Sinnliches
Vergnügen
Chocolate
special:
masters of horror - alle folgen
Überraschenderweise
ist Mick Garris' Beitrag zur "Master of Horror"-Serie der
beste der bislang in Deutschland veröffentlichten Teile. Nicht
dass Garris in der Vergangenheit nur schlechte Filme gedreht hätte,
aber sein Name hat einfach nicht denselben Klang wie der anderer Regisseure
der Serie, so dass die Erwartungshaltung niedriger war.
Im Zentrum der Geschichte steht Jamie, ein Nahrungsmittelaromadesigner.
Folglich ist sinnliche Wahrnehmung für den eher unscheinbaren
Mann schon eine Frage der Berufsehre. Seine Ehe ist gescheitert, den
Sohn sieht er an den Wochenenden. In das langweilige Leben gerät
Bewegung, als Jamie plötzlich Empfindungen hat, die nicht seine
eigenen sind. Er stellt fest, dass er in bestimmten Situationen das
wahrnimmt und auch sehen kann, was irgendeine Frau fühlt und
sieht. Das reicht auch bis zu intimsten Sinnesreizen. Aufgrund der
intensiven Verbindung, setzt sich Jamie in den Kopf, die Frau zu finden.
Gezielt begibt er sich in den Zustand, der ihn in den Körper
der Frau versetzt, so dass er genaue Beobachtungen ihrer Umgebung
anstellen kann. Aus den visuellen Eindrücken will er die entscheidenden
Schlüsse ziehen, um die Frau zu finden.
Mick Garris erzählt eine ebenso ungewöhnliche wie in der
Intensität
beängstigende
"Liebesgeschichte". Jamie verbindet sich mit einer Frau
auf die nachhaltigste Weise, die möglich ist. Der Traum von der
absoluten Vereinigung, der in jedem sexuellen Akt steckt, wird Jamie
durch Zufall geschenkt. Gleichzeitig sind damit aber auch beunruhigende
Elemente verbunden. Jamie ist in diesem Zustand nicht Herr über
sich selbst. Er ist der Situation völlig ausgeliefert. Das idealisierte
Wunschbild beinhaltet bereits den Schrecken in sich. Jamie gelingt
zwar die totale Vereinigung, er muss aber feststellen, dass hinter
der Tür, welche normalerweise nicht durchschritten werden kann,
Gefahren lauern. So beschwört Mick Garris eine bizarre Tragik,
die dadurch genährt wird, dass sich die ideale Wunschprojektion
als Trugbild entpuppt. Das Bestreben nach totaler Vereinigung, das
dem Sex innewohnt, offenbart sich als sinnlose Kraft der Natur, deren
Erreichung letztlich nicht in einem absoluten Glückserleben endet,
sondern entzaubernd wirkt. "Chocolate" beschwört damit
die Schönheit des Geheimnisses anderer Menschen. Erst im Mysterium
der exakten Gefühle eines Liebespartners bleibt die prickelnde
Spannung erhalten, die für eine erfüllte Beziehung notwendig
ist. Wird die Grenze der Unwissenheit überschritten, lauert Ernüchterung,
Tragik und Gefahr. "Chocolate" reflektiert auf intelligente
Weise das Thema sinnlicher Wahrnehmungen und liefert eine kurze Studie
der Liebe.
Bildqualität
Bei
der Bild- und Tonqualität gibt es nichts Neues:
Die Bildqualität der lange erwarteten Veröffentlichung
ist rundum gelungen. Bildpunkte oder Verschmutzungen gibt es bei
einem so aktuellen Werk wie erhofft nicht zu beklagen. Die Schärfe
ist gut, nur der Detailreichtum des Bildes könnte etwas besser
sein. Dafür ist die Farbwiedergabe sehr gelungen, gleiches
gilt für den tiefen Schwarzwert, so dass sich die einzelnen
Szenen gut entfalten können. Die Rauschmuster halten sich in
Grenzen, sind teilweise leicht sichtbar.
Tonqualität
Der
Ton entfaltet seine dynamischen Qualitäten vor allem auf den
vorderen Lautsprechern. Die Dialoge werden rauschfrei und verständlich
wiedergegeben. Eine echte räumliche 5.1-Kulisse entwickelt sich
kaum. Insgesamt kann man aufgrund der guten restlichen Abmischung
aber sehr zufrieden sein.
Extras
In
der Bonussektion ist zunächst ein Making Of anwählbar, dass
sich in die zwei Beiträge "Magenschmerzen" (Sieben
Minuten) sowie "Autofahrt" (7 Minuten und 30 Sekunden) aufsplittert.
Dabei handelt es sich um unkommentiertes B-Roll-Material der Dreharbeiten.
"Magenschmerzen" zeigt, wie die Effektleute den Messerschnitt
durch einen Torso planen, "Autofahrt" beschäftigt sich
mit der Szene, in der die Hauptfigur während einer Autofahrt
nicht mehr Herr seiner Sinne ist. Wirkliche Informationen werden,
wenn überhaupt, nur im Beitrag "Magenschmerzen" vermittelt,
weil man wenigstens eine Ahnung davon erhält, wie die Szene technisch
umgesetzt wurde. "Autofahrt" hingegen bietet keinerlei Informationsgehalt.
Hinter Behind the Scenes verbergen sich die drei Filme "Zu Besuch"
(Zwei Minuten), "Die durchbohrte Hand" (Zwei Minuten) und
"Finale" (22 Minuten). Dabei handelt es sich ebenfalls um
unkommentiertes B-Roll-Material vom Set, womit sich die Frage stellt,
was die oben erwähnten
Beiträge
als Making Of und die hier enthaltenen Filme als Behind the Scenes
qualifiziert. Unabhängig davon kann der Zuschauer hier ein wenig
Mäuschen spielen und den Akteuren (Regisseur, Effektleute, Darsteller)
dabei zu sehen, wie die Szenen eingerichtet sowie gedreht werden.
Das ist für eine kurze Zeit auch interessant, aber spätestens
der 22minütige Beitrag "Finale" ist reine Minutenschinderei,
der schnell quälend langweilig wird.
Erstaunlicherweise wurde das Interview mit Mick Garris (13 Minuten)
von einer Frau geführt. Dabei ist weniger das Geschlecht bedeutsam,
als vielmehr die Tatsache, dass die beiden Clowns, die noch bei "Cigarette
Burns" sowie "Jenifer" am Werk waren, den "Chocolate"-Regisseur
nicht mehr interviewt haben. Die Qualität steigt dadurch spürbar,
denn endlich gibt es auch Fragen, die nicht mit "Bitte beschreiben
Sie
" anfangen, so dass hier wirklich in die Projektentwicklung
sowie die konzeptionelle Vision eingestiegen wird. Auch sind Interviewerin
und Regisseur gleich laut abgemischt, so dass auch die Fragen akustisch
verständlich sind.
Leider währt die Freude nur kurz, denn das alte Team, bestehend
aus "Doktor Zoom" an der Kamera und dem legendären
"Fragentod" knöpft sich die beiden Darsteller vor,
die sichtlich unter den langweiligen Fragen leiden. So erschöpft
sich alles Wesentliche in der Information, dass das Gespräch
mit Lucie Laurier etwa 16 Minuten und das mit Henry Thomas etwa 11
Minuten lang ist.
Eine Texttafelbiographie zu Regisseur Mick Garris rundet das Bonusmaterial
ab.
Fazit
Mick
Garris liefert innerhalb der Masters of Horror Serie den bislang stärksten
Teil ab. Auf höchst originelle und absurde Art reflektiert Garris
über menschliche Beziehungen zwischen Mann und Frau. Dabei nimmt
seine Vision zunehmend beängstigende Züge an. Technisch
ist die DVD gut, das Bonusmaterial leistet sich erneut Schwächen.
Stefan Dabrock
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Originaltitel |
Chocolate
(USA 2005) |
Länge |
56
Minuten (Pal) |
Studio |
Splendid |
Regie |
Mick
Garris |
Darsteller |
Henry
Thomas, Lucie Laurier, u.a. |
Format |
1:1,78
(16:9) |
Ton |
DD
5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel |
- |
Extras |
Interviews,
Making of, u.m. |
Preis |
ca.
14 EUR |
Bewertung |
gut,
technisch gelungen |
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