverhältnisses von 1:1,33. Zumindest fällt nicht direkt auf, dass an irgendeiner Stelle wesentliche Bildinformationen links oder rechts verschwunden sind. Da der Film sehr klein produziert wurde, ist es auch sehr gut möglich, dass es sich um das Originalformat handelt. Die Schärfe des Bildes ist aufgrund der limitierten Produktionsumstände nur brauchbar. Immer wieder gibt es Bilder, die matschig wirken. Darunter leidet auch der Detailreichtum. Der Kontrast lässt bisweilen einzelne Elemente in dunklen Bildbereichen verschlucken, arbeitet bei den meisten Aufnahmen jedoch recht ordentlich. Die Farbwiedergabe ist gut gelungen und wird auch nicht durch Dreckspuren oder Bilddefekte gestört. Rauschmuster begleiten den Film.

Tonqualität

Der 2.0-Ton ist sowohl auf deutsch wie auf englisch in Ordnung. Naturgemäß bietet der Film angesichts seiner vielen Dialogszenen nur wenig Spielraum für den Ton, sich auszuzeichnen. Die Dialoge sind in der Regel klar und verständlich und die Musikwiedergabe ist gut. Besondere Schwächen gibt es nicht.

Extras

Erstaunlicherweise existiert zu dem Low-Budget-Werk ein Audiokommentar von Stewart Schill (Regie) und Morris Ruskin (Produktion). Beide plaudern recht munter über die Produktionsumstände des Films und werfen immer wieder Tony-Curtis-Anekdoten ein, so dass nie Langeweile aufkommt. Neben solch soliden Passagen wird auch die eine oder andere Szene im Hinblick auf die Filmsprache analysiert, so dass sich insgesamt ein Audiokommentar der besseren Sorte ergibt. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

Zu Unrecht fristet Stewart Schills kleine Tragikomödie über die Schwierigkeiten des alternden "Reptile Man"-Darstellers ein Dasein im Abseits. Absurder Humor, tragisches Psychogramm und eine wundervolle schauspielerische Leistung des alten Tony Curtis sorgen für die Qualitäten des Films. Technisch ist die DVD angesichts der Produktionsumstände von Reptile Man in Ordnung.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel The Continued Adventures of Reptile Man and His Faithful Sidekick Tadpole (USA 1997)
Länge 83 Minuten (Pal)
Studio Galileo Medien
Regie Stewart Schill
Darsteller Tony Curtis, Arye Gross, Ally Walker, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Stewart Schill (Regie) und Morris Ruskin (Produktion), Trailer
Preis ca. 17 EUR
Bewertung Film gut, technisch brauchbar