Selbstverzehrung

Out of the Blue

Für eine herausragende DVD-Edition (sehr gute Bildqualität und überzeugendes Bonusmaterial) wird dieser DVD der Gipfel verliehen.

 

Dennis Hoppers dritte Regiearbeit ist ein Zufall der Filmgeschichte, denn eigentlich wollte niemand dem „Easy Rider“-Regisseur nach seinem zweiten Film „The last Movie“ (1971) noch ein Werk anvertrauen. Da der zunächst engagierte Regisseur aus Sicht des Produzenten jedoch kein brauchbares Material ablieferte, musste die Entscheidung getroffen werden, die Produktion abzubrechen oder einem anderen die Regie zu übertragen. Hopper übernahm das Projekt, schrieb das Drehbuch um und besetzte Rollen neu. Während in der ursprünglichen Fassung ein Psychiater die Geschichte erzählte, änderte Hopper den Fokus auf die Familie und hier vor allem auf die Tochter CeBe. Ihr Vater sitzt seit einem schweren Unfall im Gefängnis. Unter Alkoholeinfluss hatte er mit seinem Truck einen Schulbus gerammt. Cebes Mutter arbeitet in einem Diner und hat sich in eine Affäre mit ihrem Arbeitgeber geflüchtet. CeBe selbst versucht, zwischen Elvis-Verehrung, Punk-Rock, kaputtem Elternhaus und Schule eine Identität zu finden. Zumeist flüchtet sich das Mädchen in eine aufsässig-rebellische Haltung, die ihren Außenseiterstatus kultiviert. Als ihr Vater aus dem Gefängnis entlassen wird, scheint sich das Schicksal für einen flüchtigen Moment zum Besseren zu wenden. „Out of the Blue“ nimmt die damalige Punk-Bewegung auf, um das Portrait eines Teenagers zu zeichnen, dessen rebellischer Ansatz im Verbund mit seiner instabilen sozialen Umwelt zunehmend selbstzerstörerische Züge annimmt. Unerbittlich setzt Hoppers Regie das White-Trash-Milieu mit seinem völligen Stillstand in Szene. CeBes Vater war vor dem Gefängnisaufenthalt ein Alkoholiker und ist es nach seiner Freilassung immer noch. Arbeit findet er nur auf einer Müllkippe, wo er symbolisch mit den Abfällen der Gesellschaft verschmilzt. Die Mutter ist heroinabhängig und mit ihrer Tochter, die Halt braucht, völlig überfordert. „It’s better to burn out than it is to rust“, heißt es in Neil Youngs immer wieder erklingendem Song “Out of the blue”. Alles scheint hier vor sich hinzurosten und im Stillstand einzugehen. Immer wieder versucht CeBe, daraus auszubrechen, weil sonst keine Bewegung spürbar ist. Dabei gerät sie auf der Suche nach dem lösenden Befreiungsschlag immer tiefer in eine Welt hinein, die nur noch selbstverzehrend wirkt. Da sie keine anderen Mittel als den gewaltsamen Ausbruch besitzt, bleibt sie in einer abwärts führenden Spirale gefangen. „Out of the Blue“ nimmt die No-Future-Gesinnung des Punk-Rock und spitzt sie als sozialen Kommentar der Hoffnungslosigkeit ganzer Gesellschaftsschichten zu. Daraus entsteht ein ebenso faszinierender wie grimmiger Film.

Bildqualität

Beim Bild wurde Großes geleistet. Der relativ günstig produzierte Film erstrahlt ohne Dreckspuren oder Defekte auf der DVD. Die Szenerie wechselt zwischen Aufnahmen, die gestochen scharf aussehen, und Aufnahmen, die eine gute Schärfe besitzen. Die Farben erstrahlen ebenso im alten Glanz wie der gelungene Kontrast ein plastisches Bild erzeugt. Rauschmuster treten kaum auf.

Tonqualität

Der englische Originalton ist gut verständlich und liefert auch in den Musikpassagen eine gelungene Leistung ab. Demgegenüber erscheint die deutsche Kinosynchronisation etwas übersteuert, während die TV-Synchronisation eine bessere Figur macht, Insgesamt kommt der Ton ohne besondere Schwächen aus.

Extras

Der Audiokommentar von Dennis Hopper (Regie, Darsteller), Paul Lewis (Produktion) und John Alan Simon (amerikanischer Verleiher) geht auf die besonderen Produktionsumstände ein und analysiert den Film hinsichtlich der innewohnenden Themen. Darüber hinaus lobt man die Schauspieler und den Kameramann. Auch wenn die lobenden Passagen etwas weniger oft auftreten dürften, überzeugt der Kommentar durch die Interpretationen der Beteiligten. Darüber hinaus erfährt man auch etwas über die Schwierigkeiten, die der Film beim Verleih hatte.

Auf einer Bonus-DVD ist ein 93minütiges Interview mit Dennis Hopper enthalten, das aus dem Jahr 1982 stammt und seine gesamte damalige Karriere umspannt. Hopper erzählt eine Fülle an Informationen zu seinen Filmen als Schauspieler, beleuchtet die Zeit, als er in Hollywood nicht gern gesehen war und berichtet aus seiner Sicht über das Filmgeschäft, wie er es erlebt hat. Ein sehr gutes Interview, bei dem natürlich auch „Out of the Blue“ vorkommt.

Ein Radiospot, der Trailer und eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial ab. Das 16seitige Booklet liefert weitere Informationen und Interpretationsansätze zum Film.

Fazit

„Out of the Blue“ portraitiert mit unerbittlichem Scharfblick das White-Trash-Milieu und zeigt einen Teenager, der unter dem verwirrenden Einfluss verschiedener Strömungen immer selbstzertörerische Züge annimmt. Technisch ist die DVD sehr gut, das Bonusmaterial ausgezeichnet.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Out of the Blue (Kanada 1980)
Länge 93 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Dennis Hopper
Darsteller Linda Manz, Dennis Hopper, Sharon Farrell, Raymond Burr, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Englisch und Deutsch
Untertitel -
Extras Audiokommentar von Dennis Hopper (Regie, Darsteller), Paul Lewis (Produktion) und John Alan Simon (amerikanischer Verleiher), Interviews mit Dennis Hopper, u.m.
Preis ca. 18 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut