Michael Hui gehört zu den wichtigsten Vertretern der kantonesischen Komödie. In seinen zentralen Werken verkörpert er oftmals den Durchschnittsbürger, der aber glaubt, um ein Vielfaches gerissener zu sein, als seine Mitmenschen. Daraus legitimiert er für sich selbst einen Führungsanspruch, mit dem er schließlich seine Umgebung tyrannisiert. Seine Macht erstreckt sich dabei vor allem auf Geld und die Arbeitsbedingungen, die er in seinen selbst gegründeten Unternehmungen vorgibt. Eigene Fehler werden gerne zu den Fehlern seiner Mitarbeiter umgedeutet, während deren Erfolge vereinnahmt werden.
„Mr. Boo 1“ aka. „The Private Eyes“ aka. „Ban jin ba liang“ (1976)
Michael Hui spielt darin den Chef eines Privatdetektivunternehmens, dessen Angestellte aus Kostengründen in einem Raum mit einem selbstgebauten Hochbett hausen. Ihre Aufträge erledigen sie mit viel Glück sowie großem Enthusiasmus. Die episodische Struktur der Handlung lebt vom Zusammenspiel der drei Hui-Brüder, die in diesem Film ihr gelungenes komödiantisches Talent präsentieren. Während Michael Hui mit kontrollierten Gesichtszügen den möchtegernschlauen Tyrann gibt, verkörpert sein Bruder Ricky die resignative Variante des Untergebenen und Samuel darf etwas lebhafter agieren. Neben den amüsanten Auseinandersetzungen um Geld sowie den schulmeisterlichen Reden Michaels, der nur halb so schlau ist, wie er denkt, sind es vor allem absurde Beschattungs- oder Verfolgungsszenarien, welche die Komödie tragen. So überwacht einer der drei seine Zielperson in eines Liebeshotel, indem er mit Luftröhrchen bewaffnet in der vollen Badewanne liegt. Bei einer Autoverfolgungsjagd wird mit konsequenter Lust an der Zerstörung des Objektes das Gefährt auch dann noch weiter demoliert, als es eigentlich schon längst zerstört scheint. Aber totgesagte leben länger, und so setzt sich das arg geschundene Auto absurderweise immer wieder in Bewegung. Das Timing sowie das Zusammenspiel der Darsteller überzeugen.
„Mr. Boo 2“ aka. „The Contract“ aka. „ Mai shen qi“ (1978)
Im Zentrum steht Michael Hui, der vertraglich an den Hongkonger Fernsehsender Mice TV (MTV) gebunden ist. Aus beruflichen Gründen würde er gerne zur Konkurrenzanstalt Cat TV (CTV) wechseln, aber die tyrannische Programmchefin lässt das nicht zu, so dass Hui durch immer neue Fernsehshows stolpert, bis durch Zufall die Einschaltquoten in die Höhe schnellen und Hui aufsteigt. Mit bitterbösem Humor persifliert Michael Hui das Fernsehschaffen in der damaligen Kronkolonie, das in seiner Version jegliche Geschmacksgrenzen überschreitet. In einer der dargestellten Shows setzt eine Frau gar ihren im Rollstuhl sitzenden, schwer kranken Ehemann als Spieleinsatz ein, um an den großen Reichtum zu gelangen. Der Konkurrenzkampf wird hier zu einem Kampf um Leben und Tod, der sich auch in den beiden Symbolen der Fernsehsender Katze und Maus widerspiegelt. Hinter der Fassade der lässig präsentierten Gags steckt eine fundamentale Kritik am Egozentrismus der Leistungsgesellschaft. Das ist grimmig und auch heute noch hochaktuell.
„Mr. Boo 3“ - aka. „Security Unlimited“ aka. „ Mo deng bao biao“ (1981)
Statt Privatdetektive verkörpern die Hui-Brüder in diesem Film Angestellte einer Sicherheitsfirma. Michael Hui ist der Ausbilder, der es vor allem auf einen durch Ricky dargestellten sowie weitere neue Mitarbeiter abgesehen hat. Unglücklicherweise wird er aber degradiert, so dass er die inzwischen ausgebildeten Schikanierungsopfer nicht weiter drangsalieren kann. In der Rolle des herrischen Ausbilders, der Unwissenheit mit umso selbstsicherer vorgetragener Großspurigkeit kaschiert, läuft Michael Hui zu Hochform auf. Das Tempo des Films leidet ein wenig unter der auf der Stelle tretenden Dramaturgie. Dafür ist der kleinkarierte Führungsanspruch Huis so konsequent wie in keinem der vorherigen Filme in Szene gesetzt worden. Dem steht die Realität gegenüber, die Huis Figur langsam aber sicher demontiert, in dem Schein und Sein immer offener auseinander brechen. Aus Großspurigkeit und Leidensfähigkeit angesichts immer neuer Demütigungen, die Michael Hui ertragen muss, entwickelt das Werk seinen Witz.
„Mr. Boo 4“ aka. „Chicken and Duck Talk“ aka. „Gai tung aap gong“ (1988)
Michael Hui führt in diesem Film einen Imbiss, dessen Spezialität eine Grillente nach seinem Geheimrezept ist. Service, Sauberkeit und Freundlichkeit spielen für den geizigen Besitzer keine Rolle, da die Gäste dank der ausgezeichnet schmeckenden Ente trotzdem kommen. Als gegenüber jedoch ein Hühnchenrestaurant nach amerikanischem Fast-Food-Vorbild eröffnet, laufen die Kunden über, denn dort ist es sauber und man wird zuvorkommend behandelt. Diesmal unter der Regie Clifton Koos – die übrige drei Werke hat Michael Hui selber inszeniert – agiert der kantonesische Komiker erneut auf hohem Niveau. Starrsinnig wendet sich Hui gegen jegliche Veränderung, die ihm gefährlich vorkommt. Er symbolisiert damit die menschliche Sehnsucht nach Bequemlichkeit, die im äußersten Fall zu einer krankhaften Lethargie wird. Die Konkurrenzfirma hingegen symbolisiert das andere Extrem eines sterilen Kapitalismus, welcher die Mitarbeiter zu Robotern gleicher Persönlichkeit machen und wirtschaftliche Gegner mit aggressiven Methoden – bis hin zu illegalen Tricks – aus dem Feld schlagen will. Die Auseinandersetzung beider Pole kulminiert schließlich in einem wunderbaren Kampf zwischen Michael Hui, der ein selbstgemachtes Entenkostüm trägt, und seinem Bruder Ricky, der sich im Hühnchenkostüm der Konkurrenzfirma auf Kundenfang befindet. Absurdität und Tragik liegen in dieser Szene so nah beieinander, wie es für das Werk typisch ist. Die Groteske, mit der das Konzept hinter dem neu eröffneten Fast-Food-Restaurant persifliert wird, kann nicht verdecken, dass Hui sich nur auf das sagenumwobene Entenrezept verlassen hat, ohne Respekt für seine Kunden und Mitarbeiter zu haben. Beides muss er erst lernen, bevor er seinen Gegner besiegen kann.
Bildqualität
Für Hongkong-Filme der 70er und frühen 80er Jahre sehen die ersten drei Teile geradezu sensationell gut aus. Das Bild weist eine sehr ordentliche Schärfe mit zumeist klaren Konturen auf, die Detailfreudigkeit könnte etwas größer sein. Verschmutzungen oder Bilddefekte halten sich in engen Grenzen. Die Farben geben das visuelle Konzept sehr gut wieder. Der Kontrast sorgt für ein plastisches Bild. Das leichte Hintergrundrauschen stört nicht. Für den vierten Teil lag leider kein gutes Master vor, so dass die Bildqualität schwach ausfällt. Die Konturen sind matschig, Details existieren nicht. Die Farben sind zumeist solide, teilweise etwas ausgewaschen. Verschmutzungen und Bilddefekte sind etwas stärker vorhanden,als bei den anderen Werken. Der Kontrast bleibt auf niedrigem Niveau. Teilweise kommt es zu Nachzieheffekten und leichten Doppelkonturen.Tonqualität
Der Ton des ersten Teils klingt sowohl in der deutschen als auch der Kantonesischen Variante sehr blechern, das ändert sich bei den übrigen Teilen. Das leichte Hintergrundrauschen stört kaum, so dass der monoton solide Qualitäten entfalten kann. Während bei den ersten drei Teilen immerhin englische Untertitel vorliegen, so dass sie auch auf kantonesisch angeschaut werden können, wenn man den chinesischen Dialekt nicht beherrscht, dafür aber des Englischen mächtig ist, liegen beim vierten Teil keine Untertitel mehr vor, so dass man in der Regel auf die deutschen Synchronisation angewiesen ist. Diese erweist sich immerhin als sehr ordentlich, da sie professionell erstellt worden ist.Extras
Das Bonusmaterial besteht jeweils aus dem Trailer. Bei Teil 1 existiert darüber hinaus eine Bildergalerie.Fazit
Michael Huis bedeutendes komödiantisches Werk erfährt mit dieser DVD-Box einer sehr schöne Würdigung, die nur durch den Wermutstropfen der schwache technischen Qualität des vierten Teils getrübt wird. Dass keine deutschen Untertitel vorliegen lässt sich angesichts des vermutlich begrenzten Vermarktungspotentials nachvollziehen. Immerhin verfügen die Teile 1 bis 3 über englische Untertitel. Technisch ist die DVD-Box zu drei Vierteln gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Ban jin ba liang / Mai shen qi / Mo deng bao biao / Gai tung aap gong (HK 1976 / 1978 / 1981 / 1988) |
Länge | 78 / 77 / 74 Minuten (Pal) |
Studio | Mr. Banker Films |
Regie | Michael Hui (Teile 1 - 3) / Clifton Ko |
Darsteller | Michael Hui, Samuel Hui, Ricky Hui, u.a. (Teile 1 – 3) / Michael Hui, Ricky Hui, Sylvia Chang, Lowell Lo, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) (Teile 1 - 3) / 1:1,85 (16:9) |
Ton | Mono Deutsch, Kantonesisch |
Untertitel | Englisch (Teile 1 – 3) / - |
Extras | Trailer, Bildergalerie |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | gut, technisch zu drei Vierteln gut |