Im Grenzland der Moral

Infernal Affairs

Der Polizeifilm „Infernal Affairs“ entwickelt eine pessimistische Sichtweise auf menschliche Systeme, die ihre Eindeutigkeit verloren haben. Der Undercover-Cop Yan wurde in die Gangsterbande eingeschleust, aus der Lau stammt, ein Maulwurf bei der Polizei. Beide führen eine pervertierte Doppelexistenz, in der sie sowohl Gangster als auch Polizist sind. Die Ermittlungen der Polizei konzentrieren sich auf die Aktivitäten der Bande, aus der Lau stammt, so dass er und Yan, ohne einander zu kennen, ein Fernduell über ihre jeweiligen Maulwurftätigkeiten austragen. Während Lau im Polizeiapparat durch seine Machtfülle eine relativ sichere Existenz führt, ist das Leben für Yan immer schwieriger geworden. Nur noch sein Boss weiß um seine wahre Identität. Yan führt ein Leben am Rande der Selbstaufgabe ohne eine echte Chance, dieser Situation zu entkommen. Je enger sich das Polizei-Netz um die Gangster legt, desto dramatischer werden die geheimen Aktivitäten der beiden Konkurrenten. Die Situation spitzt sich immer weiter zu, bis eine direkte Konfrontation unvermeidbar scheint.
Andrew Lau und Alan Mak treiben das Spiel mit pervertierten Identitäten auf die spannende sowie bittere Spitze. Während der verdeckte Ermittler in seiner vertrackten Situation langsam aber sicher in einen Zustand ewiger Hölle gerät, hat sein Gegenspieler die besseren Karten. „Infernal Affairs“ variiert das bekannte Thema der Opponenten aus verschiedenen Lagern, in dem er es auf den Kopf stellt. Hier werden nicht nur wie sonst üblich die Grenzen zwischen Gut und Böse aufgehoben, sondern die Identitäten aufgelöst. Es stellt sich nicht mehr nur die Frage nach dem Sinn des Daseins, sondern die Frage nach der Beschaffenheit des Daseins selbst. Es macht sich nicht nur die bekannte Erkenntnis breit, dass die Bösen auch Gutes tun und umgekehrt, sondern das Böse und das Gute selbst verlieren ihre Eindeutigkeit. Alan Mak und Andrew Lau inszenieren ihren Film mit schwungvoller Effektivität. Obwohl es kaum klassische Action-Sequenzen gibt, brilliert „Infernal Affairs“ durch eine Choreographie der Handlungsträger, die sich ständig gegenseitig zu besiegen suchen. Der Zuschauer besitzt ihnen gegenüber ein überlegenes Wissen, und das macht den Reiz des Filmes aus.

Bildqualität

Man kann gleich vorneweg feststellen, dass die Bildqualität der DVD gut ist, für einen Hongkong-Film ist sie sogar sehr gut. Die Bildschärfe kann nicht ganz mit aktuellen amerikanischen oder europäischen Produktionen in der Referenzklasse mithalten – vor allem, wenn man die Konturen und die Detailschärfe betrachtet – liefert aber eine gute Qualität. Der Kontrast zeigt keine Schwächen, was auch für die Farben gilt. Darüber hinaus weist die Vorlage auch nicht die für so viele Hongkong-Veröffentlichungen typischen deutlich sichtbaren Verschmutzungen auf. Leichte Rauschmuster beeinträchtigen den Sehgenuss etwas.

Tonqualität

Die DVD enthält neben der deutschen DTS-Spur einen kantonesischen sowie deutschen 5.1-Ton. Welchen Track man sich lieber anhört muss in das reich der Geschmäcker verbannt werden. Während man den deutschen Ton hinsichtlich seiner räumlichen Wirkung etwas aufgemotzt hat, klingt der Originalton wesentlich weniger künstlich. Die Formel mehr Surround-Sound gleich bessere Tonqualität ist sicherlich ein viel zu einfacher Ansatz, um sich mit filmischen Tongebilden auseinanderzusetzen. Letztlich ist die DVD in der Hinsicht wahrscheinlich ideal, da sich jeder die Spur herausnehmen kann, die er lieber mag. Hinsichtlich Dynamik, Dialogwiedergabe und Rauschen gibt es keinen Grund zur Klage.

Extras

Herzstück der ersten DVD ist der Audiokommentar von Andrew Lau, Alan Mak (beide Regie) Andy Lau, Tony Leung, Eric Tsang (alle Darsteller), u.a. Dabei handelt es sich um einen zusammen geschnittenen Track, der den Eindruck macht, als habe man Interviewteile auf die Szenen des Films verteilt, wo sie thematisch Sinn ergeben. Der Kommentar macht nicht den Eindruck, dass die Beteiligten sich den Film wirklich gerade ansehen. Dies muss noch kein Nachteil sein und tatsächlich erfährt man auch etwas über die Sichtweise der Darsteller sowie der anderen Beteiligten auf den thematischen Hintergrund des Films. Der Drehbuchautor berichtet über seine kreative Arbeit, an der richtigen Szene gibt es ein Statement der Regisseure darüber, wie sie ihre Action im Vergleich zum typischen Hongkong-Film sehen. Solchen sehr interessanten Ausführungen stehen wiederum stark erzählerische Teile gegenüber, die nicht über die Oberfläche des Handlungsgeschehens hinausgehen, also dem Film nichts hinzufügen. Deswegen bleibt der Audiokommentar durchwachsen.
Trailer und Biographien runden die erste Disc ab.
Die hier besprochen Special Edition des Film enthält noch ein Zusatz-DVD, deren Material leider weitgehend uninteressant ist. Aber zunächst widme ich mich den guten Teilen der zweiten DVD, sie enthält ein Alternatives Ende, das speziell für die Auswertung Festland-Chinas gedreht werden musste, da die dortigen Zensoren das Original-Ende nicht akzeptieren wollten. Was anders ist, soll nicht verraten werden, aber man kann sich angesichts der Zensoren darüber amüsieren.
Die Outtakes-Rolle (ca. 9 Min.) bietet zum einen Szenen, in denen Menschen hinfallen, wo sie es nicht sollten und ähnliche Verstolperer, zum anderen Versprecher. Während die Szenen der ersten Kategorie amüsant sind, bleiben die Versprecher etwas auf Distanz, auch wenn man versucht, sie in den Untertiteln nachzubauen.
TV-Spots und Fotogalerien runden den gelungenen Teil ab.
Das Making Of (ca. 16 Min.) liefert nicht mehr als Werbebotschaften für die Leute, die den Film noch nicht gesehen haben.
Hinter Confidential File (ca. 9 Min.) verbirgt sich eine B-Roll mit unkommentierten Aufnahmen vom Set, der Segnung des Drehs oder der Premiere des Film (lässt sich nicht genau entscheiden) sowie Aufnahmen im Musikstudio mit Andy lau und Tony Leung.
Zusammengefasst handelt es sich um wenig Material für eine zweite DVD.

Fazit

„Infernal Affairs“ hat Maßstäbe für das moderne Hongkong-Kino gesetzt und mit einem Prequel und einem Sequel zwei Fortsetzungen nach sich gezogen. Der Film liefert spannendes und innovatives Kino, indem er sein bekanntes Thema auf frische Weise variiert. Für Hongkong-Fans ist ein Film mit Andy Lau, Tony Leung, Eric Tsang und Anthony Wong ohnehin Pflicht. Die Doppel-DVD kann leider vor allem hinsichtlich der Bonus-DVD nicht die Erwartungen erfüllen, die mit so einer Edition geweckt werden. Die Aufmachung sieht letztlich üppiger aus, was letztlich drin ist. Dennoch kann die DVD über den teilweise sehr gelungenen Audiokommentar auch qualitativ sehenswertes Bonus-Material präsentieren.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Wu jian dao (Hongkong 2002)
Länge 97 Minuten
Studio mcone
Regie Andrew Lau und Alan Mak
Darsteller Andy Lau, Tony Leung, Eric Tsang, Anthony Wong, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Kantonesisch, Headphone-Surround Deutsch, Kantonesisch
Untertitel Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte
Extras Audiokommentar von Andrew Lau, Alan Mak (beide Regie) Andy Lau, Tony Leung, Eric Tsang (alle Darsteller), u.a., Alternatives Ende, Making Of, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung sehr guter Film mit guter technischer Umsetzung