Nach dem experimentellen Horrorfilm „Haze“ legt der japanische Regisseur Shinya Tsukamoto einen weiteren Horrorfilm nach, der starke experimentelle Züge trägt. Die Polizistin Keiko ermittelt in zwei Todesfällen. Die Opfer liegen jeweils blutüberströmt in ihren Betten. Während Keikos Kollegen von Selbstmorden ausgehen, da kein gewaltsames Eindringen in die Wohnungen feststellbar ist, zweifelt die Polizistin daran. In beiden Fällen haben die Opfer vor Ihrem Tod dieselbe Nummer auf ihrem Mobiltelefon gewählt. Keiko vermutet, dass irgendeine Traumerfahrung für das blutige Ende verantwortlich sein könnte. Sie kontaktiert den seltsamen Nightmare Detective, um auf der Traumebene weiter zu ermitteln, während ihre Kollegen mit analytischen Methoden in Erfahrung bringen wollen, mit wem die beiden Opfer telefonierten.
Traumatische Kindheit, Verdrängung und die Übergangsphase vom Leben in den Tod sind nur ein paar der psychologischen Themen, die Shinya Tsukamoto in seinem Traumhorrorfilm bebildert. Zentral ist dabei die einflussreiche Kraft, die vom Tod in der Übergangsphase ausgeht, in welcher der Mensch noch am Leben ist. Hier kann der Tod über Traumstrukturen auf weitere Menschen einwirken. Von dieser Idee Tsukamotos, in dessen früherem Werk existentielle Grenzzustände immer wieder eine zentrale Rolle einnehmen, geht eine suggestive Kraft aus, die Dank des faszinierenden Inszenierungsstils weiter intensiviert wird. Die unruhigen Handkameraverfolgungen in den Träumen der Opfer durch eine unbekannte Macht steigert die Fremdartigkeit der Bedrohung. Bei gleichzeitigem Einsatz metallisch klirrender Effektgeräusche, unter die plötzliche Schlagklänge gelegt wurden, entsteht eine nervenzerrende Albtraumatmosphäre. Die farbentsättigten Bilder unterstützen die angsterfüllende Szenerie und liefern die visuelle Entsprechung zur Trostlosigkeit der Welt, in die Tsukamoto seine Geschichte gepflanzt hat. Denn neben den psychologischen Kräften, die sich aus einer metaphysischen Größe in eine handfeste, blutige Manifestation wandeln, erzählt der japanische Regisseur auch oft etwas über triste Schicksale, die als metaphorische Allegorie auf eine hoffnungslose Welt lesbar sind. Das Zusammenwirken diverser Schichten, Realitäts- und Interpretationsebenen mündet in einem filmischen Kunstwerk, das gleichzeitig unterschwellige Angstzustände wie reale Bedrohungen reflektiert und als faszinierende Mischung seine suggestive Kraft über das Sehen hinaus entfaltet.
Bildqualität
Die saubere Vorlage erfreut sich bei der DVD-Veröffentlichung der Firma Sunfilm einer gelungenen Schärfe, die leichte weiche Tendenzen aufweist. Das wirkt sich hauptsächlich auf die etwas zurückgenommene Detailfreudigkeit aus, die Kantenschärfe ist stets gut. Die Farbwiedergabe entspricht auf sehr gute Weise der entsättigten Optik des visuellen Konzepts. Zu einem leichten Hintergrundrauschen gesellt sich eine leichte Blockbildung, die jedoch nicht sehr auffällig ist.Tonqualität
Die 5.1-Spuren liefern eine gute Tonkulisse im Rahmen der Möglichkeiten. Jenseits des musikalischen Einsatzes bleiben die hinteren Lautsprecher zumeist stumm, da die Dialoge eine große Rolle spielen. Diese sind klar und verständlich, Rauschen tritt nicht auf. In den Spannungsszenen sorgt dann die gespenstische Tonkulisse auch für ein leichtes räumliches Klangbild.Extras
m Intro vor dem Film wünscht Regisseur Shinya Tsukamoto viel Spaß beim Anschauen des Films. Das exklusive Interview mit Regisseur Shinya Tsukamoto, das anlässlich der Frankfurter Nippon Connection 2007 geführt wurde, ist leider nicht wie auf dem Cover angegeben 50 Minuten, sondern nur 25 Minuten lang. Die Schludrigkeit bei der Produktion des DVD-Covers beeinträchtigt natürlich nicht die Qualität des Gesprächs, in dem Tsukamoto Auskünfte über sein bisheriges filmisches Schaffen gibt, den „Nightmare Detective“ darin einordnet und auch über den Einfluss privater Veränderungen auf seine künstlerische Intention spricht. Shinya Tsukamoto weiß ganz genau, was er als Filmregisseur erschaffen will, so dass seine Ausführungen Substanz aufweisen.
Im etwa 10minütigen Making Of, das im DVD-Menü entgegen der Cover-Angabe Creature Of genannt wird, geht es um die Spezialeffekte. Die Ausführungen in den Interviewteilen sind vergleichsweise banal, dafür sind ein paar der „Monster“-Puppen genauer zu sehen, als das im fertigen Film möglich ist. Im 8minütigen Publikumsgespräch mit Shinya Tsukamoto auf der Nippon Connection 2007 beinhaltet teilweise ähnliche Fragestellungen, die bereits im Interview diskutiert wurden, geht an zeitweise aber auch darüber hinaus. Insgesamt ist es eher als historische Dokumentation zum Festival Nippon Connection geeignet. Die etwa 16minütige Promotion-Rolle zeigt Aufnahmen diverser Premieren des Films „Nightmare Detective“, die teilweise ganz unterhaltsam sind. Der Trailer und eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial ab.
Fazit
„Nightmare Detective“ nutzt seine Albtraumphantasien für eine düstere Allegorie auf emotionale Verwerfungen in heutiger Zeit. Technisch ist die DVD gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Nightmare Detective (Japan 2006) |
Länge | 102 Minuten (Pal) |
Studio | Sunfilm |
Regie | Shinya Tsukamoto |
Darsteller | Yoshio Harada, Shinya Tsukamoto, Ryuhei Matsuda, u.a. |
Format | 1:1,85 (16:9) |
Ton | DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Japanisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Interview mit Shinya Ttsukamoto (Regie), Trailer, u.m. |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch gut |