Schattenpolizisten

PTU

Die Ruhe und das Dunkel der Nacht schreibt andere Geschichten, als sich in der Helligkeit des Tages abspielen. Ihre Dynamik ist stärker durch die handelnden Akteure geprägt, welche direkter in Kontakt treten, als im Trubel des Tages. Ein Polizist gerät in Johnnie Tos "PTU" mit einer Gang jugendlicher Kleingangster aneinander. Im Zuge der Auseinandersetzung verliert er seine Dienstwaffe, die möglicherweise in die Hände der Kriminellen gelangt ist. Normalerweise muss ein solcher Verlust sofort gemeldet werden, aber der Chef der PTU-Einheit (Police Tactical Unit), macht sich mit seinen Leuten daran, die Waffe bis zum Sonnenaufgang zu finden. Erst wenn sie dann nicht aufgetaucht ist, soll Meldung erstattet werden. Zwischen den verschiedenen Polizeikräften Hongkongs und den diversen Kriminellen, die ihrerseits in verschiedene Interessengruppen aufgeteilt sind, entsteht ein Zusammenspiel aus Aktion und Gegenaktion. Langsam aber sicher steuert das Beziehungsgeflecht auf einen Kulminationspunkt hin, der sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu entladen droht.
Polizisten halten zusammen, könnte man vereinfacht die Handlung zusammenfassen, aber ganz so einfach macht es sich Johnnie To nicht. Seine Ordnungshüter sind keine einheitliche Masse, innerhalb der jeder bedingungslos für den anderen eintritt. Gerade die verschiedenen Polizeieinheiten stehen sich mit unterschiedlichen Ansatzpunkten gegenüber, um im Grenzbereich der Solidarität Überschneidungspunkte zu besitzen. Das Gesetz spielt als niedergeschriebenes Paragraphenwerk in dieser Nacht nur eine untergeordnete Rolle. Im Schatten des Tages bildet sich eine Interpretation des Wortes Gerechtigkeit heraus, die sehr oft eigenwillige Züge trägt. Polizeibrutalität gehört ebenso dazu, wie seltsame Allianzen zwischen einzelnen Polizisten und Kriminellen. Wenn sich die Interessen kreuzen, dann arbeitet man unter Umständen für einen kurzen Wimpernschlag des Lebens zusammen, bis der nächste Schatten die alten Allianzen verschwimmen lässt, um neue zu erschaffen. Freundschaft, so erzählt Johnnie Tos "PTU", ist genauso ein brüchiges Gut wie das Gesetz. Erst die gegenseitigen Interessen füllen beide Begriffe mit Leben. Dabei verdichtet sich das Geschehen in der begrenzten Zeit einer Nacht, während der sich der Druck stetig aufbaut. Das sorgt für eine ständige Spannung, die über eine lange Stecke keinerlei Ventil besitzt. Johnnie Tos Stärke ist die Konstruktion eines fein gesponnenen Netzes, das teilweise nur unmerklich wahrnehmbare Beziehungen knüpft. Keine Figur ist sinnlos, selbst kleinste Rollen fügen sich in das Geflecht ein, das erst in seiner Gesamtheit die volle Schönheit der Konstruktion offenbart.

Bildqualität

Das defekt- und verschmutzungsfreie Bild überzeugt durch seine gute Schärfe, die Konturen und Details entsprechend hübsch wieder gibt. In Bewegungen zeigen sich jedoch Nachzieheffekte. Demgegenüber wartet das Bild mit kräftigen Farben und einem Kontrast auf, der das visuelle Konzept gut unterstützt. Die Dunkelheit vieler Bildbereich trägt wesentlich zum ästhetischen Charakter des Films bei und ist keine Schwäche. Rauschmuster halten sich in Grenzen.

Tonqualität

Der kantonesische 2.0 Ton liefert eine ordentliche Kulisse auf den vorderen Boxen, bei der die Dialoge klar und verständlich sind. Störendes Rauschen gibt es nicht, die Musik fügt sich atmosphärisch ein. Wer es unbedingt möchte, kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix anhören.

Extras

Das Bonusmaterial beinhaltet zwei Interviews. Im ersten äußert sich Johnnie To über rund 10 Minuten. Dabei beleuchtet er seine Interpretation der Handlung und zeigt einige der Motive auf, die für ihn die zentrale Rolle spielen. Im zweiten (ca. sieben Minuten analysiert Hauptdarsteller Simon Yam die schauspielerische Anlage seiner Rolle in Verbindung mit Johnnie Tos Regieanweisungen. Auch äußert er sich über die Themen des Films. Zusammen bieten sie einige interessante Aspekte. Eine Bildergalerie sowie der Trailer runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

"PTU" gehört dank seiner perfekten Dramaturgie in Verbindung mit der ausgezeichneten Kameraarbeit zu den besten Filmen des aktuellen Hongkong-Kinos. Johnnie To erzählt eine ausgesprochen ambivalente Ballade über das flüchtige Interessengeflecht zwischen Polizisten und Kriminellen, das im Dunkel der Nacht sein graues Netz aufspannt. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel PTU (Hongkong 2003)
Länge 88 Minuten (Pal)
Studio Atomik-Films
Regie Johnnie To
Darsteller Simon Yam, Suet Lam, Ruby Wong, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Kantonesisch
Untertitel Deutsch
Extras Interviews, Bildergalerie, Trailer
Preis ca. 20 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut