Dem Schut auf der Spur

Kara Ben Nemsi – Staffel 1 (3 DVDs)

Wer als Leser der Romane Karl Mays die vielen Verfilmungen für das Kino kennt, wird bei aller Qualität einiger dieser Werke die Erzählung Mays vermissen. Denn zumeist orientierte man sich nur sehr vage an der Romanvorlage und strickte um die Hauptfiguren sowie die essenziellen Meilensteine der Handlung eine eigene Geschichte. Als Karl May nach dem großen Erfolg der Winnetou-Filme oder des „Schut“ Anfang der 70er Jahre auch beim Fernsehen angekommen war, lag die große Zeit der Kinoverfilmungen bereits ein paar Jahre zurück. Dennoch machte sich Günter Gräwert an eine Konzeption, um die Romanserie für das Fernsehen umzusetzen, welche mit „Durch die Wüste“ beginnt und mit dem „Schut“ endet. Statt Old Shatterhand im wilden Westen reitet hier Kara Ben Nemsi durch den Orient. Gemeinsam mit seinem Diener Hadschi Halef Omar stößt er in der Sandwüste auf eine Leiche sowie zwei finstere Gesellen, die den Toten vermutlich auf dem Gewissen haben. Aufgrund der Umstände müssen sie die bösen Buben zunächst ziehen lassen, machen sich aber an die Verfolgung. Je länger Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar den Mördern auf der Spur bleiben, umso komplexer wird das Geflecht aus den unterschiedlichsten Halunken, die ihnen nach dem Leben trachten. Immer wieder hören sie bei den gefährlichen Nachforschungen vom mysteriösen Schut, bei dem alle Fäden zusammen zu laufen scheinen.

„Kara Ben Nemsi“ erweist sich als seltener Glücksfall für den Liebhaber der Karl-May-Romane, da Gräwert sehr genau an seiner Vorlage geblieben ist. So lassen sich die einzelnen dramatischen Ereignisse aus den Büchern und damit das Werk Mays wiede erkennen. Während Karl Michael Vogler einen reduziert-überlegen wirkenden Kara Ben Nemsi spielt, verkörpert Heinz Schubert Hadschi Halef Omar mit der richtigen Mischung aus Selbstüberschätzung, wirklichem Können, Tapferkeit und schelmischem Charme. Er ist die klassische Nebenfigur, ohne den die Hauptfigur blass aussehen würde. Mit zunehmender Dauer der Serie entwickelt sich die Beziehung zwischen Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar zu einer eingespielten Zusammenarbeit, welche den übermächtig scheinenden Gefahren trotzt. Dabei geht es dem romantischen Charakter des Mayschen Werkes entsprechend stets um das Gute. Im Stile volkstümlicher Fabulierkunst ziehen die Bösen durch ihre Trotteligkeit den Spott des Zuschauers auf sich, während die Rechtschaffenden – allen voran Kara Ben Nemsi selbst – durch Intelligenz und Geschicklichkeit über dem Rest erstrahlen. Lediglich die Hauptschurken erweisen sich als gefährliche Gegner, die als stete Bedrohung über dem Handlungsverlauf der Serie thronen. Sie sorgen für die Spannung, welche bis zur 13. Folge der ersten Staffel nicht abreißt. Zu Abschluss noch ein kleiner Hinweis an aller Dieter-Hallervorden-Fans: In der zweiten Folge spielt er den Dorfvorsteher einer Oase.

Bildqualität

Das Bild sieht für eine Fernsehserie Anfang der 70er Jahre recht gut aus. Wenn man von einigen Szenen aus der ersten Folge absieht, bei denen es sich um zugekauftes Archivmaterial mit Geieraufnahmen handelt, ist die Schärfe sehr ordentlich. Auch sind Bildpunkte nicht im Übermaß zu sehen. Die Farben machen einen leicht verblassten, aber noch sehr atmosphärischen Eindruck. Natürlich ist das Bild nicht rauschfrei, aber solche Störungen spielen sich kaum in den Vordergrund. Insgesamt ein gutes Bild.

Tonqualität

Der Mono-Ton kommt ohne nennenswerte Verzerrungen oder Rauschen aus. Die Dialoge sind klar und verständlich, nur selten wirken sie etwas dumpf. Die schöne Musik Martin Böttchers kann ihre Wirkung entfalten.

Extras

Als Bonus ist unter anderem ein 36minütiges aktuelles Interview mit Kara-Ben-Nemsi-Darsteller Karl-Michael Vogler enthalten, der einige teilweise auch abenteuerliche Anekdoten vom Dreh erzählt und die Serie sowie seine Arbeit als Darsteller in einen inhaltlichen Kontext einordnet.

Der 10minütige Hintergrundbericht von den Dreharbeiten, den das ZDF damals produziert hat, ist eine sehr hübsche Zeitreise. Seltsame Frisuren wechseln sich mit Organisationsgesprächen ab. Das 32seitige Booklet liefert eine Fülle an Fakten über die Produktionshintergründe. Daneben wird jede einzelne Folge vorgestellt.

Fazit

Mit „Kara Ben Nemsi“ liegt die sehr originalgetreue Verfilmung einer der schönsten Romanserien aus der Feder Karl Mays auf DVD vor. Je länger die Serie dauert, desto besser kommt das Duo Kara Ben Nemsi/Hadschi Halef Omar in Schwung, um in abenteuerlichen Gefilden dem Schut auf der Spur zu bleiben. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Kara Ben Nemsi (BRD 1973)
Länge 13 Folgen á 25 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Günter Gräwert
Darsteller Karl Michael Vogler, Heinz Schubert, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton D 2.0 Mono Deutsch
Untertitel -
Extras Interview mit Karl Michael Vogler, ZDF Beitrag über die Dreharbeiten
Preis ca. 26 EUR
Bewertung gut, technisch sehr ordentlich