Hoffnungsträger Riesenratte

Nezulla

Die japanische Produktion „Nezulla“ richtet sich an den Kenner diverser Genre-Standards. Neben dem japanischen Monsterfilmgenre reflektiert der Film vor allem auch typische dramaturgische Momente aus Werken, in denen im weiteren Sinne ein Kommandounternehmen im Mittelpunkt steht. Das können sowohl Söldnerfilme als auch andere Produktionen sein, in denen eine kleine Armeeeinheit Träger der Handlung ist, oder auch Filme, in denen eine Expeditionsgruppe im Dschungel beziehungsweise anderem unwegsamem Gelände unterwegs ist. Das intellektuelle Erkennen solch reflektiver Momente ist zwingend notwendig, damit „Nezulla“ in den dramatischen Szenen auch emotional funktioniert. Wenn man als Zuschauer dafür keinen Sinn hat oder daran schlicht nicht interessiert ist, dann wird man „Nezulla“ vermutlich für einen miesen Film halten. Schätzt man hingegen die Metaebene, dann entwickelt „Nezulla“ zum einen humorvolle Qualitäten und zum anderen ein emotionales Drama. Im Zentrum steht eine amerikanische Armeeeinheit, die ausschließlich durch japanische Darsteller verkörpert wird. Sie sollen in einem ehemaligen Forschungskomplex, in dem Amerikaner Tierversuche durchgeführt haben, eine mutierte Ratte aufspüren. Der Virus, mit dem hier experimentiert wurde, hat unter der Zivilbevölkerung eine todbringende Seuche ausgelöst. Da die Ratte noch am Leben ist, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sie Träger entsprechender Antikörper ist, mit deren Hilfe ein Medikament für die Bevölkerung entwickelt werden soll. Im Forschungskomplex stößt ein japanischer Spezialkämpfer zu den Amerikanern. Gemeinsam suchen die Soldaten die monströse Ratte und müssen dabei feststellen, dass es unterschiedliche Interessen in den eigenen Reihen gibt.

„Nezulla“ stellt zu Beginn seine hanebüchene Grundprämisse offensiv in der Vordergrund. Holzscheite anstelle geladener Maschinenpistolen in der Waffenkiste gehören ebenso zum absurden Handwerkszeug wie zwei Charaktere, die lächerliche Comicversionen Armeeangehöriger darstellen. Als aufgeblasene Sprücheklopfer ohne coole Ausstrahlung demonstrieren sie eindrucksvoll die Unterschiedlichkeit der kleinen Truppe, in der die restlichen Soldaten diese Bezeichnung verdienen. Zu den beiden Comic-Kämpfern passt ausgezeichnet das Design der Riesenratte, die mit grotesken Deformationen ausgestattet keinen Schrecken erzeugen kann, sondern die übergeschnappte Grunderzählung unterstreicht. Nachdem Regisseur Kanta Tagawa die Geschichte in Gang gebracht hat, zu der auch Szenen im örtlichen Krankenhaus gehören, in dem ein Arzt um das Überleben der infizierten Patienten kämpft, wechselt er langsam den Ton des Films. Immer öfter streut er Genre-Standard-Situationen ein, die er mit großem Ernst präsentiert. Dazu zählt die klassische Szene, in der ein Mitglied der Truppe die anderen wegschickt, weil sie sich noch retten können, er aber zu schwach ist und sich alleine dem Monster entgegen stellen muss. Langsam aber sicher steigert Kanta Tagawa auf diese Weise den Pathos seines Inszenierungsstils, bis er am Ende beim opernhaft herausgehobenen Stil des Heroic-Bloodshed-Genres ist. Um Missverständnissen vorzubeugen sei noch einmal betont, dass es nur um den Inszenierungsstil geht, indem die Kameradschaft der beiden Hauptfiguren eine entscheidende Rolle spielt, und nicht um Heroic-Bloodshed-Zutaten wie wüste Schießereien oder ähnliches. Gemeinsam rauchen die beiden zentralen Soldatenfiguren eine letzte Zigarette, bevor sie sich in die Entscheidungsschlacht mit der Riesenratte werfen. Da Kanta Tagawa an dieser Stelle trotz der absurden Szenerie keine Komödieninszenierung pflegt, sondern bedingungslos pathetisch wird, gelingt der Spagat zwischen Monsterfilmparodie und echter Emotion.

Bildqualität

NezullaDa es sich bei „Nezulla“ um eine günstige Filmproduktion handelt, fällt die Bildqualität entsprechend mager aus. Defekte oder Dreckspuren treten zwar nicht auf, dafür ist die Schärfe nur angenehm. Besonders mager fällt die Detailschärfe aus. Hintergründe besitzen eine sehr matschige Optik. Die Farbwiedergabe fällt demgegenüber mit kräftigen Tönen besser aus. Rauschmuster in homogenen Flächen und die allgemeine Körnigkeit beeinträchtigen das Bild zusätzlich.

Tonqualität

Die beiden Tonspuren liefern eine gute Qualität ab. Die Dialoge sind klar und verständlich, auch die Musik entfaltet ihre Wirkung. Störendes Rauschen und Verzerrungen gibt es nicht.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

„Nezulla“ entfaltet seine Qualitäten nur dann, wenn man an der Metaebene der Genrereflektion seinen Spaß hat. Sie ist der Schlüssel zur emotionalen Kraft, die der Film vor allem im letzten Drittel entfalten kann. Technisch ist die DVD durchwachsen.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Nezulla (Japan 2002)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio Asian Film Network
Regie Kanta Tagawa
Darsteller Yoshiyuki Kubota, Mika Katsumara, Daisuke Ryuu, u.a.
Format 1:1,85 (4:3)
Ton DD 2.0 Deutsch, Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras -
Preis ca. 20 EUR
Bewertung gut, technisch durchwachsen