Traumaction

Narco - Die wunderbare Welt des Gustave Klopp

"Narkolepsie ist als Schlafstörung eine neurologische Erkrankung des Schlaf-Wach-Rhythmus, die sich bevorzugt durch imperativen Schlafdrang äußert" (Wikipedia).

Gustave Klopp, der Held in der französischen Komödie "Narco", leidet seit Kindesbeinen an dieser Krankheit. Wie sich der Leser vorstellen kann, verlief Gustaves Kindheit, Pubertät und sein bisheriges Leben nicht besonders glücklich. Welches Mädchen ist schon begeistert, wenn ihr Kerl beim ersten Date im unpassenden Moment - denn es kann auch nur einen unpassenden Moment geben - einschläft und durch nichts wieder aufzuwecken ist. Auch die Jobsuche gestaltet sich etwas schwierig, denn nur die allerwenigsten Chefs mögen schlafende Mitarbeiter. Durch eine glückliche Fügung hat es Gustave immerhin geschafft, Paméla kennen zu lernen, mit der er zusammen lebt. Sie betreibt ein Fingernagelstudio, wodurch ein geringes Einkommen gesichert ist. Gustaves einziges Kapital sind seine Traumwelten, in denen er zum unangefochtenen Actionstar aller beliebten Genres von Science-Fiction bis zum Thriller aufsteigt. Als die Geschichten in seiner Therapiegruppe bestens ankommen, erfasst ihn die Idee, Comics daraus zu machen. Denn Gustave besitzt ein exzellentes zeichnerisches Talent. Aber die fehlende Unterstützung seiner Frau sowie ein schlimmer Unfall machen die Pläne zunichte. Und dann zieht auch noch eine schamlose Verschwörung gegen Gustave herauf, an der seine Frau, sein Therapeut und sogar sein bester Freund Lenny, ein Möchtegern-Karateka und Berufslooser teilnehmen.
Die beiden Regisseure Tristan Aurouet und Gilles Lellouche bemühen sich, ihre Geschichte stets mit der augenzwinkernden Spontanität eines Stand-Up-Comedien zu erzählen. In schneller Abfolge scherenschnittartiger und verkürzt-pointierter, aber typischer Situationen treiben sie "Narco" mit hohem Tempo voran. Durch die Auswahl allseits bekannter Lebenssituationen wie dem ersten Date, Diskobesuchen oder ähnlichem ist die Identifikation sowie das Verständnis sofort gegeben. Die Tragikomik der Szenen entfaltet sich ausgezeichnet und wird durch den pointierten Stil sogar verstärkt, da jeder Zuschauer eigene Erfahrungen in das Geschehen hinein projizieren kann. Brillant beispielsweise eine Montage verschiedener Diskoszenen, in der Gustave Klopp durch die unterschiedlichen Musikmoden von Punk bis Pop wandert. Hier verdichtet sich Gustaves Ausweglosigkeit, der zwar die Moden mitmacht und dadurch an der Veränderung teilnimmt, aber stets durch sein narkoleptisches Leiden gebeutelt wird. An diesem episodischen Stil halten Tristan Aurouet und Gilles Lellouche bis zum Ende des Films fest. Dadurch gelingen ihnen zwar immer wieder rasante Gags mit hohem Amüsementpotential, eine berührende Geschichte erzählen sie aber nicht. Denn nach der Charakterisierung der Lebenssituation Gustave Klopps, müsste eine fließende Erzählung ihren Lauf nehmen, damit sich die Figuren sowie ein dramatischer Bogen entwickeln können. Die reine Abfolge typologischer Szenen mit Witzgarantie lässt den Film in einer ewigen Exposition stecken. Das wird vor allem an der Einführung eines Verlagschefs deutlich, dessen Vorleben mit einer ähnlich temporeichen Montage im Stakkatostil vorgestellt wird. Da erfährt man beispielsweise, dass er sich in der Vergangenheit erfolglos als Comedien versucht hat. Diese Charakterisierung spielt für seine Funktion innerhalb des Films keinerlei Rolle. Sie wird lediglich am Ende mit einem Schlussgag gerechtfertigt. Ständig präsentiert "Narco" auf diese Weise neue Einführungen, die auf einen neuen Film verweisen, der jedoch gar nicht erzählt wird. Weil sich "Narco" nicht auf bestimmte Elemente konzentriert, die er intensiv beackern könnte, sondern stets das Neue sucht, verliert er sich in einer pathologischen Hetze, die spätestes nach 50 Minuten nur noch ermüdend wirkt.

Bildqualität

Hinsichtlich Verschmutzungen oder Bilddefekten präsentiert sich der Film auf der DVD blitzsauber. Die weitgehend gute Schärfe leidet ein wenig unter mangelndem Detailreichtum und leicht matschigen Konturen. Hier hätte man sich bei einem brandaktuellen Film durchaus mehr vorstellen können. Die kräftigen Farben tauchen den Film in die beabsichtigte comicartige Atmosphäre. Der Kontrast leistet gute Arbeit, so dass auch in dunklen Szenen nichts verschluckt wird. Rauschmuster treten nicht auf.

Tonqualität

Der 5.1-Ton bietet eine rundum gelungene räumliche Kulisse. Vor allem die Actionträume Gustave Klopps bieten dem Ton die Gelegenheit alle Register zu ziehen. Mit krachender Dynamik werden alle Boxen mit einbezogen. Der deutsche Ton ist sogar noch dynamischer abgemischt als der französische Originalton. Die Dialoge sind klar und verständlich.

Extras

Das etwa 22minütige Making Of besteht aus einem Interviewzusammenschnitt. Dabei kommen unter anderem die beiden Regisseure Tristan Aurouet und Gilles Lellouche, Produzent Alain Attal sowie die Darsteller Guillaume Canet, Benoît Poelvoorde, Guillaume Gallienne und die Darstellerin Zabou zu Wort. Interessantes hält sich jedoch in engen Grenzen. Der Trailer sowie vier Teaser runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

"Narco" scheitert in seiner Erzählung an einem episodischen Stil, der immer neue Erzählungen eröffnet, die dann auch nicht konsequent umgesetzt werden. Übrig bleibt ein Amüsementpotential, das den Film als Gag-Kaugummi immerhin 50 Minuten trägt, bevor es langweilig wird. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Narco (Frankreich 2004)
Länge 105 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Tristan Aurouet u. Gilles Lellouche
Darsteller Guillaume Canet, Zabou, Benoît Poelvoorde, Guillaume Gallienne, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS Deutsch; DD 5.1 Deutsch, Französisch
Untertitel Deutsch
Extras Interviews, Trailer
Preis ca. 18 EUR
Bewertung gescheitert, technisch gut