Teufelskreis der Abhängigkeit

Der Mann mit dem goldenen Arm

Otto Preminger zeigt in seinem 1955 entstandenen Film „Der Mann mit dem goldenen Arm“, wie sich Realismus und Meldodram zu dem bewegenden Portrait eines Drogensüchtigen verbinden lassen. Frank Sinatra übernahm die Rolle des Frankie, der aus dem Knast entlassen in das Chikagoer Kleinkrimminellen-Milieu zurückkehrt. Hinter Gittern konnte er mit professioneller Hilfe einen Heroinentzug machen, aber die Versuchung lauert in Form der alten Kumpane hinter jeder Ecke. Der örtliche Organisator illegaler Pokerspiele will seinen besten Kartengeber wieder in Dienst nehmen, der örtliche Drogenhändler, welcher auch an den Kartenspielen verdient, will Frankie wieder abhängig machen. Auf diese Weise soll der Ex-Häftling zum Profit der beiden Gangster unter Kontrolle gebracht werden. Auch zu Hause findet Frankie keine Unterstützung. Seine Frau gaukelt ihm vor, dass sie im Rollstuhl sitzen müsse. Auf seine Bemühungen, die im Knast erworbenen Fähigkeiten als Schlagzeuger in Engagements umzusetzen, reagiert sie mit Ablehnung. Einzig Frankies Nachbarin versucht, ihn auf seinem Weg zu bestärken, kümmert sich aber gleichzeitig um einen anderen Mann mit Alkoholproblemen.

„Der Mann mit dem goldenen Arm“ funktioniert als präzise Studie der Stadien, die ein Drogensüchtiger auf dem Weg in den Rückfall beschreitet. Dabei breitet Premingers Film gleich zu Beginn die offensichtlichen Konflikte aus, die den zurückgekehrten Frankie mit starkem Griff umklammern. Das Milieu, welches ihn auf den falschen Weg gebracht hat, besitzt eine erdrückende Kraft. Ständig schleichen die alten Kumpane, die Frankie wieder einfangen wollen, um ihn herum. Nach dem psychologischen Prinzip guter Gangster/böser Gangster übt der eine Druck aus, der andere versucht mit sanften Einflüsterungen sein Glück. Dadurch entsteht ein permanenter Druck auf den Ex-Häftling, dem dieser kaum standhalten kann. Frankies Rückkehr an den Ort der Versuchung hat etwas Selbstzerstörerisches, das für den Zuschauer offen zu Tage tritt, aber die Alternativen sind für einen gerade entlassenen Sträfling rar. Aus der eindeutig ungünstigen Konstellation für einen dauerhaften Drogenentzug schöpft „Der Mann mit dem goldenen Arm“ seinen Suspense. Das Täuschungsmanöver der Ehefrau, die zwar auf eigenen Füssen stehen kann, weil sie gar nicht im Rollstuhl sitzen müsste, das im übertragenen Sinne aber mental nicht bewältigen kann, verstärkt den dramatischen Effekt.

Vor den Augen des Zuschauers gerät Frankie unaufhaltsam tiefer in den Sumpf hinein. Während der Teufelskreis der Drogensucht und das psychologische Portrait Frankies realistische Züge tragen, arbeitet Preminger in der Ausarbeitung der übrigen Konflikte mit den Mitteln des Melodram, welche das aufgebaute Geflecht aus Abhängigkeiten und Manipulation eindrucksvoll überhöht. Neben der hysterisch wirkenden Ehefrau im Rollstuhl gehört vor allem auch die engelhaft gestaltete Nachbarin – mit Kim Novak perfekt besetzt – zum Figurenkanon des Meldodrams. Sie bildet den hoffnungsvollen Kontrapunkt zur milieuimmanenten Dreckigkeit. Ihre schon überirdisch gute Art lässt den Sumpf noch tiefer erscheinen. Die erfolglosen Versuche, Frankie auf seinem Weg aufzuhalten, machen dessen Abstieg emotional schwer erträglich. Es ist die Situation, wo die gute und die schlechte Alternative klar vor Augen liegen und die Hauptfigur fast unaufhaltsam dem Reiz der schlechten erliegt.

Bildqualität

Natürlich gibt es hier und da Bildpunkte sowie Verschmutzungen, aber diese treten sehr selten auf. Das Bild besitzt eine gute Schärfe, die längst nicht jeder 50 Jahre alte Film aufweist. Das gilt vor allem für die messerscharf gezeichneten Konturen. Die Detailschärfe schwankt zwischen gut und angenehm. Der Kontrast sorgt an den meisten Stellen für ein plastisches Bild, die Szenen, in denen Details verloren gehen sind sehr selten. Rauschmuster sind kaum zu sehen. Insgesamt ein beachtlicher Transfer.

Tonqualität

Der 2.0-Mono-Ton liefert die solide Qualität, die man erwarten kann. Rauschen hält sich in Grenzen, die Dialoge sind klar und verständlich. Die treibende Musik Elmar Bernsteins kommt gut zur Geltung.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einem Trailer sowie einer Bildergalerie.

Fazit

„Der Mann mit dem goldenen Arm“ verbindet realistische Ansätze mit den Mitteln des Melodrams, um den Teufelskreis der Drogensucht emotional zu überhöhen. So gelingt Otto Preminger ein ausgezeichnetes Drama, dass sich auf der DVD von Koch Media in sehr guten Zustand präsentiert.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel The Man with the Golden Arm (USA 1955)
Länge 129 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Otto Preminger
Darsteller Frank Sinatra, Eleanor Parker, Kim Novak, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Bildergalerie, Trailer
Preis ca. 15 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut