Shaky Gonzáles liebt den Italowestern und das Hongkong-Kino, so dass er in seinem Film mit dem sprechenden Titel „Pistoleros“ Motive beziehungsweise ästhetische Ideen aus beiden Genres zitiert. Dem Filmtitel entsprechend erzählt Gonzáles dabei eigentlich eine simple Geschichte. Eine Bande dänischer Kleinkrimineller unterschiedlicher Ethnien überfällt einen Zug, in dem sich ein Tresor mit jeder Menge Dänischer Kronen befindet. Auf der unübersichtlichen Flucht werden die Räuber gefasst, das Geld aber nicht sichergestellt. Nachdem die verurteilten Kriminellen ein paar Jahre später aus dem Knast entlassen werden, wollen diejenigen, welche das Geld nicht versteckt haben, nun auch ihren Anteil von der Beute. Drei Tätowierungen auf drei verschiedenen Menschen sollen den entscheidenden Hinweis auf das Geldversteck geben. In Kopenhagens Straßen treffen die schießwütigen Kleinkriminellen auf der Jagd nach den Kronen aufeinander.
Während sich die grundsätzliche Idee aus eine Genre- und Actionsicht noch gut liest, fehlt Shaky Gonzáles die Kraft, die Hommage an seiner Vorbilder mit der notwendigen Konsequenz umzusetzen. Er müht sich zwar redlich, durch das Drapieren verschiedener Plakate unterschiedlicher Leone-Filme in mehreren Szenen den Zusammenhang zum Italowestern herzustellen, übernimmt mit dem Tresor, der als Requisit einer Wildwest-Show getarnt ist, auch quasi ein direktes Motiv aus „Für ein paar Dollar mehr“ („Per qualche Dollari in più“, Regie: Sergio Leone, 1965), aber ihm geht jegliches gestalterische Talent ab. Eine Figur namens „Verrückter Uffe“ erzählt die Geschichte zwei Studenten in einer Bar, die einen Film drehen wollen. Was als Einstieg in das Geschehen noch sinnvoll ist, um der Handlung den Charakter einer Legende zu verleihen, wird zunehmend zum Störfaktor, wenn Gonzáles zwischendurch immer wieder in die Bar-Szenerie schneidet und schließlich sogar noch eine zweite Figur einführt, die ihr Wissen über das Geschehen zum Besten gibt. Der Erzählfluss wird auf diese Weise für eine übergeordnete Rahmendramaturgie geopfert, die inhaltlich keinen Aspekt hinzufügt, da die Legendenzuordnung der Geschichte ohnehin schon verdeutlich wurde. Die ständige Demonstration, dass zwei Studenten nur etwas erzählt wird, hat den Charakter einer ungelenken Holzhammer-Methode, die sich auch in der Montage der restlichen Handlung widerspiegelt. Vielleicht soll der Schnitt die Tatsache reflektieren, dass sich der „Verrückte Uffe“ an etwas erinnert, was entweder Jahre zurückliegt oder dass er auch nur erzählt bekommen hat. Das rechtfertigt aber nicht die sichtliche Konfusität des Ablaufs, denn Film muss solche Aspekte immer für sein Medium modifizieren. Uffes Darstellung lässt jenseits des Geldziels aber über weite Strecken offen, welche Schritte die einzelnen Leute unternehmen, um dem Ziel näher zu kommen. Stattdessen treffen die Figuren an irgendwelchen Orten aufeinander, um Blei auszutauschen.
Zwischendurch versucht sich Gonzáles in einer Charakterisierung, wenn er Szenen zeigt, in denen einer der Gangster seine zwei Söhne unterschiedlich behandelt, so dass einer der Beiden einen Minderwertigkeitskomplex entwickelt. Dabei fehlt Gonzáles die Fähigkeit, das elegant in die Jagd nach dem Geld zu integrieren, er benötigt eigene Szenen, die den ohnehinschon stumpfsinnigen narrativen Verlauf noch sperriger machen. Die Action-Szenen überzeugen auch nicht, weil die Kamera immer wieder mit Nahaufnahmen des Oberkörpers oder der Köpfe arbeitet, so dass sich eine visuelle Langeweile ergibt, die schon für sich genommen kaum erträglich mickriges Kino produziert, vor dem Hintergrund der Italowestern-Vorbilder aber, die optisch überlegt in Szene gesetzt wurden, noch jämmerlicher erscheint. Zu guter Letzt muss festgestellt werden, dass Gonzáles seine ganze Idee alleine dadurch vor die Wand fährt, dass er nur Charaktere mit minderen geistigen Fähigkeiten durch Kopenhagens Schmierzone hetzt. Alle Kleinkriminellen des Films sind absolute Volltrottel, die immer dann, wenn sie nicht weiter wissen, zur Gewalt greifen. Da streiten sich zum Beispiel zwei der Räuber vor dem Überfall, ob die Tochter des einen das Fluchtauto fahren oder ob das jemand anderes machen soll. Als beide auf ihren festen Positionen verharren, schießt der eine einfach auf den Fuß der in Frage kommenden Tochter, so dass sie als Fahrerin ausfällt. Gleichzeitig wird aber auch ihre Beteiligung am Überfall, in dem sie noch eine andere Position übernehmen soll, grundsätzlich gefährdet.
Pöbeleien, Brüllattacken und Schusswechsel ohne Verstand, führen schließlich immer wieder zu Komplikationen, denen sich die Figuren selbst aussetzen. Sie sind das genaue Gegenteil dessen, was der Italowestern in seinen ernsten Varianten zu bieten hat, aber auch die Komödien sind zumindest nicht vollständig durch solche Trottel geprägt. Die Figuren verhalten sich im Prinzip genauso, wie die sonstigen Kleinkriminellen in anderen dänischen Gangsterkomödien à la „Old Men in new Cars“ („Gamle mænd i nye biler“, Regie: Lasse Spang Olsen, 2002) auch. Die ganze Hommage ist nur eine bloße Behauptung, die Shaky González an keiner Stelle einlöst. Da reicht es auch nicht aus, jemanden zweihändig ballernd seitlich durchs Bild hechten zu lassen oder Leone-Plakate aufzuhängen. Das erinnert eher daran, dass man mal wieder „Zwei glorreiche Halunken“ (Il buono, il brutto, il cattivo“, Regie: Sergio Leone, 1966) oder „The Killer“ („Dip huet seung hung“, Regie: John Woo, 1989) ansehen sollte.
Bildqualität
Die DVD weist eine vergleichsweise magere Bildqualität auf. Verschmutzungen und Defekte treten zwar kaum in Erscheinung, das Bild sieht aber sehr matschig aus, so dass kaum Details erkennbar sind. Dass das komplett auf die Konzeption González' zurückzuführen ist, der dem Film sicher einen erdiges Aussehen verleihen wollte, scheint unwahrscheinlich. Teilweise bilden sich um Figuren Auren, es kommt gelegentlich zu Doppelkonturen. Die bräunliche Tönung des Bildes wurde demgegenüber gut auf die DVD übertragen. Der Kontrast liegt im Mittelfeld, in homogenen Flächen kommt es immer wieder zur Blockbildung. Das Bild ist sichtbar körnig.Tonqualität
Die 2.0-Tonspuren liefern solide Kost mit klar verständlichen Dialogen und einer Musikwiedergabe, die in Ordnung ist. Das ganze ist weder besonders gut noch besonders schwach. Wer es gerne möchte kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix anhören.Extras
Das etwa 10minütige Making Of besteht aus Interviewsequenzen sowie B-Roll-Aufnahmen und ist in dänischer Sprache ohne jegliche Untertitel auf der DVD enthalten, es ist also mehr oder weniger wertlos. Die Deleted Scenes ergeben zusammen eine Lauflänge von etwa sechseinhalb Minuten. Auch sie sind nur auf Dänisch ohne Untertitel enthalten, so das manche Szenen, die ohne Dialoge auskommen, brauchbar sind und andere wiederum wie Ballast wirken. Die etwa zweiminütige Outtake-Rolle verliert durch die fehlenden Untertitel kaum, es handelt sich um die üblichen Missgeschicke. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab, das erbärmlicherweise überhaupt nicht für den hiesigen Markt aufbereitet wurde.Fazit
„Pistoleros“ behauptet zwar, eine Hommage an den Italowestern zu sein, er bietet aber letztlich nicht mehr als die übliche dänische Kleinkriminellen-Trottel-Banden-Dramaturgie und bleibt dabei noch hinter dem Durchschnitt des Genres zurück. Technisch ist die DVD mager, das Bonusmaterial ohne Untertitel eine Farce.Stefan Dabrock
Originaltitel | Pistoleros (Dänemark 2007) |
Länge | 92 Minuten (Pal) |
Studio | Savoy Film |
Regie | Shaky González |
Darsteller | Erik Holmey, Hector Vega Mauricio, Mustafa Ali, Salah El Koussa, Dennis Haladyn, Zlatko Buric, u.a. |
Format | 1:1,78 (16:9) |
Ton | DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Deutsch, Dänisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Deleted Scenes, Making Of, u.m. |
Preis | ca. 12 EUR |
Bewertung | schwach, technisch mager |