Es war einmal das Jahr 1936. In den USA erschien ein Propaganda-Film gegen den Konsum der schlimmsten aller Drogen – Marihuana. „Reefer Madness“ zeigt, wie zwei harmlose Teenager unter dem Einfluss der Droge nicht mehr Herr ihrer Taten sind und zu Gewalttätigkeiten neigen. Dadurch sinken sie gesellschaftlich sowie emotional ab, bis sie völlig den Halt verlieren. Im Jahr 2004 wandelt Andy Fickman, den aus heutiger Sicht grotesken Anti-Drogen-Propaganda-Film in ein Musical um. Nachdem die Bühnenversion beachtliche Erfolge feierte, verfilmt Fickman das Stück. Der Titel lautet wie der des Originalfilms aus dem Jahr 1936: „Reefer Madness“. Ein geheimnisvoller, etwas sinister aussehender Mann taucht in einer kleinen amerikanischen Stadt auf, um in der örtlichen Schule eine Informationsveranstaltung zu halten, die den einfachen Titel „Tell Your Children“ trägt. Da er mit der Regierung zusammen arbeitet, besteht für den Schuldirektor kein Grund, an seiner Integrität zu zweifeln. Die Veranstaltung soll über die Gefahren des Marihuana-Konsums aufklären. Zu diesem Zweck zeigt der Unbekannte einen Film, in dem die Geschichte der harmlosen Teenager Jimmy Harper und Mary Lane erzählt wird. Beide waren das ideale Highschool-Paar, bis Jimmy durch eine Gruppe zwielichtiger Gestalten zum Marihuanakonsum verführt wurde. Darauf sackte Jimmy in der Schule ab, verlor die Kontrolle über sich und versumpfte soweit, bis sogar ein Todesfall zu beklagen war, an dem die Drogen eine Mitschuld hatten. Bei hilflosen Versuchen, Jimmy zu helfen, wurde Mary Lane selbst mit der verderblichen Droge korrumpiert.
Während die Rahmenhandlung, welche die Informationsveranstaltung in der Kleinstadt zeigt, in Anlehnung an den Originalfilm in Schwarzweiß gedreht wurde, leuchtet die moralische Erzählung um das schwere Schicksal der Teenager Jimmy Harper und Mary Lane in bunten Farben. Dabei benötigt Fickman nicht viel, um das Groteske seiner Vorlage zu entlarven. Die Handlung folgt in groben Zügen der Originaldramaturgie, die um aberwitzige Musicalnummern ergänzt wird. Und die haben es in sich. Fickman brennt ein Feuerwerk bizarrer Einfälle ab, die mit der Wucht eines Maschinengewehrs und der Präzision eines Snipers die puritanistische Grundhaltung angreifen, die bereits den alten Film bestimmte. Wenn sich nach dem Konsum einer Marihuana-Zigarette eine Musical-Nummer als Bebilderung anschließt, die wilde Eingeborenentänze und leicht bekleidete sich animalische gebende Frauen zeigt, dann geht es längst nicht mehr um Marihuana oder andere Drogen, sondern um eine metaphorisch-satirische Betrachtung des Puritanismus mit seinen Urängsten.
Dazu zählen neben Drogen auch Sex, die Angst vor fremdem (nicht durch weiße Gesellschaftsschichten geprägtem) Einfluss, Genuss in jeder Form und Handlungen, die nicht unter der Prämisse Ehrgeiz, Fleiß oder Askese stehen. Für Fickman ist die Haltung nicht nur nicht ausgestorben, sondern sie feierte unter der Bush-Administration neue Triumphe. Dieses weiße, religiös geprägte Gesellschaftsregime, das alles, was nicht nach seinen Regeln lebt, bekämpft, ist die Zielscheibe in „Reefer Madness“. Jede Musical-Nummer ist ein Angriff auf den moralischen Alleinvertretungsanspruch, der sein hässliches Haupt mit Intoleranz erhebt. Vor allem das Abschlusslied zeigt Fickmans Ansicht, dass diese Haltung Amerika durch und durch geprägt hat. Ein Umstand, mit dem er sich nicht abfinden will.
Bildqualität
Ohne Verschmutzungen oder Bilddefekte wurde „Kifferwahn“ auf die Bluray übertragen. Die Schärfe ist gegenüber der alten DVD deutlich verbessert. Statt mit leicht matschigen Konturen präsentiert sich der Film mit klar voneinander abgegrenzten Bildinhalten. Der Detailreichtum ist gelungen, ohne die Bluraymöglichkeiten auszuschöpfen. Die Farbwiedergabe ist sehr gut, so dass die bunte Musicalwelt im besten Glanz erstrahlen kann. Der Schwarzwert überzeugt mit tiefen Tönen, der Kontrast ist gut. Nennenswerte Rauschmuster treten nicht auf.Tonqualität
Die 5.1-DTS-HD-Master-Tonspuren liefern eine gute Vorstellung. Vor allem bei den Musicaleinlagen kommen alle Boxen zum Einsatz und sorgen so für ein dynamisches, räumliches Klangbild. Auch sonst werden die hinteren Boxen hier und da genutzt. Die Dialoge sind klar und verständlich, störendes Rauschen tritt nicht auf.Extras
Zentraler Bestandteil des Bonusmaterials ist der Originalfilm „Reefer Madness“ von 1936, der aus heutiger Sicht ein faszinierendes Zeitdokument ist. Die etwa dreiminütige Featurette ist eine wenig brauchbare Mischung aus Filmszenen und kurzen Interviewschnipseln, die zur Werbezwecken erstellt wurde.Fazit
„Reefer Madness“ funktioniert als gallig-satirischer Angriff auf puritanische Geistesströmungen, die alles Fremde sowie Handlungen verdammen, die nicht unter der Prämisse Ehrgeiz, Fleiß oder Askese stehen. Technisch ist die Bluray gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Reefer Madness (USA 2005) |
Länge | 107 Minuten (24p) |
Studio | VCL |
Regie | Andy Fickman |
Darsteller | Kristen Bell, Christian Campbell, Alan Cumming, Neve Campbell, u.a. |
Format | 1:1,78 (16:9) |
Ton | DD 5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Reefer Madness von 1936, u.m. |
Preis | ca. 19 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch recht gut |