Die Videospiel-Verfilmung „Like a Dragon“ nach dem bei uns unter dem Namen „Yakuza“ bekannten Sega-Spiel bietet Takashi Miike die Gelegenheit, einen Showdown der Emotionen abrollen zu lassen, indem er die recht komplexe Erzählung auf 1 Stunde und 45 Minuten eindampft. Eine extreme Hitzewelle hat Tokio im Würgegriff. Während einer dieser heißen Nächte kreuzen sich die Geschichten diverser Figuren, die letztlich alle auf die eine oder andere Weise miteinander verbunden sind. Zwei unnachahmlich unfähige Bankräuber stürmen die Filiale eines Geldinstituts, dessen Barschaft zuvor mit mehreren Geldtransportern die Bank verlassen hat. Dahinter stecken mysteriöse Abhebungen über insgesamt 10 Milliarden Yen eines Yakuza-Klans. Während die angeschmierten Bankräuber mit ihren viel zu dicken Strickmasken Gesichtssauna spielen und in ihrer Verzweiflung Bankangestellte sowie Kunden als Geiseln genommen haben, interessieren sich diverse Yakuza-Mitglieder für das verschwundene Geld. Parallel dazu versucht ein just aus dem Gefängnis entlassener Yakuza die Mutter eines kleinen Mädchens zu finden. Da auch ihre Geschichte mit dem Geld verbunden ist, laufen beide immer wieder dem Intimfeind des Yakuza über den Weg, einem baseballschwingenden mit Augenklappe ausgestatteten Mitglied eines anderen Yakuza-Klans, der mehr über den Verbleib der 10 Milliarden Yen wissen will. Die koreanische Zentrale einer Bande des organisierten Verbrechens schickt einen Auftragskiller nach Japan, der ebenso fleißig im Figurenkarussell mitfährt, wie ein junges Pärchen, das angesichts der extremen Hitze auf die Idee kommt, eine Serie dilettantisch durchgeführter, aber erfolgreicher Ladenüberfälle zu starten.
Takashi Miikes „Like a Dragon“ ist pures Kino zum Staunen, Lachen, Schreien und Mitfiebern. Mit irrwitzigem Tempo wechseln sich Schießereien, Prügeleien, groteske Komödien-Elemente, Momente der Ruhe und tragische Wendungen miteinander ab. Auf gewisse Weise führt Miike das Kino zurück zu seinen Anfängen als Jahrmarktsattraktion, welche die Menschen schlicht verblüfft hat. Wie ein Magier der bewegten Bilder verknüpft Miike seine Szenerien auf immer wieder überraschende Art und Weise. Eine überbordende, ebenso rasante wie lustige und gleichzeitig physisch schmerzhafte Straßenkampfszene zu rhythmischer Tanzmusik hat in seinem Universum ebenso Platz wie die wahrhaft berührende Suche des kleinen Mädchens nach seiner Mutter. Dabei sind die grotesken, übersteigerten Elemente kein Selbstzweck, welcher die Jahrmarktsvorführungen oftmals auszeichnete. Miike stellt sie in den Dienst einer Dramaturgie, deren einzelne Handlungsteile in der Kürze der Zeit an vielen Stellen mit Andeutungen auskommen müssen, die aber alle den gemeinsamen Geist einer außer Kontrolle geratenen Gesellschaft atmen. Die hohen Temperaturen bilden den metaphorischen Rahmen für die sprichwörtlich kochende Atmosphäre, welche die handelnden Figuren erfasst hat. Wirtschaftliche Not auf Seiten der unfähigen Bankräuber, deren Trotteligkeit beweist, dass sie einfache Leute und keine Profis sind, emotionale Tragik auf Seiten des kleinen Mädchens sowie des Pärchens, dessen weiblicher Part in einer bitteren, tragischen Zwangslage steckt, ein isolierter Polizist, der seine Familie verloren hat, und zwei gegensätzliche Yakuza sind Ausdruck dieser kurz vor dem Kollaps stehenden Gesellschaft.
Die übersteigerten Elemente, zu denen unter anderem ein prominent in Szene gesetzter Energydrink zählt, der dem Helden die per Werbebotschaft versprochene Kampfeskraft zurückgibt, spiegeln die innere Anspannung vieler Figuren wieder, deren Verzweiflung im wahrsten Sinne des Wortes angesichts der Hitze überkocht. Die beiden zentralen Yakuza-Charaktere stehen sich dabei wie zwei Pole gegenüber. Während der baseballschwingende Augenklappen-Gangster eine Gesellschaft der egoistischen Erbarmungslosigkeit repräsentiert steht ihm ein Yakuza gegenüber, der auch einen Sinn für andere Werte besitzt. Am Ende lässt Miike einen sinnbildlichen Regen über die Szenerie fallen, der den emotionalen Wahnsinn zunächst einmal abkühlt. Die Gemüter beruhigen sich wieder am Ende dieser heißen Nacht, weil sie ein zumindest kurzfristig wirkendes Trostpflaster erhalten. Aber nicht alle kommen unversehrt aus dieser Nacht heraus, so dass am Ende Melodrama, Hoffnung und Zweifel nebeneinander stehen.
Bildqualität
Das saubere Bild der DVD überzeugt mit hoher Schärfe, die sowohl klare Konturen als auch zahlreiche Details aufweist. Die kräftigen Farben geben die sehr stilisierte Optik des Films ausgezeichnet wieder. Der ausgewogene Kontrast sorgt für ein plastisches Bild. Das leichte Hintergrundrauschen stört kaum, hier und da fällt leichte Blockbildung auf.Tonqualität
Die 5.1-Spuren bieten neben klaren Dialogen ohne störende Überlappungen eine sehr gute räumliche Kulisse. Immer wieder werden die hinteren Lautsprecher für Toneffekte, atmosphärische Geräusche oder Einschlägen während der Schießereien genutzt. So entsteht ein satter Klang, der mit flirrender Dynamik das teilweise hysterische geschehen kongenial unterstützt. Die 2.0-Spuren besitzen eine sehr gute Auslastung der vorderen Lautsprecher. Die deutsche Synchronisation ist allerdings aufgrund der unprofessionell wirkenden Sprecher weniger gelungen.Extras
Das Bonusmaterial besteht aus dem sehr schönen „Introduction Chapter“ (etwa 42 Minuten), das auf der zweiten DVD untergebracht ist. Darin geht es um die Vorgeschichte der Charaktere Kiryu, Nishiki und Yumi, die zusammen im selben Waisenhaus aufgewachsen sind. Der Film erzählt ihre Entwicklung bis ins Yakuza-Milieu, wo es schließlich zu einer folgenschweren Auseinandersetzung kommt. Das „Introduction Chapter“ ist eine gelungene Ergänzung zum Hauptfilm, indem eine kleine Anzahl Charaktere näher beleuchtet wird. Der Trailer zum „Introduction Chapter“ rundet das Bonusmaterial ab.Fazit
Takashi Miike nutzt die Verfilmung des Videospiels „Yakuza“, um ein Japan am Randes des Kollaps zu zeichnen, das angesichts wirtschaftlicher Schwierigkeiten in einer heißen Nacht dem Wahnsinn zu verfallen droht. Technisch ist die DVD sehr gut, das Bonusmaterial eine feine Ergänzung.Stefan Dabrock
Originaltitel | Ryû ga gotoku: gekijô-ban (Japan 2007) |
Länge | 106 Minuten (Pal) |
Studio | AV Visionen |
Regie | Takashi Miike |
Darsteller | Kazuki Kitamura, Goro Kishitani, Sho Aikawa, Saeko, Natsuo, u.a. |
Format | 1:1,78 (16:9) |
Ton | DD 5.1 Deutsch, Japanisch; DD 2.0 Deutsch; Japanisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Introduction Chapter |
Preis | ca. 22 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch sehr gut |