Bevor Pierre Brice seinen Fans in Harald Reinls „Der Schatz im Silbersee“ (1962) den Winnetou machte, war er unter anderem in Damiano Damianis „Unschuld im Kreuzverhör“ („Il Rossetto“, 1960) und eben Giorgio Ferronis „Die Mühle der versteinerten Frauen“ zu sehen. In Ferronis gotischem Horrorfilm besucht Brice in der Rolle des Hans van Harnim den Kunstprofessor Gregorius Wahl. Dessen Kabinett aus Skulpturen berühmter Mörderinnen, das in einer alten Windmühle untergebracht ist, feiert sein 100jähriges Jubiläum. Van Harnim möchte anlässlich der Feierlichkeiten einen gut recherchierten Bericht über die bekannte Attraktion schreiben. In der Mühle trifft er auch auf die hübsche Tochter des Professors, die ihn nach einem scheuen Kontakt in einem eindringlichen Brief um Hilfe bittet. Van Harnim erliegt dem unnahbaren Charme der dunkelhaarigen Frau und gerät dadurch in den Sog eines gefährlichen Geheimnisses.
Ferronis seltener Film gehört zu den visuellen Meisterwerken des Genres, dessen bis ins Detail stimmige Bildgestaltung eine immerwährende Atmosphäre unterschwelliger Morbidität erzeugt. Das beginnt bereits bei der matten Landschaftsaufnahme am Anfang des Films, die ein düster wirkendes Boot auf einem einsamen Kanal zeigt, der sich durch die blasse, leicht verschleierte Feldlandschaft zieht, und setzt sich bei der Innenausstattung der Mühle Professor Wahls fort. Jeder Raum ist vollgestopft mit Skulpturen oder Skulpturenteilen, die unter anderem an das künstlerische Schaffen der Antike erinnern. Das Unfertige, welches immer auch Ausdruck beginnenden Verfalls sein kann, hat das Zepter übernommen. Wie eine dicke Schicht haben sich die zahllosen ungeordneten, unfertigen Stücke in das Innere der Mühle hineingefressen. Zusammen mit der morbiden Tradition des Skulpturenkabinetts entsteht eine seltsam betörende Kraft aus ebenso anziehender wie lähmender Schönheit. Der sehr langsame Verfall, welcher mit kräftigen, in sich ruhenden Farben einen Zustand sich kaum verändernder visueller Gestalt erzeugt, hat auch Hans van Harnim ergriffen und in einen bedrohlichen Betäubungszustand versetzt. Mit Hilfe des Kontrastes aus lähmender Schönheit sowie Van Harnims Aufklärungswillen, der sich angesichts der seltsamen Verhältnisse um Professor Wahls Tochter entwickelt, entwirft Ferroni ein reizvolles Duell widerstreitender Emotionen, in das er zusätzlich Van Harnims Zweifel am eigenen Geisteszustand einwebt. Der gesamte Film erzählt letztlich auf verschiedenen Ebenen vom Verfall und dem Kampf dagegen, der durch die Anziehungskraft des Morbiden erschwert wird. Auch das Geheimnis hinter den Ereignissen ist mit dieser Thematik eng verknüpft, die nicht nur einen Blick auf widerstreitende Aspekte der menschlichen Psyche wirft, sondern auch die Liebe als Antriebsmotor beschreibt, der das Handeln in ambivalente Richtungen lenkt. Tod und Leben, Schönheit und Verfall sind Ausdruck derselben Realität.
Bildqualität
Vor dem Hintergrund des Filmalters und der Tatsache, das es sich um einen eher seltenen Film handelt, ist die Bildqualität gut gelungen. Dreckspuren und Defekte halten sich in Grenzen. Da das Material offensichtlich aus mehreren Quellen stammt, schwanken die zentralen Eigenschaften des Bildes. Zumeist ist die Schärfe gut, in einigen wenigen Sequenzen fällt sie ab, bleibt aber auch dann noch brauchbar. Die Farben sind meistenteils sehr kräftig und geben die visuelle Gestaltung des Films ausgezeichnet wieder, ganz selten sind sie blasser. In gleicher Weise liefert der Kontrast fast immer ein plastisches Bild, in den wenigen Szenen aus anderer Quelle verliert er ein wenig an Prägnanz. Das Hintergrundrauschen schwankt ebenfalls, spielt sich aber nicht störend in den Vordergrund.Tonqualität
Die Mono-Tonspuren fallen qualitativ ein wenig unterschiedlich aus. Zum einen sind einzelne Szenen nicht auf Deutsch enthalten, da sie vermutlich in der deutschen Fassung fehlten, zum anderen ist die deutsche Tonspur insofern beschädigt, als dass immer wieder Silben am Satzende oder kleinere Satzteile fehlen. In all diesen Fällen hat New Entertainment World vom sinnvollen Mittel der deutschen Untertitel Gebrauch gemacht, so dass alles verständlich ist. Die Spur selbst weist Rauschen auf und ist ein wenig dumpf, teilweise sind deutliche Verzerrungen bei den Höhen hörbar. Dennoch bleibt alles verständlich, so das man mit dem Ergebnis leben kann, der Ton ist eben nicht besonders frisch. Der englische Ton ist als britische und als amerikanische Variante enthalten und kann sich nur leicht gegenüber der deutschen Spur absetzen. Etwas besser klingen Französisch und Italienisch, die eine etwas weniger dumpfe Klangfarbe und etwas weniger Rauschen besitzen.Extras
Neben dem informativen Rolltext über den Film, die Darsteller und den Regisseur enthält die DVD eine geschnittene Szene, die aus der französischen Fassung des Films stammt und deutsche Untertitel besitzt. Sie ist insofern interessant, als eine der Figuren und Ihre Beziehung zu Hans van Harnim etwas deutlicher charakterisiert wird. Die Alternative Szene variiert die in der vorliegenden Fassung enthaltene traumartige Szene ein wenig. Das ist ganz nett. Eine Bildergalerie und der Trailer runden das Bonusmaterial ab. Der PC-Part enthält Bildmaterial zum Film in Druckqualität.Fazit
„Die Mühle der versteinerten Frauen“ entwirft eine visuell eindrucksvolle Atmosphäre des Verfalls, die zu gleichen Teilen eine morbide Schönheit und eine erdrückende Kraft aufweist. Die Hauptfigur ist zwischen Lähmung und energischer Tatkraft hin und hergerissen, so dass sie den Widerstreit zwischen Verfall und Lebenskraft in sich vereint. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Il Mulino delle donne die pietra (Italien/Frankreich 1960) |
Länge | 91 Minuten (Pal) |
Studio | New Entertainment World |
Regie | Giorgio Ferroni |
Darsteller | Pierre Brice, Scilla Gabel, Wolfgang Preiss, Dany Carrel, Robert Boehme, u.a. |
Format | 1:1,66 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch, Italienisch, Französisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Geschnittene Szene, Bildergalerie, Trailer, u.m. |
Preis | ca. 15 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch angesichts des Filmalters gut |