Machtpoker

Die letzten Tage von Pompeji (2 DVDs)

Die letzten Tage von PompejiSergio Leone selbst wird in Oreste de Fornaris Buch „Sergio Leone“ (1984) mit den Worten „'Die letzen Tage von Pompeji' wurden von Bonnard begonnen, der sich dann empfahl, um 'Gastone' zu drehen, und ich wechselte vom Zweitteam ins Hauptteam“ zitiert. Andere Quellen (http://german.imdb.com/title/tt0054422/trivia; http://en.wikipedia.org/wiki/Sergio_Leone) sprechen von einer Krankheit Mario Bonnards, die zu einer Übernahme Leones auf dem Regiestuhl führte. Wie groß die Teile des Films sind, die auf das Konto Bonnards gehen, und wie große die Teile sind, für die Sergio Leone verantwortlich ist, geht aus den Quellen jedoch nicht eindeutig hervor. Insofern erscheint es zumindest zweifelhaft, den Film auf dem DVD-Cover einseitig als „Sergio Leones Meisterwerk“ zu bewerben.

„Die letzten Tage von Pompeji“ selbst erzählt eine Verschwörungsgeschichte in der römischen Stadt, die sich wenige Tage vor dem Ausbruch des Vesuvs ereignet. Die Übergriffe einer maskiert auftretenden Bande Halunken nehmen immer stärker Überhand. Das entgeht auch nicht den Die letzten Tage von PompejiHerrschern in Pompeji, die möglichst schnell Schuldige präsentieren müssen, da Rom ein ruhiges Herrschaftsklima wünscht. Ohne baldige Lösung müssen die Verantwortlichen in Pompeji mindestens damit rechnen, abgesetzt zu werden, wenn nicht gar die Arena droht. Da die frühen Christen eine relativ kleine Minderheit darstellen, eignen sie sich gut als Sündenböcke für die Verbrechen, denn Beweise für deren Beteiligung existieren nicht. Die jeweils an den Tatorten der Verwüstung hinterlassenen Kreuze sind ein eher schwaches Indiz. Die Vertreter der alten Götter sorgen dafür, dass die Christen für die Bandenübergriffe gejagt werden, da sie einen Machtverlust durch die neue, christliche Religion fürchten. Einzig Glaucus, ein verdienter Truppenkommandant, glaubt nicht so recht an die christlichen Täter und versucht Licht in das Dunkel zu bringen.

„Die letzten Tage von Pompeji“ entwickelt sich zu einem gelungenen Verschwörungsthriller vor historischer Kulisse, der auf geschickte Art und Weise Kostüme, dunkle Gassen und Taverneninnenräume nutzt, um ohne das ganz große Budget dennoch Schauwerte zu produzieren. Verständlicherweise konzentriert sich das Werk auf die Verschwörungsgeschichte, so dass nächtliche Beschattungen, das Belauschen konspirativer Treffen sowie die unvermeidlichen Besprechungen der Aufrechten in der Taverne für eine Spannungsatmosphäre sorgen. Vor dem Hintergrund des Vulkanausbruchs, mit dessen Auftreten der Zuschauer aufgrund der historischen Fakten sicher rechnen kann, wirkt das Geschehen Die letzten Tage von Pompejiwie der letzte Kampf der alten Ordnung um das eigene Überleben. Die christliche Minderheit erscheint als Bedrohung in einem Machtpoker, den die Priester der alten Götter unter keinen Umständen verlieren wollen. Es brodelt kräftig innerhalb des gesellschaftlichen Systems Pompejis, bis sich der aufgestaute Druck buchstäblich in einem großen Ausbruch entlädt. Die Dramatik des Geschehens erfährt durch den sicheren Vulkanausbruch von Beginn an eine effektive Steigerung. So können sich Machtmanipulationen, Verschwörungsniederträchtigkeiten sowie die in einem Heldenfilm gerne eingeflochtene Liebesgeschichte zu einem größeren Drama verbinden, als es die Geschichte an der Oberfläche hergibt. Dank der klugen Metaphorik entwickelt sich „Die letzten Tage von Pompeji“ nicht nur zu einem schwungvoll inszenierten Abenteuerfilm, sondern auch zu einer zart angedeuteten Reflexion über die Abwehrkämpfe einer abgewirtschafteten Gesellschaftsordnung.

Bildqualität

Der Film weist auf der vorliegenden DVD kaum Verschmutzungen oder Defekte auf. Die Schärfe überzeugt zumeist durch gute Werte mit klaren Konturen und fällt nur selten auf angenehmes Niveau ab. Sehr gut ist die kräftige Farbdarstellung, welche die Verschwörungshandlung wirkungsvoll unterstützt. Der gute Kontrast sorgt für ein klares Bild. Analoges Rauschen hält sich bei dem Film in Grenzen, so dass man auch hier zufrieden sein kann. Zwischendurch fallen jedoch immer wieder stehende Rauschmuster auf, die den Sehgenuss etwas stören.

Tonqualität

Der 2.0-Mono-Ton liefert verständliche Dialoge, die jedoch ein wenig dumpf erscheinen. Dazu gesellt sich ein ständiges Hintergrundrauschen sowie immer wieder auftretende Verzerrungen. Besonders störend ist aber, dass beim deutschen Ton Soundeffekte hinein gemischt wurden, die der Originalton nicht aufweist. Das ist beim 2.0-Mono-Ton, der sich ja an die Zuschauer richtet, welche die ursprüngliche Tonfassung sehen wollen überflüssig und absolut unwürdig. Dafür sind die 5.1-Upmixe da. Besonders beim Ausbruch des Vesuvs sind die Eingriffe hörbar. Wer es unbedingt möchte, kann sich auch 5.1-Upmixe anhören.

Extras

Unter dem Bonusmaterial auf der zweiten DVD ragt natürlich der Stummfilm „Die letzten Tage von Pompeji“ („Gli Ultimi giorni di Pompei“, Regie: Mario Caserini, Eleuterio Rodolfi, 1913) heraus. Mit dem gleichen Personal entwickelt sich hier ein Eifersuchtsdrama, das die Konflikte heraufbeschwört. Übergriffe einer Bande oder verfolgte Christen tauchen dabei nicht auf. Insgesamt muss man allerdings sagen, dass der Film eher historisch interessant ist, als das er durch eine intensive Inszenierung der Liebeskonflikte auffällt. Im Verbund mit dem Hauptfilm aber eine schöne Ergänzung für Filmfans.

Hinter „Vulkane“ (etwa elf Minuten) verbirgt sich altes Schwarzweiss-Filmmaterial – das Ganze erinnert ein wenig an 16mm-Schulfilme – dessen Bilder aus Island mit einem erklärenden Rolltext über Vulkane, Heiße Quellen, Geysire und anderes versehen worden ist. Der Text läuft über der rechten Hälfte des Vollbildmaterials ab. Vorgelesene Rolltexte über den Vesuv und Pompeji, ebenfalls vorgelesene Rolltext-Biographien, ein mit Musik unterlegtes Tiramisu-Rezept sowie eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Die letzten Tage von Pompeji“ rückt seine Verschwörungsgeschichte in ein atmosphärisch inszeniertes Licht, so dass ein schwungvoller Film mit zarter Reflexion über den Machtpoker einer untergehenden Ordnung entstanden ist. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Gli Ultimi giorni di Pompei (Italien 1959)
Länge 94 Minuten (Pal)
Studio Marketing Film
Regie Mario Bonnard
Darsteller Steve Reeves, Christine Kaufmann, Fernando Rey, Barbara Carroll, u.a.
Format 1:2,20 (16:9)
Ton DTS Deutsch, Englisch; DD 5.1 Deutsch, Englisch; DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Die letzten Tage von Pompeji (Stummfilm, 1913), Der Vesuv, u.m.
Preis 8 EUR
Bewertung guter Durchschnitt, technisch mit Schwächen