Die Wirren nach dem Krieg

The Jacket

Anfang der 90er Jahre hat George Bush sr. versucht, Saddam Hussein aus dem Amt zu jagen, indem er die amerikanische Kriegsmaschinerie in Gang setzte. Husseins wenig durchdachte Besetzung des Emirats Kuwait kam Bush damals gerade recht. Auch wenn das Ansinnen zu jener Zeit nicht erfolgreich beendet werden konnte, markiert der erste Golfkrieg einen ersten Schritt in die politische Ausrichtung der USA, welche aktuell das Geschehen bestimmt. Jack Starks, den Adrien Brody in "The Jacket" verkörpert, erhält im ersten Golfkrieg einen Kopfschuss. Als man den für tot erklärten Soldaten gerade endgültig verpacken will, öffnet Starks seine Augen. Er wird nach Hause geschickt, wo er in einen Mord an einem Polizisten verwickelt wird. Vor Gericht kann sich Starks aufgrund seiner Kopfverletzung an die Minuten der Tat nicht erinnern. Der Richter weist ihn in die geschlossene Psychiatrie ein, da Starks nicht schuldfähig ist. Dort bemüht sich Doktor Becker, seinen Patienten mit höchst fragwürdigen Methoden auf einen friedvollen Weg zu bringen. Er steckt Starks in eine Zwangsjacke und sperrt ihn in einen Leichenschrank ein. Die klaustrophobische Situation versetzt den ehemaligen Soldaten in panische Zustände, die ihn schließlich mental 15 Jahre in die Zukunft katapultieren. Dort trifft er die Frau wieder, welcher er kurz vor dem Polizistenmord bei einer Autopanne half. Damals war sie noch ein kleines Kind und mit ihrer Mutter unterwegs. Als sie erfährt, wer vor ihr steht, bekommt sie es mit der Angst zu tun, da Jack Starks bereits seit 15 Jahren tot ist. Er starb kurze Zeit nach der Einweisung in die Psychiatrie.
Seit dem ersten Golfkrieg ist Starks auf der Suche nach Orientierung. Der Krieg hat ihn in einen Zustand höchster Unsicherheit versetzt. Bereits die ersten Minuten des Films, in denen Funkspruchfetzen zu Nachtsichtzielfernrohrbildern zu hören sind, vermitteln ein Gefühl der Unübersichtlichkeit. Das kulminiert in der Szene, die Starks zeigt, wie er auf ein Kind zugeht, um zu helfen. Er erntet eine Kugel im Kopf, weil die Fähigkeit, eine solche Situation einzuschätzen, nicht mehr vorhanden ist. Starks steht sinnbildlich für Amerika und dessen Fähigkeit, auf Gefahrenlagen zu reagieren, denn "The Jacket" liefert eine metaphorische Analyse der amerikanischen Außenpolitik der Bushs. Anders ist es kaum zu erklären, dass der Film einen Soldaten aus dem ersten Golfkrieg in sein Thrillerszenario schickt. Amerika befindet sich danach in einem Zustand mentaler Blindheit, die mit dem ersten Golfkrieg begonnen hat und durch George Bush jr. fortgeführt wurde. Adrien Brodys Jack Starks vereint in sich sowohl den Zustand des Irrweges als auch des Aufbäumens gegen die Fesseln. Es gelingt ihm auf mentaler Ebene, das Gefängnis der Orientierungslosigkeit zu überwinden, um eine bessere Zukunft zu erreichen. Darin liegt ein Hoffnungsschimmer, den der Film zu verbreiten sucht. Die visuelle Inszenierung scheucht den ehemaligen Soldaten immer wieder durch Bilder erdrückender Düsternis. So wandert er an einer Stelle über einen schneebedeckten bis zum Horizont führenden Weg, dessen Seiten dicht durch riesige Baumgerippe umrahmt sind. Ein Ziel ist dabei am Horizont ebenso wenig erkennbar wie ein Ausweg, denn der kann nur durch einen mentalen Befreiungsschlag gelingen, wie "The Jacket" eindrucksvoll erzählt.

Bildqualität

Erwartungsgemäß liefert die Vorlage eine gute Qualität bei der Sauberkeit des Bildes. Auch Defekte treten nicht auf. Die Schärfe erreicht ein solides Niveau ohne sich besonders auszuzeichnen. Vor allem in Sachen Detailreichtum hat das Bild Schwächen. Die reduzierte, düstere Farbpalette wurde sehr gut auf die DVD übertragen. Auch der Kontrast leistet gute Arbeit, da in dunklen Szenen nichts verschluckt wird und die teilweise sehr hellen Szenen die visuelle Note des Films unterstreichen. Neben dem Hintergrundrauschen ist das Bild teilweise etwas unruhig.

Tonqualität

Der Ton leistet gute Arbeit. Über weite Strecken spielt sich das akustische Geschehen zwar zumeist in den vorderen Boxen ab, aber dann durchbrechen Klangkaskaden aus allen Boxen die Ruhe. Sie treten vor allem auf, um die Angstzustände Jack Starks akustisch zu unterstreichen. Störendes Rauschen ist nicht vorhanden. Einen nennenswerten Unterschied zwischen den einzelnen Tonspuren gibt es nicht.

Extras

Zwei Dokumentationen sind auf der DVD als Bonusmaterial enthalten. Der 9minütige Beitrag "Der Look von ‚The Jacket'" beschäftigt sich hauptsächlich mit den Sequenzen, bei denen visuelle Spezialeffekte verwendet wurden, wie beispielsweise bei der Titelsequenz. Es kommen ebenso zwei Mitarbeiter des Teams für die Effekte zu Wort wie sich Regisseur John Maybury allgemein über seine visuelle Vision äußert. So erfährt man, dass den Effektmitarbeitern unter anderem Robert Altmans "McCabe und Mrs. Miller" vorgeführt wurde, um ihnen eine Vorstellung zu vermitteln, was sich Maybury vorstellt.
Der 28minütige Beitrag "Projektentwicklung und Deleted Scenes" vereint Aussagen des Regisseurs John Maybury über die Vorbereitungsarbeiten im Vorfeld des Drehs sowie geschnittene Szenen, welche durch die Drehbuchautorin kommentiert werden. Der Zusammenschnitt ergibt ein höchst sehenswertes Extra, das viele Fragen um das Projekt herum beantwortet. Die geschnittenen Szenen machen zwar alle nicht den Eindruck, als wären sie im fertigen Film besser aufgehoben, aber sie sind im Hinblick auf die verschachtelte Geschichte sehr interessant. So bekommt man einen Einblick in den kreativen Prozess der Filmentstehung. Zusätzlich wird alles mit kurzen Interviewsequenzen von Adrien Brody und Keira Knightley gewürzt, die sich über ihre Rollen beziehungsweise das Casting-Treffen mit Regisseur John Maybury äußern. Insgesamt ist der Beitrag sehr sehenswert.

Fazit

Auch wenn es Regisseur John Maybury vermutlich nicht so gemeint hat, lässt sich "The Jacket" hervorragend als metaphorische Abrechnung mit der amerikanischen Außenpolitik der Bushs lesen. Adrien Brody verkörpert in der Rolle des Veteranen aus dem ersten Golfkrieg eine Figur, deren mentale Blindheit und Orientierungslosigkeit als böser Kommentar auf Amerikas Fähigkeit interpretierbar ist, komplexe Situationen einzuschätzen. Nur durch einen mentalen Befreiungsschlag gelingt ihm der Ausbruch aus dem Labyrinth der Düsternis. Technisch ist die DVD ordentlich.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel The Jacket (USA 2005)
Länge 99 Minuten (Pal)
Studio Constantin im Vertrieb der Highlight
Regie John Maybury
Darsteller Adrien Brody, Keira Knightley, Kris Kistofferson, Jennifer Jason Leigh, u.a.
Format 1:2,40 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Der Look von "The Jacket", Projektentwicklung und Deleted Scenes, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung gut, technisch ordentlich