Drehbücher des Grauens greifen an

Parasite

Der Tierhorrorfilm siedelt sich zumeist in günstigen Budget-Regionen an, ohne deswegen grundsätzlich auf reizvolle Werke verzichten zu müssen. "Tail Sting - Der Stich des Skorpions" ist so ein Film, der seine Grundprämisse um mutierte Skorpione in einem Passagierflugzeug zu einem schwungvollen Horrorfilm mit Actioneinlagen nutzt. Die Handlungsformel für "Parasite" ist ganz ähnlich. Eine Truppe Spezialisten soll auf einer verlassenen Bohrinsel für die Firma Carmine Oil ein frisch entwickeltes Reinigungsmittel testen. Aufgrund eines Umweltaktivisteneinbruchs in den Büroräumen der Öl-Firma wird der Test vorgezogen, obwohl die leitende Wissenschaftlerin Doktor Hansen dringend abrät. Die Spezialistentruppe mischt das Mittel eigenmächtig in falscher Dosierung zusammen, bevor Doktor Hansen auf der verlassenen Bohrinsel eintrifft, und bringt es aus. Dadurch mutiert eine seltsame Kreatur zu einem riesigen, schlangenartigen Organismus, der fortan die Menschen verspeisen möchte. Gleichzeitig tauchen die Umweltaktivisten auf, welche den Reinigungsmitteltest verhindern wollen.
Die ersten Minuten des Films sind vorbei und er hat sein Pulver definitiv noch nicht verschossen. Dafür ist die Exposition viel zu zäh. Die Spezialistentruppe wird im Taxihubschrauber zur Bohrinsel einander vorgestellt, damit auch wir als Zuschauer Bescheid wissen. Danach folgen auf der Bohrinsel raunende Gespräche um eine Katastrophe in der Vergangenheit der Spezialistentruppe, dazu sehen wir wie irgendwelche Säcke durch die Gegend geworfen werden, ohne dass klar ist, was sie genau enthalten. Erste Erkenntnis: Der Film verschenkt wertvolle Zeit, in der er besser die Örtlichkeit vorstellen könnte. Das wird nachher noch problematisch werden, da die Bewegungen der einzelnen Figuren nicht nachvollziehbar sind, ohne die räumliche Anordnung wenigsten rudimentär zu kennen. Ein Mitglied der Truppe findet die Anweisung mit dem richtigen Mischungsverhältnis für das Reinigungsmittel, die an den Kanistern angebracht war, versteckt sie jedoch, nachdem er von seinem Boss zur Sau gemacht wird. Soviel Blödheit muss bestraft werden, was mit Hilfe der mutierten Kreatur später auch passiert. Zweite Erkenntnis: Der Film macht nicht alles falsch, es fehlt nur an einer einigermaßen brauchbaren Umsetzung. Quälend lang zeigt der Film Aufnahmen von der Ausbringung des Reinigungsmittels, ohne dass überhaupt erläutert wurde, wie genau das Reinigungsmittel seine Wirkung entfaltet und warum ein Test notwendig ist. Dritte Erkenntnis: Der Film verschenkt erneut wertvolle Zeit, in der er auch die Figuren näher charakterisieren könnte, und sei es nur als klischeehafte Abziehbilder. Doktor Hansen trifft auf der Bohrinsel ein und stellt fest, dass das Mischungsverhältnis nicht beachtet wurde. Jetzt wissen alle, dass die Kacke am Dampfen ist, auch wenn der Boss der Spezialistentruppe mit männlicher Hybris und nölender Lässigkeit versucht, die Angelegenheit herunter zu spielen. Dabei weiß er bereits, dass ein Mitglied seiner Truppe vermisst wird. Bis hierhin ist der Film lediglich zäh mit leichten Informationslöchern, aber grundsätzlich noch nachvollziehbar. Das ändert sich, als die Umweltaktivistengruppe auf der Bohrinsel eintrifft und gleichzeitig die Kreatur deutlicher in Erscheinung tritt. Auf einmal laufen alle durcheinander, ohne dass klar ist was ihr Ziel sein könnte. Erst nach einigen Minuten wird eingeführt, dass man irgendwie die Bohrinsel verlassen möchte. Warum das so schwer sein soll vermittelt der Film nicht. Die Umweltaktivisten sind mit einem Boot angekommen, das stünde grundsätzlich zur Verfügung. Der Film inszeniert die Kreatur nicht als omnipräsent, so dass unklar bleibt, warum man die Bohrinsel nicht einfach verlässt. Nach ungefähr 53 Minuten nennt eine der Hauptfiguren übrigens zum ersten Mal den Filmtitel. Geschafft, er ist gerechtfertigt! Kurz vor Ende des Films hat auch eine der Hauptfiguren seine Qualitäten erkannt und erwähnt das markige Wort "Scheiße". Dazwischen liegen Minuten, in denen zum wiederholten Male der Strom ausfällt, die Bedienkonsolen aber immer noch voll beleuchtet werden und funktionsfähig sind, obwohl keine Reparatur des Generators stattgefunden hat. Das Drehbuch liebt seine Handlungslöcher so sehr, dass es sie prominent in den Vordergrund rückt. Es ist ein Drehbuch des Grauens, das hinterrücks angreift. Und es ist leider nicht allein. Hütet euch, die Drehbücher des Grauens greifen an (geschafft, Überschrift gerechtfertigt, Schluss).

Bildqualität

Das günstig produzierte Werk wartet mit einer Vorlag ohne Bilddefekte oder Verschmutzungen auf, bleibt aber hinsichtlich der Schärfe ziemlich matschig, so dass die Konturen in alle Richtungen auslaufen. Darüber hinaus ist das Bild eindeutig zu dunkel, was auch daran liegen könnte, dass natürlich keine echte Bohrinsel, sondern nur irgendwelche Kellerräume zur Verfügung standen. Das fällt im Dunkeln nicht so auf. Die Farbwiedergabe ist gut geworden.

Tonqualität

Der Ton fällt überraschenderweise sogar räumlich aus. Die 5.1-Spuren sind also nicht sinnlos, sondern erfüllen ihren Zweck, indem sie eine hübsch verteilte Klangkulisse in den Raum schicken. Natürlich handelt es sich dabei nicht um ausgeklügelte Einzeleffekte, aber insgesamt gelungen. Es ist alles klar und verständlich.

Extras

Der Audiokommentar von Andrew Prendergast (Regie), Paul Mackman (Drehbuch), Ken Turner (digitale Effekte), Stuart Casey (Titelsequenz/Flashanimation), Sandy Heslop (Computeranimation) und Tom Bible (Musik) bietet durchaus ein paar interessante Informationen zu den Produktionsbedingungen sowie ein paar Anekdoten vom Dreh. Man erfährt unter anderem, dass ein ausgiebiger Nachdreh erforderlich war, weil der Film nach Meinung der Macher in der ersten Fassung nicht funktionierte. Die ersten 20 Minuten des Werks sind komplett aus dem Nachdrehmaterial geschnitten. Das erklärt ein wenig, warum der Film gescheitert ist, denn auch in der vorliegenden Fassung konnte er nicht gerettet werden. Leider wurde der Audiokommentar ähnlich günstig produziert wie der Film. Die Tonqualität ist miserabel, so dass es sehr schwierig ist, die Beteiligten zu verstehen.
Das auf der Hülle bereits angekündigte Gag-Reel besteht aus einem Spaßmusical, das während der Dreharbeiten entstanden ist. Einer der Hauptdarsteller stellt auf dem Set singend Teile seiner Spezialistenteams vor, wobei er darüber sinniert, dass er auf einer Bohrinsel eingesperrt ist und ihn niemand mag. Recht amüsant.
Der Trailer rundet das Bonus-Material ab.

Fazit

"Parasite" führt den Tierhorrorfilm in neue Untiefen. Das schlampig geschriebene Drehbuch, dessen widersprüchliche Teile in offensichtlicher Weise ausgestellt werden, lässt der Regie keinen Raum für Qualität. Technisch ist die DVD unterer Durchschnitt. Das Bonusmaterial ist interessant bis amüsant, technisch jedoch auf niedrigem Niveau.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Parasite (GB 2004)
Länge 96 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Andrew Prendergast
Darsteller Saskia Gould, Conrad Whitaker, G.W. Stevens, Margaret Thompson, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS Deutsch; DD 5.1 Deutsch, Englisch; DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Andrew Prendergast (Regie), Paul Mackman (Drehbuch), Ken Turner (digitale Effekte), Stuart Casey (Titelsequenz/Flashanimation), Sandy Heslop (Computeranimation) und Tom Bible (Musik), Trailer, u.m.
Preis ca. 13 EUR
Bewertung Film schlecht, technisch mittelmäßig