Fette
Ablenkung
Palindrome
Otto
und Anna sind Palindrome, weil sie von vorne wie von hinten gelesen
gleich lauten. Aviva ist auch eins und gleichzeitig die Hauptfigur
in Todd Solondz neuem Film, mit dem experimentell anmutenden Titel
"Palindromes". Erzählt wird die Geschichte des 13jährigen
Mädchens Aviva, die plötzlich schwanger wird. Da ihre Eltern
etwas dagegen haben, vereinbart Avivas Mutter einen Termin beim bekannten
Abtreibungsspezialisten Dr. Fleischer. Der Eingriff verläuft
nicht reibungslos, so dass Aviva zwar überlebt, aber nie mehr
Kinder bekommen kann. Darauf läuft sie von zu Hause weg, hat
zunächst Sex mit einem Truckerfahrer und landet schließlich
bei der Familie Mama Sunshines, die einem Schmelztiegel gleich Kinder
verschiedener Hautfarbe sowie Kulturen bei sich aufgenommen hat. Sehr
leicht ist diese Familie, in der die amerikanische Flagge allgegenwärtig
ist, als Metapher für aktuelle gesellschaftliche Tendenzen im
Land der unbegrenzten Möglichkeiten lesbar. Ihr religiöser
Fundamentalismus erinnert nur allzu gut an George W. Bush mit seinen
Kreuzzugäußerungen. Auch Mama Sunshines zunächst friedlich
anmutende Familie schmiedet kriegerische Pläne, wenn es darum
geht, ausgerechnet den Abtreibungsspezialisten zu töten, bei
dem Aviva war. So geht die Reise des jungen Mädchens wieder zurück
zum Anfang. Auf der Suche nach Zuneigung findet sie zunächst
ein absurdes Zerrbild des amerikanischen Schmelztiegel-Ideals, um
wieder bei sich selbst zu landen. Solondz versteht es immer noch meisterlich
tabuisierte Themen
mit
rührender Sensibilität zu erzählen. Der Kinderschänder
verkommt bei ihm nicht zum einfachen Monster, das am besten am nächsten
Laternenpfahl aufgeknüpft gehört, sondern besitzt eine Seele.
So streut der Regisseur immer wieder schwer konsumierbare Ambivalenzen
in seinen Film, die jedoch für die unschuldige Naivität
der Hauptfigur Aviva - der dies alles widerfährt - unerheblich
sind. Die einzige Veränderung, die sie vollzieht, findet auf
rein formaler Ebene statt, da die Rolle in jeweils eigenen Kapiteln
durch sieben verschiedene Darstellerinnen und einen Darsteller verkörpert
wird. Insofern bleibt "Palindromes" ein kühnes Rätsel
mit typischem Solondz-Touch, dessen Handschrift unverkennbar ist.
Alle Deutungsmöglichkeiten liegen im Detail, alles was sich fett
ins Bildzentrum rückt, ist ein belangloses Ablenkungsmanöver.
Bildqualität
Die
Schärfe des Bildes ist recht ordentlich geworden. Allerdings
ist stets ein leichtes Grieseln zu sehen, so dass dadurch Beeinträchtigungen
entstehen. Dreckspuren oder Bildpunkte treten jedoch nicht auf. Die
Farbwiedergabe ist gut gelungen und wird durch einen differenzierten
Kontrast unterstützt. Leider legt sich das häufige Rauschen
oftmals über das Bild, so dass hier keine optimalen Werte erreicht
werden.
Tonqualität
Der
2.0-Ton leistet vor allem in der Originalfassung gute Arbeite. Während
die Dialoge klar und verständlich sind, wird die Stereo-Front
für verschiedene Toneffekte genutzt. Der deutsche Ton liefert
ähnliche Qualitäten, allerdings wirkt die Synchronisation
etwas künstlicher.
Extras
Trailer.
Fazit
Bei
Todd Solondz "Palindrome" liegt der Teufel im Detail, da
die Hauptgeschichte keinen anderen Zweck erfüllt, als verschiedene
kleine Szenen aneinanderzureihen. Wer Solondz' Rätsel entschlüsseln
will, muss ihm ins Reich der Nebenschauplätze folgen und das
Offensichtliche ignorieren. Technisch liegt die DVD im Durchschnitt.
Stefan Dabrock
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Originaltitel |
Palindromes
(USA 2005) |
Länge |
96
Minuten (Pal)Alamode Film |
Studio |
Alamode
Film |
Regie |
Todd
Solondz |
Darsteller |
Ellen
Barkin, Stephen Adley Guiris, Richard Masur, Debra Monk, u.a. |
Format |
1:1,85
(16:9) |
Ton |
DD
2.0 Deutsch, Englisch |
Untertitel |
Deutsch |
Extras |
Trailer |
Preis |
ca.
16 EUR |
Bewertung |
Film
rätselhaft, technisch Durchschnitt |
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