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frisch auf den tisch

03.11. Order No. 027

Der Einzelne, die Gemeinschaft und die Erfüllung

Das Buch „Art of DPRK“, in dem zahlreiche Plakate nordkoreanischer Filme nebst Inhaltsangabe abgedruckt sind, benennt das Jahr 2003 als Produktionsjahr für „Order No. 027“, während in der imdb das Jahr 1986 angegeben ist. Auf der Netzseite der Korea Film Export & Import Corporation mit Sitz in Pjönjang, die nach eigenen Angaben die Rechte an sämtlichen in Nordkorea produzierten Filmen besitzt, wird ebenfalls das Jahr 1986 angegeben. Daher ist davon auszugehen, dass das Werk Mitte der 1980er Jahre entstanden ist.


Zu diesem Zeitpunkt spielte die klassische Juche-Ideologie des Staatsgründers Kim... mehr

26.08. Saat der Angst

Saat der Angst

Die Frage nach moralisch richtigem Handeln ist ein großes Thema der Philosophie, das von griechischen Klassikern über Cicero bis hin zu Kant und natürlich auch heutigen Denkern immer wieder behandelt worden ist. In Eugenio Martíns „Saat der Angst“ steht die Moral ebenfalls im Vordergrund, allerdings treibt der Gedanke daran bei zwei Schwestern mittleren Alters extrem verquere Blüten.
Marta (Aurora Bautista) und Verónica (Esperanza Roy) betreiben in einem kleinen spanischen Dorf eine Pension. Als sie ihre Mieterin May (Loreta Tovar) auf der Dachterrasse beim Sonnenbaden im Bikini erwischen, während gegenüber ein paar Jugendliche den Anblick johlend begrüßen, will vor alle... mehr

Bühnendämonen
Kinski – Jesus Christus Erlöser

Kinski – Jesus Christus ErlöserEine Audio-CD mit dem kompletten Mitschnitt des Abends am 20. November 1971 in der Berliner Deutschlandhalle, der Teil einer ausgedehnten Tournee von Klaus Kinski mit seinem Programm „Jesus Christus Erlöser“ werden sollte, wurde bereits 2006 veröffentlicht. Vor kurzem ist auch die gleichnamige Film-Dokumentation auf DVD erschienen. Neben dem legendären Berliner Abend gab es noch einen Auftritt in Düsseldorf, der ohne Zwischenfälle verlief. In Berlin aber entstand ein gleichsam erschreckendes wie faszinierendes Live-Ereignis, das dankenswerter Weise auf Film gebannt worden ist.

Kinski selbst wollte an diesem Abend seine Version der Geschichte Christi erzählen. Die mythologische Figur des Heiland verbindet er in seinem Text mit dem Kriegsereignis in Vietnam und Gedanken zur interessengeleiteten Institutionalisierung der Gesellschaft, die aufgrund ihrer straffen Organisationsform moralische Werte in den Hintergrund rücke. Kinski selbst will sich als mahnender Rufer positionieren, der jenseits ideologischer Fesseln eine bedenkenswerte Botschaft zu verkünden hat. Kinski – Jesus Christus ErlöserDamit geht einher, dass er mit seinem Text weder Teil des Establishments noch Teil kritischer 68er-Gruppierungen ist. Er setzt sich quasi zwischen die Stühle, weil er sich mit seinen Aussagen „Gesucht wird Jesus Christus … Der Gesuchte gehört keiner Partei an, auch nicht der Partei der Christen“ über alle Gruppierungen stellt. Diese Ausrichtung war aber nicht im Sinne eines Teil des Publikums, das keine Lust hatte, sich einen Monolog anzuhören, sondern die Veranstaltung zu einem Diskussionsforum umwidmen wollte. Immer wieder ertönen Zwischenrufe, die Kinskis Glaubwürdigkeit in Frage stellen sollen („Der hat ja schon seine Million vom Film“). Der hochkonzentrierte, angespannte Kinski reagiert darauf, indem er die Zwischenrufer mit kurzen, wütend vorgetragenen, in den Monolog eingebauten Kommentaren angeht. Einen ruft er sogar auf die Bühne, damit dieser seine Kritik vortragen kann. Als der tatsächlich kommt und versucht, über die seiner Meinung nach charakteristische Duldsamkeit Christi Kinskis Glaubwürdigkeit in der Rolle des Vortragenden zu erschüttern, kommt es zum dem berühmten Ausbruch Kinskis, bei dem er ins Mikrophon brüllt: „Nein, er hat nicht gesagt: Halt deine Schnauze! Er hat eine Peitsche genommen und ihm in die Fresse gehauen! Das hat er gemacht, du dumme Sau!".

So spektakulär diese kurze Szenerie auch ist, sie stellt nur einen gewissen Klimax einer Live-Veranstaltung dar, die als Gesamtes im Scheitern eine rohe, beeindruckende Kraft entwickelt hat. Neben solchen Ereignissen gibt es lange Passagen, in denen Kinski seinen Text vorträgt, und über kurze, spontane Einschübe ein energisches Zwiegespräch mit den Zwischenrufern führt. Dabei wird vor allem deutlich, dass die vermeintliche Gegenpositionierung des Publikums als friedliche, das Gespräch suchende Gruppierung eine aus romantischer Verblendung entstandene Illusion ist. Denn wer tatsächlich der Meinung ist, dass Zwischenrufe, immer währendes Stören oder auch das Betreten der Bühne ohne Erlaubnis – das kam neben der oben geschilderten Szene auch vor – friedliche Verhaltensweisen sind, der muss seinen Gewaltbegriff überprüfen. So gelingt der Dokumentation als Zeitportrait auch ein Blick auf eine Generation, der 68er-Generation, die in romantischer Verklärung immer wieder hochgejubelt wird. Kinski – Jesus Christus ErlöserHier ist ein anderes Gesicht zu sehen, das Gesicht der Provokation ohne erkennbaren Sinn. Ein Gesicht, das bereit ist Grenzen zu überschreiten, ohne dass dies als ziviler Ungehorsam legitimiert wäre. Kinski selbst, dessen bedrohliche Aggressivität im Umgang mit seinen Kontrahenten erschreckend und faszinierend zugleich ist, nimmt hier nicht die Rolle des grundlos Herumtobenden ein, denn sein Hinweis auf die Leistung, die erforderlich ist, um einen langen Monolog auf einer Bühne auswendig vorzutragen, ist ohne Abstriche korrekt. Dank des hervorragenden Schnitts, der zwischen Großaufnahmen auf Kinskis Gesicht, Halbtotalen und Totalen, bei denen Kinski nur noch als kleiner heller Punkt auf der weit entfernten Bühne erscheint, wechselt, bekommt das Geschehen eine zusätzliche Dramatik verliehen, welche das Aufregende dieses erhellenden Abends steigert. Nach Ansicht des Films kann man ohne Umschweife festhalten, dass dieser Abend zu recht legendär ist.

Bildqualität

Die Bildqualität der DVD ist gut, da das vorhandene Filmmaterial mit seiner rauen, körnigen Qualität gut auf die DVD übertragen wurde. Störende Defekte sind nicht vorhanden. Die karge Lichtsetzung mit einem auf die Bühne gerichteten Scheinwerfer entfaltet sich aufgrund des gelungenen Kontrastes mit der notwendigen Kraft.

Tonqualität

Die Tonspur besitzt eine gute Verständlichkeit, da sowohl Kinskis Stimme entsprechend deutlich aus den Lautsprechern kommt, als auch die Zwischenrufe so gut abgemischt wurden, dass sie zumeist verständlich sind.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus fünf unveröffentlichten Szenen, bei denen es sich um Aufnahmen handelt, die nach den ausgesprochenen Hausverboten entstanden sind, vier Trailern und einem 16seitigen Booklet in deutscher sowie englischer Sprache. Die unveröffentlichten Szenen zeigen Kinski vor der Bühne umringt von einem Publikum, das an seinem Monolog interessiert ist. Sie fügen den im Film eingeschnittenen Aufnahmen nur wenig hinzu. Der Booklettext fasst den Abend interpretierend zusammen, Filmkritikzitate zur vorliegenden Dokumentation illustrieren den Text.

Fazit

„Kinski – Jesus Christus Erlöser“ ist das energiestrotzende Dokument eines gescheiterten Live-Auftritts, das tiefgreifende Fragen nach Ideologiehörigkeit, Kulturfähigkeiten im sozialen Umgang, der Romantisierung des 68er-Geistes und zum Gewaltbegriff aufwirft. Technisch ist die DVD gut, das Bonusmaterial ist mager.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Kinski – Jesus Christus Erlöser (BRD 2008)
Länge 84 Minuten (PAL)
Studio Deutsch Grammophon Literatur
Regie Peter Geyer
Darsteller Klaus Kinski, Publikum
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Deutsch
Untertitel Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Polnisch, Italienisch
Extras Unveröffentlichte Szenen, Trailer, 16seitiges Booklet
Preis ca. 18 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut