Zu den bekanntesten Filmen des amerikanischen B-Movie-Helden Jack Arnold zählen „Tarantula“ (1955), „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C“ („The Incredible Shrinking Man“, 1957) und „Der Schrecken vom Amazonas“ („Creature from the Black Lagoon“, 1954). Letzterer berichtet über eine gescheiterte Amazonas-Expedition, deren Teilnehmer die Jagd auf einen aus Urzeiten überdauerten Kiemenmenschen teilweise mit dem Leben bezahlen. Nachdem Universal den Film bereits veröffentlicht hatte, konnte sich Koch Media nun die Rechte an den beiden Fortsetzungen „Die Rache des Ungeheuers“ („Revenge of the Creature“, 1955) und „Das Ungeheuer ist unter uns“ („The Creature walks among us“, 1956) sichern. Dass Jack Arnold bei dem dritten Teil keine Funktion hatte, ist in diesem Zusammenhang ein unwesentlicher Schönheitsfehler der DVD-Box, die mit „Der Schrecken schleicht durch die Nacht“ („Monster on the Campus“, 1958) abgerundet wird.
Nachdem die erste Expedition gescheitert ist, macht sich in „Die Rache des Ungeheuers“ eine neue Wissenschaftler-Gruppe auf den Weg in den Dschungel, um den Kiemenmenschen aus dem ersten Teil einzufangen. Da die Kreatur zumeist unter Wasser aktiv ist, wollen die Menschen eine betäubende Druckwelle erzeugen, indem sie strategisch platzierte Dynamitladungen zur Explosion bringen. So unglaublich das Vorgehen auch ist, der Erfolg gibt den Planungen recht. Die Wissenschaftler transportieren den Kiemenmenschen in die USA, wo er in einem Aquarium die große Attraktion wird. Gleichzeitig soll die Kreatur untersucht werden, um zentrale wissenschaftliche Erkenntnisse zu sammeln. Sie könnte das fehlende evolutionäre Bindeglied zwischen Meeres- und Landbewohnern sein. Da der Kiemenmensch die Gefangenschaft nicht schätzt und auszubrechen versucht, gehen die Menschen ein hohes Risiko ein. Das gilt vor allem für die attraktive Forscherin Helen Dobson, in die sich das Ungeheuer verliebt.
„Das Ungeheuer und die weiße Frau“ wäre auch ein hübscher Titel gewesen, denn der Film erinnert in seinen Grundzügen stark an „King Kong und die weiße Frau“ („King Kong“, 1933). Und dabei macht es durchaus Spaß, die knackige 75-Minuten-Variante mit einem Schauspieler im Gummikostüm anzuschauen. Während „Der Schrecken vom Amazonas“ die Überlegenheit des Ungeheuers gegenüber den Menschen in seinem angestammten Revier thematisierte, zeigt die Fortsetzung, die Hilflosigkeit der Kreatur im menschlich überformten Lebensraum, aus der schließlich panische motivierte Gewalt resultiert. Dem Kiemenmenschen geht es in erster Linie ganz simpel um seine Freiheit. Jack Arnold rückt das Leiden der Kreatur in den Vordergrund, wodurch er Mitleid auf Seiten des Zuschauers erzeugt. Insofern wird das Monster zum eigentlichen Helden der Geschichte. Sein Kampf um die Freiheit sorgt für die Spannung, die Wissenschaftler mit ihren Methoden erscheinen demgegenüber wie unmenschliche Folterknechte. In dieser Akzentverschiebung liegt der Reiz der Fortsetzung, deren Ästhetik nahe am ersten Teil bleibt.
Zu Beginn des Dritten Teils „Das Ungeheuer ist unter uns“ ist wieder einmal eine Wissenschaftler-Gruppe unterwegs, die den Kiemenmenschen einfangen will. Dazu fahren sie in die Everglades, wo die Kreatur zu Letzt gesichtet worden sein soll. Nach erfolgreicher Betäubung der Jagdbeute, geht es mit dem Schiff durch den Panama-Kanal nach Kalifornien, wo der Kiemenmensch zu wissenschaftlichen Studien in einem Gehege gehalten wird. Das ist inzwischen möglich, da in einer Notoperation die im Körper des Kiemenmenschen angelegten Lungen reaktiviert werden konnten. Der Eingriff musste nach einem Malheur vorgenommen werden, in dessen Verlauf die Haut des Kiemenmenschen teilweise verbrannte. Da sich unterhalb der Amphibienhaut aber noch eine menschliche Haut befand, war es möglich das Leben der Kreatur zu retten. Bereits während der Schiffsreise kommt es zu ehelichen Streitereien zwischen dem Expeditionsleiter und seiner Frau, da die Nachstellungen eines Besatzungsmitglieds die Eifersucht des Expeditionsleiters anstacheln. Die weiteren Auseinandersetzungen überschatten jegliche Forschungsansätze innerhalb der Gruppe. Noch stärker als zuvor Jack Arnold stellt Regisseur John Sherwood den Menschen als Lebewesen in den Vordergrund, das zu Gewalttätigkeiten neigt. Der Kiemenmensch hingegen agiert in der zweiten Hälfte des Films auf friedliche Weise. Nur ein Berglöwe muss dran glauben, weil die Raubkatze zuvor ein Schaf getötet hat. Bezeichnenderweise entwickelte sich die Kreatur innerhalb der Serie erst dann in Richtung eines friedlichen Wesens, als es durch Operationen in biologischer Weise dem Menschen angeglichen wurde. Insofern präsentiert Sherwood exemplarisch die zwei Seiten des Menschen, die einen brutalen, instinktgeleiteten, animalischen und einen sozialen, der Klischeebedeutung nach menschlichen Aspekt besitzt.
„Der Schrecken schleicht durch die Nacht“ steht in keinem Bezug zu den „Ungeheuer“-Filmen. Hier geht es um einen Paläontologen, der sich an einem Studienobjekt verletzt. Danach verwandelt er sich kurzzeitig in eine Art Neantertaler mit aggressivem Verhalten. Nach erfolgter Zerstörungsorgie wacht der Akademiker neben einer Leiche in seinem Garten auf und kann sich an nichts erinnern. So ist er auch keine Hilfe bei der Aufklärung des Todesfalls. Die Polizei hält den Paläontologen zwar für den Hauptverdächtigen, aber die seltsamen Abrücke eine großen Hand und andere Spuren weisen zumindest darauf hin, dass noch ein Dritter anwesend war. Auf konsequent gradlinige Weise inszeniert Jack Arnold seine „Dr.-Jekyll-und-Mr.-Hyde“-Variante, die gegenüber dem literarischen Vorbild einen entscheidenden Unterschied aufweist. Der Wissenschaftler in Arnolds Film hat keine Ahnung, dass er sich überhaupt verwandelt. Er wundert sich vielmehr stets, was passiert sein könnte. Er selbst versucht aber, an der Aufklärung mitzuwirken, so dass er langsam aber sicher auf seine eigene Spur stößt. Dieser Entwicklungsprozess macht die Qualität des Films aus. Mit sicherem Gespür für die Tragik der Ereignisse treibt Jack Arnold die Handlung voran. Dabei greift er auch auf kleinere Spannungssequenzen zurück, wenn eine Libelle ebenfalls kurzzeitig mutiert und die verblüfften Menschen attackiert.
Bildqualität
Die Bildqualität der drei Film weist leichte, aber nicht gravierende Unterschiede auf. Die beiden „Ungeheuer“-Film aus den Jahren 1955 und 1956 wurden im Vollbildformat gedreht, das sich in seiner ordentlichen Qualität auf DVD präsentiert. Dank der Restaurierung konnten Defekte und Dreckspuren weitgehend minimiert werden, so dass sie den Sehgenuss nicht mehr stören. Die Schärfe ist eher angenehm, für gut 50 Jahre alte Filme aber in jedem Fall beachtlich. Das produktionsbedingte analoge Bildrauschen bleibt zumeist im Hintergrund, nur bei manchen Unterwasseraufnahmen wird es stärker, störend ist es nie. Sonstige Rauschmuster treten nicht auf. Der Film „Der Schrecken schleicht durch die Nacht“ aus dem Jahr 1958 liegt im anamorphen Widescreen (1:2,00) vor. In Sachen Schärfe, Bildrauschen und Kontrast ist die Qualität bei diesem Film stets etwas besser als bei den beiden anderen Werken in der Box.Tonqualität
Die Tonqualität der drei Filme unterscheidet sich nicht nennenswert. Trotz des Hintergrundrauschens sind die Dialoge klar rund verständlich. Störende Verzerrungen treten nicht auf.Extras
Den Audiokommentar zu „Die Rache des Ungeheuers“ sprechen Lori Nelson (Darstellerin), Tom Weaver und Bob Burns (beide Filmhistoriker). Darin lassen die Drei die Universalzeit der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts aufleben. Lori Nelson plaudert über die Arbeitsweise, den Zusammenhalt der Filmschaffenden und ihre eigenene Karriere. Zwischendurch flechten Weaver und Burns ein paar interessante Informationen über die Drehorte und produktionstechnische Aspekte des laufenden Films ein. Es handelt sich folglich um einen Audiokommentar, der nicht besonders eng am Film bleibt, aber dennoch sehr spannende Informationen bereit hält. Die rund fünfminütige Super-8-Fassung des Films, ein Trailer und eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial der ersten DVD ab.
Auf dem Audiokommentar zu „Das Ungeheuer ist unter uns” sind nur Tom Weaver und Bob Burns (beide Filmhistoriker) zu hören. Beide beeindrucken mit einem umfassenden Faktenwissen zu den „Ungeheuer”-Filmen, das sie während des laufenden Werkes Kund tun. Sie gehen dabei auf Drehorte und technische Aspekte der Filmproduktion ein, nennen Fakten zu dem Gummianzug des Ungeheuers sowie den Schauspielern, die in ihm stecken, und gehen auf die Musik ein. Besonders amüsant sind die vielen Alternativtitel, die für „Das Ungeheuer ist unter uns” im Gespräch waren. Die vernichtenden Kommentare des Testvorführungspublikums besitzten aus heutiger Sicht ebenfalls einen hohen historischen Wert. Die rund fünfminütige Super-8-Fassung des Films, ein Trailer und eine Bildergalerie runden das Bonusmaterial der zweiten DVD ab.
„Der Schrecken schleicht durch die Nacht” besitzt leider keinen Audiokommentar. Dafür enthält die DVD neben einem Trailer und einer Bildergalerie den 14minütigen Beitrag „Jack Arnold erzählt”. Dabei handelt es sich um ein Interview mit Jack Arnold aus den 70er Jahren, in dem er über das Studiosystem und dessen Entwicklung seit seinem Einstieg in die Filmbranche spricht. Daneben berichtet er über seine geplanten Projekte, unter anderem über ein geplantes Remake der „Ungeheuer”-Filme, das nicht zustande kam.
Fazit
Da Universal den ersten „Ungeheuer”-Film „Der Schrecken vom Amazonas” bereits selbst veröffentlicht hatte, enthält die Box die beiden Fortsetzungen und den Jack-Arnold-Film „Der Schrecken schleicht durch die Nacht”. Dank der gelungenen Umsetzung kann man die faszinierenden Werke aus den 50er Jahren nun wieder in optisch ansprechender Weise genießen. Die DVD-Box überzeugt auch durch die liebevolle Aufmachung. Die Hüllen der drei Filme wurden jeweils mit dem damaligen Plakatmotiv bedruckt. In dieser Form handelt es sich um ein echtes Sammlerstück.Stefan Dabrock
Originaltitel | Revenge of the Creature / The Creature walks among us / Monster on the Campus (USA 1955 / 1956 / 1958) |
Länge | 75 / 78 / 73 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | Jack Arnold / John Sherwood / Jack Arnold |
Darsteller | John Agar, Tori Nelson, John Bromfield, u.a. / Jeff Morrow, Rex Reason, Leigh Snowden, u.a. / Arthur Franz, Joanna Cook Moore, Judson Pratt, u.a. |
Format | 1:1,33 (4:3) / 1:1,33 (4:3) / 1:2,00 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Deutsch, Englisch |
Untertitel | - |
Extras | Audiokommentar mit Lori Nelson (Darstellerin), Tom Weaver und Bob Burns (beide Filmhistoriker), u.m. / Audiokommentar mit Tom Weaver und Bob Burns (beide Filmhistoriker), u.m. / „Jack Arnold erzählt” Bildergalerie, Trailer |
Preis | ca. 34 EUR |
Bewertung | gut, technisch gut |