Der falsche Kerl

Incident on and off a mountain road

special: masters of horror - alle folgen

Eine einsame Bergstraße ist niemals ein guter Ort für einen Unfall, das gilt vor allem für eine Figur innerhalb eines Horrorfilms. Aber was soll Ellen machen, eine kleine Unaufmerksamkeit und schon rammt sie einen Wagen, der führerlos auf dem Asphalt steht. Benommen steigt die junge Frau aus, aber es sind nur Blutspuren zu sehen. Erst beim Blick den Abhang hinunter entdeckt Ellen ein Lebenszeichen. Doch was da den steilen Berg hoch kommt ist nicht die Fahrerin oder der Fahrer des gerammten Wagens, sondern eine ziemlich große Kreatur, die offensichtlich lieber mordet als sich zu unterhalten. Mit einem großen Satz flüchtet Ellen in den Wald, wobei sie der Unhold verfolgt. Aus der Beziehung zu einem psychopathisch veranlagten Mann hat sie zumindest eins gelernt: die Fähigkeit, tödliche Fallen zu bauen. Mit Nagelpfeile und Ästen baut sie ihre Verteidigungslinie auf, während der schaurige Geselle immer näher kommt.
Während "Incident on and off a mountain road" wie eine klassische Horrorgeschichte beginnt, bei der eine Frau von einem Bösewicht durch einen Wald gejagt wird, mischen sich mit weiterer Dauer der Geschichte andere Elemente hinein. In Zwischenschnitten erfährt man etwas über die Beziehung zwischen Ellen und einem Mann, der es sich zur pathologischen Aufgabe gemacht hat, aus Ellen eine Überlebenskämpferin zu machen. Dabei schreckt er auch vor Unterdrückungsmaßnahmen und Vergewaltigung nicht zurück. Ellen kann den psychologischen Stress immer weniger aushalten, bis die Auseinandersetzung zu eskalieren droht. Während die Geschichte in der Darstellung der Geschlechterbeziehung fast feministische Züge annimmt, sind es gerade die Fähigkeiten aus dem Überlebenstraining und damit die Fähigkeiten, die Ellen ihrem Unterdrücker zu verdanken hat, welche ihr im Kampf mit dem Unhold im Wald zu Gute kommen. Dies unterläuft jegliches Anliegen, das die Erzählung hätte haben können, es sei denn sie wollte die drakonische Ausbildung seitens des Mannes rechtfertigen. Aus dem Audiokommentar erfährt man, das sie das nicht will. Insofern handelt es sich um eine fatalen Konstruktionsfehler in der Erzählung, der auch nicht als Ironie des Schicksals abgetan werden kann. Ohne die unterdrückungsgeschwängerte Ausbildung könnte sich Ellen nicht gegen den Unhold zur Wehr setzen. Das hinterlässt einen nachhaltig schalen Beigeschmack. Hinzu kommt, dass die Montage aus Vergangenheit und aktueller Bedrohung im Wald keine Symbiose eingeht. Beides steht jenseits der erlernten Überlebenstechniken ohne inhaltliche Verbindung nebeneinander, so dass eine emotionale Beteiligung am Geschehen schwer fällt. Don Coscarellis Beitrag ist der bislang schwächste Teil der Serie.

Bildqualität

Die Bildqualität siedelt sich in "Deer Woman"-Regionen an. Bildpunkte oder Verschmutzungen gibt es selbstverständlich nicht zu beklagen. Die Schärfe ist sehr gut, das Bild wirkt detailreich. Die Farbwiedergabe ist sehr gelungen, gleiches gilt für den tiefen Schwarzwert, so dass sich die einzelnen Szenen gut entfalten können. Rauschmuster halten sich in engen Grenzen.

Tonqualität

Der Ton entfaltet seine dynamischen Qualitäten vor allem auf den vorderen Lautsprechern. Die Dialoge werden rauschfrei und verständlich wiedergegeben. Eine echte räumliche 5.1-Kulisse entwickelt sich kaum. Insgesamt kann man aufgrund der guten restlichen Abmischung aber sehr zufrieden sein.

Extras

Zum ersten Mal glänzt die deutsche Veröffentlichung der Masters-of-Horror-Serie mit einer Übernahme der Audiokommentare.
Im ersten plaudern Don Coscarelli (Regie, Drehbuch) und Joe R. Lansdale (Autor der Kurzgeschichte) über die Wurzeln der Folge, die zugrunde liegende Kurzgeschichte. Dabei geht es vor allem um das inhaltliche Konzept, das Horrorgenre unter Beibehaltung klassischer dramaturgischer Elemente mit ein paar Wendungen vom bekannten Pfad herunterzuführen. Vor allem die Beziehung der verschiedenen Charaktere sowie ihre Funktion innerhalb der Geschichte werden näher beleuchtet. Daneben geht es auch um die Schauspieler und die Herausforderungen, die sie während des Drehs leisten mussten. Dank detaillierter und munterer Ausführung ein sehr guter Kommentar.
Auf dem zweiten Kommentar sind Perry Martin (DVD-Produzent Anchor Bay), Don Coscarelli (Regie, Drehbuch) und Stephen Romano (Drehbuch) zu hören. Hier geht es unter der Moderation von Perry Martin verstärkt um die Entwicklung des Drehbuchs aus der Kurzgeschichte, so dass man viel über die Arbeitsweise von Coscarelli und Romano erfährt. Darüber hinaus gehen die drei intensiv auf die technischen Gegebenheiten am Drehort ein und erläutern teilweise szenenspezifisch, wie etwas gedreht wurde. Auch die Interpretation der Geschichte spielt eine Rolle. Ebenfalls ein sehr guter Audiokommentar, der einiges offen legt.
Das Behind-the-Scenes-Material gliedert sich in sechs Beiträge, die zusammen etwa 60 Minuten lang sind. Dabei bleibt man der bisherigen Qualität treu und liefert lieblos zusammen geschustertes unkommentiertes B-Roll-Material. Auf 60 Minuten kommen vielleicht fünf sehenswerte Minuten. Ganz drollig ist es beispielsweise im Kapitel "An der Hütte" (ca. sieben Minuten) zu beobachten, wie die Schulterkamera Schauspielerin Bree Turner während ihrer Hatz folgt. Aber spätestens beim fünften Take wird auch das langweilig. Besonders schlecht ist das Kapitel "Die Gehängten" (ca. acht Minuten) geworden. Hier wird der Bereich vor der Waldhütte des Unholds abgefilmt, wo die gekreuzigten Skelette hängen. Leider wurde entweder das gefilmte Material ohne jeglichen Schnitt zu 100 Prozent verwendet, oder der Schnitt ist scheußlich. Hier wird eine große Chance vertan, das Set, das innerhalb der Serienfolge nur bei Dunkelheit zu sehen ist, etwas genauer vorzustellen. Das unstrukturierte Material, das einem hier vorgesetzt wird, ist jedoch nur mit größter Anstrengung anschaubar.
Das Making Of (ca. 18 Minuten) widmet sich in drei Kapiteln der Unfallszene, die am Anfang der Serienfolge zu sehen ist. Das erste Kapitel zeigt die Besprechung der Szenendurchführung am Set, das zweite das Storyboard und im dritten Kapitel sind die Vorbereitungen vor dem Stunt zu sehen. Selbst diese an sich gute Idee wird durch die mangelhafte Ausführung zunichte gemacht. Die Besprechung am Set ist zwar ganz drollig, aber nur in den seltensten Fällen lässt sich exakt ausmachen, von welchen Winkeln und Drehungen die Leute sprechen. Wenn man die Szene selbst nicht geplant hat, bleiben abstrakte Hinweise auf solche technischen Größen wenig verständlich. Das Storyboard-Kapitel besteht daraus, dass ein Mann am Set die Zettel mit dem Storyboard in die Kamera hält und die Szene noch einmal im Detail beschreibt. Hier lüftet sich der Schleier über die Ausführung des Stunts ein wenig mehr, aber die billige sowie lieblose Machart verleidet einem die Erläuterungen zusammen mit der Tatsache, dass die Storyboards schlecht in Szenen gesetzt werden. Das dritte Kapitel zeigt schließlich noch ein paar Vorbereitungen des Filmteams, wie das Besprengen der Straße mit Wasser, der eigentliche Stunt ist nicht zu sehen.
Dank der Audiokommentare besitzt "Incident on and off a Mountain Road" interessantes Bonusmaterial. Der Rest ist weitgehend wertlos.

Fazit

"Incident on and off a Mountain Road" verheddert sich in seiner Konstruktion, einerseits das unangenehme Schicksal einer Frau in einer durch Unterdrückung geprägten Beziehung zu zeigen, andererseits diese Unterdrückung zu rechtfertigen, indem die dadurch erlernten Kämpfertechniken später das Überleben sichern. Der Zusammenschnitt des aktuellen Horrors mit Rückblenden stoppt den Handlungsfluss derart, das innerhalb des 60minütigen Werkes jegliche Spannungsansätze sofort wieder durchbrochen werden. Die schwächste Folge der Serie bislang. Technisch ist die DVD sehr gut. Die Audiokommentare überzeugen beim Bonusmaterial.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Incident on and off a mountain road (USA 2005)
Länge 56 Minuten (Pal)
Studio Splendid
Regie Don Coscarelli
Darsteller Bree Turner, Ethan Embry, John DeSantis, Angus Scrimm, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Audiokommentar von Don Coscarelli (Regie, Drehbuch) und Joe R. Lansdale (Autor der Kurzgeschichte), Audiokommentar von Don Coscarelli (Regie, Drehbuch) und Stephen Romano (Drehbuch), Behind the scenes, u.m.
Preis ca. 14 EUR
Bewertung schwach, technisch sehr gut