Gangster werden ist nicht schwer, Gangster sein...

Izzat

IzzatImmigrantenmilieus liefern zunehmend einen faszinierenden Hintergrund für Thrillergeschichten. Fatih Akin zeigte mit „Kurz und Schmerzlos“ wie so etwas in Deutschland aussehen kann, der Däne Nicolas Winding Refn nahm die Thematik in seiner „Pusher“-Trilogie auf und Ulrik Imtiaz Rolfsen versucht sich bei „Izzat“ an Osloer Verhältnissen. In der norwegischen Hauptstadt liefern Einwanderer aus Pakistan (die beiden anderen Filme behandeln jeweils differierende Milieus) den Hintergrund für das Gangstertreiben. Wasim, Riaz und Munawar wachsen anfang der 1980er Jahre als Außenseiter in der norwegischen Gesellschaft auf, fühlen sich aber als Norweger. Die Diskrepanz aus Selbstverständnis und fehlender Akzeptanz treibt sie schnell in die Arme einer örtlichen Bande pakistanischher Abstammung. Nach ersten Jobs im jugendlichen Alter steigen sie weiter auf und haben sich schließlich im dekadenten Leben als Drogenhändler eingerichtet. Aber die Verhältnisse bleiben nicht so ruhig, denn mit dem Erfolg steigen die Spannungen innerhalb der Bande. Strategische Allianzen und gegenläufige Loyalitäten führen schon bald zu ersten Auseinandersetzungen, die mit der Schusswaffe oder Eisenrohren ausgetragen werden.

Die Geschichte des Films besitzt aufgrund der viele Jahre umfassenden Zeitspanne der Handlung einen epischen Atem, den Regisseur Ulrik Imtiaz Rolfsen nur ansatzweise auszufüllen weiß. Den Nährboden für emotionale Szenen bereitet er nur so dezent, dass große Teile des Dramas lediglich als skelettierte Reste erscheinen. Das Fleisch dazwischen fehlt. Die Kindheit der drei Jungen wird mit hohem, sehr ökonomischen Tempo erzählt, das zu gefallen weiß, aber die Szenen sind nicht so pointiert getroffen, dass sie den Status der Einwandererkinder als Izzat Außenseiter emotional aufladen können. Wenn sie durch norwegische Altersgenossen belästigt werden, dann vermeidet Ulrik Imtiaz Rolfsen, Beziehungen zwischen den drei Jungen untereinander gegenüber den Peinigern zu inszenieren. Ihr Status als Einheit gegenüber der Außenwelt, deren Zusammenhalt für ein erträgliches Leben notwendig ist, bleibt unterblichtet. Dieser Effekt verstärkt sich durch die schnelle, konsequenzlose Abhandlung solcher Ereignisse weiter. Die späteren Konflikte zwischen den drei Freunden können deswegen ihre Kraft nicht entfalten, denn die Freundschaft wurde nicht entsprechend dicht gewoben. In gleicher Weise geht der Film mit dem Verhältnis zwischen der absoluten Hauptfigur Wasim und seiner Familie um. Wasims Vater ist mit dessen Gangsterleben in keiner Weise einverstanden, so dass es schließlich zu einem Bruch zwischen den beiden kommt. Danach findet bei Wasim ein innerer Konflikt ebenso wenig statt, wie der Film in keiner Weise das Verhältnis zwischen Wasim und den übrigen Familienmitgliedern beleuchtet.

Zum einen verzichtet Rolfsen dadurch auf eine geschickte Miliueeinflechtung, die „Izzat“ von anderen ähnlich gelagerten Aufstiegs-und-Fall-Geschichten hätte abheben können – die eigentliche Stärke der Geschichte verkümmert einfach -, zum anderen wirken die gegen Ende auftauchenden Instrumentalisierungen der Familie Wasims wie billige Taschenspielertricks. Erst werden sie links liegen gelassen, und wenn man Wasim in eine emotionale und bedrohliche Bedrängnis bringen will, dann setzt man die eben noch kaum berücksichtigten Figuren einer Gefahr aus. Hier fehlt leider das Verständnis für die Grundlagen des Dramas, so dass die Menschen zu reinen Schachfiguren in der Hand des strategisch ach so cleveren Regisseurs verkommen. Dabei kann man Ulrik Imtiaz Rolfsen getrost die besten Absichten unterstellen, denn die Grundanlage des episch angehauchten Films verrät den Willen, eine menschlich-berührende Geschichte zu erzählen. Es ist einfach nicht gelungen.

Bildqualität

Der aktuelle Film präsentiert sich erwartungsgemäß ohne Dreckspuren oder Bilddefekte. Die Schärfe ist zumeist sehr gut, in manchen Szenen fällt der Detailreichtum aber so weit ab, dass sie etwas matschig wirken. Die Farbwiedergabe überzeugt mit bräunlichen Tönen im ersten Teil (Kindheit) kühlen Tönen im zweiten Teil (Gegenwart). Das visuelle Konzept des Kameramanns wurde gut auf die DVD übertragen. Der ausgewogene Kontrast sorgt für ein plastisches Bild. Zum leichten Hintergrundrauschen gesellt sich hier und da ein sichtbares Blockrauschen, dass sich jedoch nicht stark auswirkt.

Tonqualität

Die 5.1-Spuren haben angesichts des stärker sprachorientierten Films einen schweren Stand zumal auch die Musik nur selten die hinteren Lautsprecher nutzt. Wenn sie aber auch dort auftaucht, dann überzeugt die räumliche Atmosphäre ebenso wie in den wenigen Actionsequenzen. Die gesamte Tonkulisse besitzt in diesen Passagen sofort deutlich mehr Druck. Der DTS-Ton kann sich hier nicht nennenswert absetzen. Die Dialoge sind in allen Fassungen klar und verständlich, störendes Rauschen existiert nicht.

Extras

Die vier Featurettes „Ein Film entsteht“ (etwa 9 Minuten und 30 Sekunden), „Busunfall“ (etwa sechs Minuten), „Hals- und Beinbruch“ (etwa sieben Minuten) und „Pulverdampf“ (etwa 9 Minuten und 30 Sekunden) weisen eine durchwachsene Qualität auf. Während „Ein Film entsteht“ in der typischen Manier eines Werbe-Making-Ofs ohne zusätzliche Informationen gehalten ist, wirft „Busunfall“ einen wirklich interessanten Blick auf die Entstehung dieser IzzatActionsequenz, die mit Hilfe eines britischen Stuntteams entstanden ist, dass auf Autostunts spezialisiert ist. „Hals- und Beinbruch“ liefert wiederum nur wenig brauchbares Material während „Pulverdampf“ den Interessierten vermittelt, wie die ganzen Schießereien gedreht wurden. Die nicht verwendeten Szenen (etwa 15 Minuten und 40 Sekunden) liegen deutsch untertitelt vor und können wahlweise mit einem Audiokommentar abbgespielt werden, auf dem vermutlich der Regisseur und eine weitere ebenfalls ungenannte Person zu hören sind. Der Audiokommentar erweist sich dabei als sehr gelungen, verdeutlicht er doch, warum der Film so reduziert erzählt. Insgesamt vermitteln die Szenen mit einigen Nebenhandlungen einen Eindruck vom Potential, das in dem Film steckt, das aber nicht ausgeschöpft wurde. Die alternativen und erweiterten Szenen (etwa elf Minuten) liegen ebenfalls deutsch untertitelt sowie mit einem Audiokommentar derselben Menschen vor. Auch hier offenbart sich bei manch längerer Einstellung, was den Film hätte besser machen können. Zwei Trailer runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Izzat“ scheitert an seiner dramatischen Gangstergeschichte, da Regisseur Ulrik Imtiaz Rolfsen die Figurenbeziehungen, Milieus und Konflikte nicht pointiert oder episch genug erzählt, um Emotionen zu erzeugen. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Izzat (Norwegen 2005)
Länge 102 Minuten (Pal)
Studio Legend Films
Regie Ulrik Imtiaz Rolfsen
Darsteller Emil Marwa, Daud Mirza, Khawar Gomi Sadiq, Assad Siddique, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Norwegisch
Untertitel Deutsch
Extras Vier Featurettes, Nicht verwendete Szenen, etc.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gescheitert, technisch gut