Märchenrausch

Jenifer

special: masters of horror - alle folgen

Dario Argentos Beitrag zur Masters of Horror Serie ist ein ebenso einfaches wie effektives Märchen. Alles beginnt, als Detective Frank beobachtet, wie ein unbekannter Mann eine Frau hinrichten will. Schnell zückt er seine Dienstwaffe und erschießt den Fremden, nachdem der alle Aufforderungen, die Waffe fallen zu lassen, ignoriert hat. Die gerettete Frau entpuppt sich als geistig zurückgeblieben, ihr Gesicht ist deformiert. Da keine Verwandten bekannt sind, wird sie in eine Anstalt für geistig Behinderte eingewiesen. Detective Frank will das aus Mitleid nicht akzeptieren und nimmt sie mit nach Hause, wo er nun seiner Frau sowie seinem Sohn erklären muss, dass es eine neue Mitbewohnerin gibt. Die ziehen bald aus, da Jenifer, so soll die geheimnisvolle Frau heißen, sehr unheimlich wirkt. Sie besitzt einen unbändigen Appetit auf Sex und Blut. Ungestüm lebt sie ihr animalisches Wesen aus, dem Detective Frank verfallen ist.
Man muss schon hinnehmen, dass sich der Polizist in Jenifer verliebt, weil sie mit ihrer direkten Art eine ungeschminkte Attraktivität ausstrahlt. Wenn sie Sex haben möchte, dann legt sie einfach los. Soziale Konventionen spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Jenifer handelt nach Instinkt, der keine Einteilung in Gut und Böse verträgt. Wenn sie tötet, dann weil es in ihrer Natur liegt. Dem wohnt eine eigene Unschuld inne, die sie zusammen mit ihrer offensiv ausgelebten Sexualität attraktiv macht. Oder um es vereinfacht auszudrücken: Detective Frank verfällt dem animalischen Wesen Jenifers, weil es ihn an das erinnert, was in ihm schlummert, gesellschaftlich aber verboten ist. So rollt Dario Argento ein düsteres Märchen ab, das seine leidenschaftliche Liebesgeschichte auf dem Fundament der reinen Instinkte verortet. Dabei gelingt es dem italienischen Regisseur teilweise, seinen eleganten Inszenierungsstil ins Fernsehformat zu übertragen. Die eine oder andere Kamerafahrt entfaltet ihre soghafte Wirkung, welche daran gemahnt, wie leicht man den Boden der Ratio verlassen kann. Die hübsche Ausleuchtung tut das ihrige dazu. "Jenifer" ist hinsichtlich der Handlungsführung weder besonders originell noch intellektuell ausdifferenziert. Die Qualitäten der Episode liegen in der konsequenten Inszenierung irrationaler Wesenzüge, die nach dem Prinzip Lust funktionieren.

Bildqualität

Die Bildqualität der lange erwarteten Veröffentlichung ist rundum gelungen. Bildpunkte oder Verschmutzungen gibt es bei einem so aktuellen Werk wie erhofft nicht zu beklagen. Die Schärfe ist gut, nur der Detailreichtum des Bildes könnte etwas besser sein. Dafür ist die Farbwiedergabe sehr gelungen, gleiches gilt für den tiefen Schwarzwert, so dass sich die einzelnen Szenen gut entfalten können. Die Rauschmuster halten sich in Grenzen, sind teilweise leicht sichtbar.

Tonqualität

Der Ton entfaltet seine dynamischen Qualitäten vor allem auf den vorderen Lautsprechern. Die Dialoge werden rauschfrei und verständlich wiedergegeben. Eine echte räumliche 5.1-Kulisse entwickelt sich kaum. Insgesamt kann man aufgrund der guten restlichen Abmischung aber sehr zufrieden sein.

Extras

Das Bonusmaterial wartet mit einem Making Of auf, das in sieben Unterkapitel gegliedert ist, die sich nur einzeln anwählen lassen. "Jenifer in der Maske" (ca. fünf Minuten) zeigt unkommentierte Aufnahmen der Darstellerin Carrie Fleming, der Howard Berger die zweite Gesichtshaut aus Latex aufträgt. Dario Argento beobachtet und dirigiert die Szenerie nach seinen Vorstellungen. In "Jenifers Zähne" (ca. drei Minuten) erläutert Howard Berger den Prozess der Zahnherstellung für die Maske. "Jenifers Gesicht" (ca. neun Minuten) beinhaltet Aufnahmen der Darstellerin Carrie Fleming bei der Durchführung eines Gesichtsabdrucks, welcher für spätere Effekte benötigt wird. Howard Berger kommentiert die Arbeit. "Jenifers Gesicht entsteht" (ca. drei Minuten) zeigt verschiedene Designstadien des deformierten Gesichts der Hauptfigur. "Jenifers erstes Opfer" (ca. neun Minuten) und "Leiche im Kühlschrank" (ca. 10 Minuten) bestehen aus unkommentiertem B-Roll-Material vom Set mit kurzen Erläuterungsschnipseln. "Der Comic" (ca. 2 Minuten) beschäftigt sich mit der Vorlage für die Episode. Insgesamt schwankt das Making Of zwischen interessanten Ausführungen, die hauptsächlich auf das Konto von Effekte-Mann Howard Berger gehen, und langweiligen Beiträgen wie dem B-Roll-Material. Es fehlt ein wenig an einem Konzept für das Bonusmaterial.
Das etwa neunminütige Behind the scenes-Material in drei Teilen (wer die Episode noch nicht angeschaut hat, sollte die Überschriften nicht lesen, da die zweite das Ende der Folge verrät) bietet unkommentierte Aufnahmen vom Set, die mal mehr und mal weniger spannend sind. Immer wenn Dario Argento eingreift wird es interessant, den Italiener bei der Arbeit zu sehen.
Wie bei "Cigarette Burns" sind auch hier sind Interviews enthalten, die ein ähnlich schwaches Durchführungsniveau besitzen. Da die drei Interviewten jedoch gut gelaunt sind, taugen die Ergebnisse etwas.
Etwa 12 Minuten dauert das Gespräch mit Regisseur Dario Argento, der auf die Comicvorlage näher eingeht und die erzählte Geschichte beleuchtet. Darüber hinaus äußert er sich zu seinen Vorlieben sowie darüber, was ihm Angst macht. Letzteres ist eine Frage, welch nahezu allen Interviewteilnehmern gestellt wird.
Drehbuchautor sowie Hauptdarsteller Steven Weber erzählt in ungefähr 11 Minuten einiges über sein kreatives Produkt. Gleichzeitig geht er auf seine Rolle sowie die Arbeit mit Dario Argento ein.
Hauptdarstellerin Carrie Fleming streift bei ihrem etwa 15minütigen Interview einige Aspekte zur Interpretation Jenifers. In diesem Zusammenhang geht sie auch auf die vielen Nacktszenen ein, welche sie in Verbindung mit Jenifers Charakter bringt.
Eine Texttafelbiographie sowie der Trailer runden das Bonusmaterial ab.

Inhaltlich fällt das Bonusmaterial etwas besser aus, als bei "Cigarette Burns", an der billigen Machart hat sich jedoch nichts geändert.

Fazit

Dario Argento erzählt in "Jenifer" ein dunkles Märchen über eine Liebesbeziehung, die auf dem Fundament animalischer Instinkte die Ratio aushebelt. Dabei verweigert sich das Geschehen in eine klare Einordnung hinsichtlich der moralischen Kategorien Gut und Böse.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Jenifer (USA 2005)
Länge 56 Minuten (Pal)
Studio Splendid
Regie Dario Argento
Darsteller Steven Weber, Carrie Fleming, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Interviews, Making of, u.m.
Preis ca. 14 EUR
Bewertung gut, technisch gelungen