Eigentlich könnte die Resozialisierung straffällig gewordener Menschen nach Verbüßung der Haftstrafe funktionieren, wäre da nicht das Stigma des ehemaligen Knastis. Für Ben, der sich geschworen hat, kein Ding mehr zu drehen, weil ihm seine Familie wichtiger ist, bedeutet das den Jobverlust. In wirtschaftlich harten Zeiten wäre seine einzige Chance der Leitungsposten an einem neuen Standort gewesen. Während sein direkter Vorgesetzter das befürwortet hat, haben die Eigner der Firma den sehr gut arbeitenden Ben durchleuchtet. Die Vorstrafe bricht ihm schließlich das Genick, er muss gehen. Aus Frustration und Perspektivlosigkeit bricht er mit seinem Schwur, dass mausen zu lassen. Doch der Bruch endet mit ein paar Toten sowie Bens Festnahme. Laut texanischem Gesetz wird er wegen Mordes zum Tode verurteilt, weil er an einem Verbrechen beteiligt war, das Wachleute nicht überlebt haben. Ob er selbst geschossen hat, spielt für die Anklage und das Strafmaß keine Rolle. Seltsamerweise wacht Ben aber wieder auf, obwohl er doch die Giftspritze in Aktion gesehen hat. Er befindet sich an einem unbekannten Ort, wo er als Hausmeister einer geschlossenen Anstalt tätig sein soll. Das neue Leben sei seine zweite Chance, die er annehmen müsse. Seine Familie dürfe er nie wiedersehen.
Die Familie ist in John Glenns Thriller der Ort der Sicherheit, aus welcher der Protagonist Ben seine Kraft schöpft. Sobald er bei Frau und Kind ist, liegen die Sorgen an einem anderen Ort, der sich außerhalb des Schutzraumes befindet. Im Kreise der Lieben kann er wieder Kraft für die Aufgaben des Alltags schöpfen. Das fundamentale Bedürfnis des Menschen nach einem irgendwie gearteten Platz der Ruhe setzt schließlich den inneren Konflikt in Gang, den Ben am Ort seiner zweiten Chance durchlebt. Hier befindet er sich ständig im unwirtlichen Draußen, ohne zu seinem bekannten Schutzraum zurückkehren zu können. Seine Gegner versuchen zwar, ihn zu manipulieren, so dass er sich damit abfindet. Sie bieten ihm in Form einer attraktiven Frau sogar eine neue Möglichkeit des Rückzugs an, aber sie unterschätzen die Kraft der inneren Bindung. Glenn erzählt eine Geschichte über den Kampf eines Menschen um sein persönliches Glück, das nicht einfach ausgetauscht werden kann. Ben sucht nicht einen, sondern seinen Schutzraum. Entgegen der Versuche, ihm einzureden, dass seine Familie tot ist, spürt er ein Band der Verbindung, das ihn in ständige Unruhe versetzt. Die Realität, wie sie ihm vorgegaukelt wird, scheint unwirklich zu sein. Seine innere Wahrnehmung und die äußere Welt fügen sich nicht zu einer Einheit zusammen. Der Filmschnitt unterfüttert die Dynamik mit einer künstlichen Perfektion, welche die Konstruktion der Welt subtil offen legt.
Das Aufeinandertreffen von Ben und einer attraktiven Frau, die sich ihm in der Folge ganz offensichtlich nähert, findet genau zu einem Zeitpunkt statt, an dem Ben nachdenklich geworden ist. Ein Zufall, der ein wenig zu glücklich wirkt. Ein weiterer Baustein, der die Diskrepanz zwischen der sich darstellenden Welt und der inneren Wahrnehmung vergrößert. Glenn legt sein Hauptaugenmerk auf die kleinen Verschiebungen zwischen dem, was tatsächlich ist und dem, was glaubwürdig ist. Konsequent befeuert er auf diese Weise die innere Unruhe auf Seiten Bens, dessen durchlebter Konflikt sich soweit steigert, dass er schließlich ausbrechen will. Gleichzeitig gelingt es Glenn dadurch, dem Geschehen eine schwebende Irrealität zu verleihen, die selbst dem Ende die Aura des Unwirklichen anheftet. Die Unsicherheit bleibt, ob der Schutzraum der Familie nicht nur eine weitere Form der Illusion ist, wenn auch diesmal eine selbst gewählte.
Bildqualität
Das saubere Bild der DVD besitzt Aufnahmen sehr guter Schärfe und solche mit einem leicht weichen Anstrich, bleibt aber zumeist über DVD-Niveau. Die Detailfreudigkeit korrespondiert in gleichem Maße. Das visuelle Konzept des Films ist durch leichte Verfremdungen geprägt, um die Atmosphäre nach dem Vollzug der Todesstrafe entsprechend irritierend zu gestalten. Die Blu-Ray gibt das visuelle Konzept sehr gut wieder, so dass sich kräftige Farben und reduzierte optische Eindrücke abwechseln. Der Schwarzwert ist guter Durchschnitt, weist aber immer wieder leicht milchige Passagen auf. Ansonsten sorgt der Kontrast für ein plastisches Bild. Das leichte Hintergrundrauschen stört nicht. Sonstige Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.Tonqualität
Die beiden DTS-5.1-Tonspuren liefern verständliche Dialoge ohne jegliche Störungen. Für die räumliche Atmosphäre ist vor allem die Musik zuständig, gelegentlich werden die hinteren Lautsprecher auch für subtile atmosphärische Effekte genutzt.Extras
Das Bonusmaterial besteht aus Deleted Scenes (etwa fünf Minuten), die bestenfalls ganz nett sind, und dem Trailer.Fazit
Der Kampf eines einzelnen Menschen für sein privates Glück wird im Thriller „Das Lazarus Projekt“ zu einer irritierenden Auseinandersetzung mit der Frage nach der Manipulierbarkeit menschlicher Gefühle. Technisch ist die Blu-Ray gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | The Lazarus Project (USA 2008) |
Länge | 100 Minuten (24p) |
Studio | Splendid |
Regie | John Glenn |
Darsteller | Paul Walker, Piper Perabo, Brooklynn Proulx, Bob Gunton, Lambert Wilson, Linda Cardellini, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DTS-HD 5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Deleted Scenes |
Preis | ca. 22 EUR |
Bewertung | gut, technisch gut |