Herztod
Malastrana

Roger
Corman hat unter anderem gezeigt, wie unwirtlich die Situation eines
lebendig Begrabenen ist ("The Premature Burial", 1962).
Aldo Lado verwendete für seinen spannenden "Malastrana"
ein sehr ähnliches Motiv. Der Auslandskorrespondent Gregory Moore
wird in Prag tot aufgefunden; nur ist er gar nicht tot. Sein Hirn
arbeitet immer noch wie in seinen besten Zeiten. Er selbst kann sich
jedoch nicht bewegen und scheint für die Außenwelt nicht
mehr am Leben zu sein. Moore wird als mysteriöser Toter ins Leichenschauhaus
gebracht. Verzweifelt versucht er, sich zu erinnern, wie er in die
unangenehme Lage geraten ist. Für den Zuschauer rollt Moore die
Geschichte auf, während er darüber nachdenkt, wie er sich
bemerkbar machen kann. Alles begann mit dem Verschwinden seiner Lebensgefährtin.
Auf der Suche nach ihr, stolpert Moore über eine seltsame Organisation,
die Nachforschungen Fremder überhaupt nicht zu schätzen
weiß. Während der Hobbyermittler seine Nachforschungen
betreibt, umgibt ihn ein düsteres Netzwerk finsterer Gestalten,
das er nicht bemerkt. Der Eindringling muss auf die eine oder andere
Weise entfernt werden.

Aldo
Lado setzt bei seiner Inszenierung weniger auf offensiv-bedrohliche
Szenen, als dass er stärker an einer untergründig beunruhigenden
Atmosphäre interessiert ist. Durch die Ermittlungsarbeit Gregory
Moores entwickelt sich das Bild einer mächtigen Gesellschaft,
die in der Lage ist, selbst das Verschwinden eines Menschen zu vertuschen.
Nur ganz langsam kann sich Moore den wahren Umständen nähern,
so dass die Macht seines Gegners in ungeahnte Höhen steigt. Für
den Zuschauer vermittelt sich der Eindruck, dass keiner der Schritte
Moores unbeobachtet bleibt. In Verbindung mit der misslichen Lage,
in welcher sich der Hobbyermittler mit dem Wissen des Zuschauers befindet,
entsteht eine gespenstische Situation. Lado heizt diese Atmosphäre
durch eine Stadtinszenierung an, die verwinkelte Gassen oder bedrohlich
wirkende Skulpturenteile prominent ins Bild rückt. Je länger
der Film läuft, desto mehr verfängt sich Moore im undurchdringlichen
Netz. Der Moment der Erkenntnis ist zugleich der Moment seiner Niederlage,
die ihn in den scheintoten Zustand versetzt. "Malastrana"
zelebriert konsequent seine grausige Tragik, aus der sich die Spannung
ihre Nahrung zieht.
Bildqualität
Der
35 Jahre alte Film sieht auf dieser DVD beileibe nicht so alt aus.
Hervorragend aufgeräumt kommt die Vorlage ohne wesentliche Bildfehler
oder Verschmutzungen aus. Kleinere Defekte fallen nicht ins Gewicht.
Die Schärfe ist vor allem in den Nahaufnahmen exzellent, wenn
der Film in Totalen wechselt, leidet ein wenig die Detailzeichnung.
Aber auch das ist immer noch besser als bei manchem aktuellen Werk.
Die Farbwidergabe ist wieder einmal sehr gut, das gleiche gilt für
den Kontrast, der auch bei dunklen Bildern eine gute Figur macht.
Ganz ohne Rauschen kommt das Bild nicht aus, sonstige Störungen
fehlen aber vollständig.
Tonqualität
Der
Ton liefert eine etwas schwächere Vorstellung ab. Bei der deutschen
Synchronisation fällt ein leichtes permanentes Rauschen auf.
Dennoch lässt sich alles gut verstehen. Beim englischen Ton fehlt
das Rauschen weitgehend, dafür ist der Ton dumpfer.
Da der Film erstmals ungeschnitten vorliegt, sind die Passagen, für
die kein deutscher Ton vorliegt, untertitelt.
Extras
Beim
Bonusmaterial fällt sofort der etwas kuriose Audiokommentar mit
Dr. Ews auf - um einen Gag aus dem Kommentar von Jürgen Drews
selbst einmal ins Spiel zu bringen. Drews hat eine ausgesprochen winzige
Rolle in dem Film. Er sitzt auf einer Brücke, über die auch
Gregory Moore kommt, und singt ein Lied mit einem ausgesprochen seltsamen
Text, in dem es um irgendwelche Schmetterlinge geht. Der Schmetterling
zieht sich auch sonst als Symbol durch den Film. Insofern kann Drews
zu den Produktionsumständen des Films nur wenig sagen. Da Drews
aber unter

anderem
eine Rolle in dem ausgezeichneten Polizeithriller "La Polizia
ringrazia" (Das Syndikat, 1972) gespielt hat und zu jener Zeit
in Rom herumhing, weiß er einiges über seine Erlebnisse
und Treffen mit den Filmschaffenden in der italienischen Unterhaltungsindustrie
zu berichten. Insofern gerät der Audiokommentar zu einer persönlichen
Zeitreise Drews', der die damaligen Jahre so aufleben lässt wie
er sie erfahren hat. Dabei lamentiert der heutige "König
von Mallorca" (Das Etikett bringt Drews mehr als einmal ins Spiel)
durchaus offen und ehrlich darüber, dass er damals vermutlich
eine Karrierechance weggeworfen hat, als er weitere Rollenangebote
zugunsten der Musik ausgeschlagen hat. Etwas nervig ist zwar sein
ständig verzückter Aufschrei, wenn etwas nackte Haut zu
sehen ist, aber wenn man darüber hinwegsieht, bleibt ein lebhafter
und auch psychologisch interessanter Audiokommentar übrig.
"Abenteuer Filme Machen: Mario Adorf erzählt" (ca.
30 Minuten) zeigt Filmausschnitte und Werbematerial aus der Karriere
Adorfs, der zu einigen seiner Werke etwas erzählt ("Milano
Kaliber 9", "Sierra Chariba"). Während "Malastrana"
nur einen kurzen Raum einnimmt, hält Adorf zahlreiche Anekdoten
sowie absurde Erlebisse bereit, die er zum Besten gibt. Insofern machen
seine Berichte dem Titel "Abenteuer Filme machen" alle Ehre.
Ein Trailer sowie eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial ab.
Fazit
In
"Malstrana" beweist Regisseur Aldo Lado, das der Preis für
die Erkenntnis grimmig sein kann. Mit atmosphärischer Brillanz
erschafft Lado eine unangenehme Grundstimmung, die langsam aber sicher
den Rücken hoch kriecht, bis einem der Hals zugeschnürt
wird. Technisch ist die DVD sehr gut, nur der Ton leistet sich leichte
Schwächen.
Stefan Dabrock
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Originaltitel |
La
corta notte delle bambole di vetro (Italien 1971) |
Länge |
93
Minuten (Pal) |
Studio |
Koch
Media |
Regie |
Aldo
Lado |
Darsteller |
Jean
Sorel, Barbara Bach, Mario Adorf, Ingrid Thulin, u.a. |
Format |
1:2,35
(16:9) |
Ton |
DD
2.0 Deutsch, Englisch |
Untertitel |
Deutsch |
Extras |
Audiokommentar
von Jürgen Drews, Trailer, u.m. |
Preis |
ca.
15 EUR |
Bewertung |
sehr
gut, technisch gut |
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